Firkin 04 - Hundstage
in der Hauptstadt krachten hartbestiefelte Füße durch eine verschlossene Tür und stürmten eine hinter ihr verborgene Treppenflucht hinunter. Die roten Strahlen der kaiserlichen Starklichtlaternen erhellten die muffige Finsternis, suchten in allen Ecken und radierten das Dunkel bei jeder raschen Drehung aus. Kisten und Kästen wurden bei der flotten Orgie der hektisch harten Fäuste und Schmettertritte zerschlagen. Sekunden später war der Lagerraum nicht mehr in der Lage, irgend etwas zu verbergen.
Einen Moment lang senkte sich segensreiche Stille herab, die nur vom Scheppern der Laternenverzierung unterbrochen wurde. Dann ertönte ein schriller Schrei aus einer hektischen Kehle, und ein Finger deutete mitten in die Luft. Die Laternenstrahlen des gesamten Zuges fegten in rascher Reaktion herum, richteten sich darauf, strahlten ungezählte Lichteinheiten auf einen dünnen Strang schwarzweißer Behaarung, der sanft zu Boden segelte und sich auf zwei gekreuzten Besen und einem Stapel fortgeworfenen Flaums niederließ.
General Zakkiks Herz tat einen Satz. Ein Beweisstück! Vom Fell einer Verdammnis! Jemand hatte versucht, die Tatsache zu verschleiern, daß das gestohlene Haustier der Kaiserin hier gewesen war. Doch dann wurde ihm mulmig zumute. War hier gewesen. Und war nun weg.
Was war das für eine Nachricht? Kaiserin Taus geliebte Kreatur wurde noch immer so schrecklich vermißt wie zuvor. Er hatte zu seinem Ärger nur ein Häuflein zusammengefegter Verdammnis-Schnurrhaare vorzuzeigen.
Und das alarmierende Gefühl, daß das, was er suchte, sich nicht mehr innerhalb der kreisrunden Mauern des murrhanischen Reiches aufhielt.
Tief vergraben in den geheimen Wäldern von Losa Llamas lag wie ein riesiger Altar in einer unterirdischen Kathedrale die vollkommene Verkörperung des Schrotthändlerhimmels auf der Lauer. Sie ragte in dichter turmoider Eleganz auf – ein gewaltiger metallener Krapfen, besprüht von Hunderten und Tausenden anorganischer Leckerbissen. Silbrige Staubsaugerschläuche schlängelten und zuckten über das komplexe Wirrwarr der Stränge; Leitungen verbanden glimmende Ventilbänke mit den Riesenfingern kühlender Finnen; und Meilen regenbogenfarbener Drähte strickten helle Netze über die gesamte Oberfläche.
Es war das gerade überholte Thaumatron. Es verfügte nun über noch größere magikinetische Felder, überholte thaumische Partikelbeschleunigungsraten und viel massigere Feldflux-Potentiale, als der alte sich je hätte träumen lassen. Dieses kleine Biest konnte fünfunddreißig Gigathaum reiner zusammenhängender thaumischer Energie ausbölken, polarisiert, gereinigt und zu allem bereit. Die Welt der Thaumatronik hatte noch nichts dergleichen gesehen. Na ja, jedenfalls nicht seit 85.000 Jahrhunderten.
Phlim grinste vor sich hin, als er vor den runischen Skalen und Pentagraphen der komplizierten Steuerung stand. Er ließ seine Knöchel laut knacken, ließ versuchsweise seine Finger zucken und fing an, mit fachmännischer Gelassenheit prozedurale Beschwörungsformeln zu murmeln. Sein eifriger Blick fuhr rasch über die Steuerung hinweg, prüfte die hyperhokuspokussierte Dampfdruckhöhe und überwachte die thaumischen Dämpfungserfordernisse, als er die Stabbremse langsam losließ und das Ausstoßpotential erhöhte. Über dem ganzen Thaumatron rotzen glimmende Ventile feurige Funken aus, und die schwarzen Dampfrohre gaben allmählich ein rötliches Glühen ab. Die Energieproduktion stieg.
Hinter ihm beschwerte sich Practz schon wieder, diesmal über seine Kreuzschmerzen, als er mit Kreide mühevoll eine Reihe dreier fast identischer Pentagramme auf den Steinboden malte. Jede Kreidezeichnung war leicht anders auf den magnetischen Nordpol ausgerichtet, und jede variierte ganz gering im Durchmesser. Practz richtete sich auf und rieb nachdenklich seinen Lendenwirbel. Er schielte die Zeichnungen auf dem Boden kritisch an und verglich sie mit denen in dem dicken Folianten, der auf Rutgers schmerzend ausgestreckten Armen ruhte. Versetzungspentagramme konnte man sehr schnell verkorksen. Ein Abrutschen am Strich oder ein leichtes Abweichen vom Kompaß, und man hatte die Chance, sich am Boden eines Brunnens wiederzufinden – oder an einem noch schlimmeren Ort.
»Und Ihr seid sicher, daß es keine andere Möglichkeit gibt?« fragte Thurgia, funkelte Practz an und drückte seine Zweifel zum aberhundertstenmal aus. »Ich meine, können wir nicht einfach hinreiten oder eine Kutsche nehmen, oder
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