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Firkin 04 - Hundstage

Firkin 04 - Hundstage

Titel: Firkin 04 - Hundstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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blickte Wampert gelangweilt über den Pergamentstapel auf seinem Schreibtisch hinweg an.
    »Aber es ist ein Mordkomplott!« schrie der Imageberater des Kaiserhofes und hüpfte wirkungslos auf und ab.
    »Das habt Ihr schon gesagt, mein Herr. Aber ohne Leiche …«
    »Das hatten wir doch alles schon mal. Hört Ihr denn gar nicht zu?« schrie Wampert und schlug mit fest geballter Faust auf den Schreibtisch.
    »Ich bin ganz Ohr, Herr«, entgegnete der Uniformierte, der sich kaum die Mühe machte, ein Gähnen müder Gleichgültigkeit zu unterdrücken.
    »Also? Was werdet Ihr in der Sache unternehmen?« schrie der rotgesichtige Wampert, in dessen Kurzzeitgedächtnis die Drohung der Kaiserin laut nachhallte.
    »Unternehmen, Herr?«
    »Ja. Aktiv werden, Schutzmaßnahmen ergreifen, Verhaftungen vornehmen! Solche Dinge. – Ihr nehmt doch Verhaftungen vor?« schnauzte der Berater, der vor Wut kochte, wobei der Bommel seines gelben Baretts bebte.
    »Ich habe alles aufgeschrieben«, erklärte Wachtmeister Poh und deutete stolz auf das große Buch.
    »Und?« drängte Wampert weiter.
    »Und was, Herr?« fragte der Wachtmeister verdutzt.
    »Was werdet Ihr als nächstes tun? Die Angelegenheit ist dringend.«
    Wachtmeister Poh dachte angestrengt nach, wobei er die Augen schloß, um zu zeigen, wie angestrengt er nachdachte. »O ja, Herr. Ihr habt recht.« Ein Ausdruck von Dringlichkeit überzog plötzlich sein Gesicht, als ihm die Erkenntnis dämmerte. »Stimmt genau. Irgend etwas sollte tatsächlich unternommen werden. Dringend, wie Ihr sagtet.«
    »Endlich!«
    »Ich hätte schon früher darauf kommen sollen«, fuhr Poh fort. »Es hilft nichts, wenn ich alles nur aufschreibe. Hier sind Aktivitäten gefragt.« Er streckte die Hand aus, griff nach einem großen rosafarbenen Blatt Löschpergament und tupfte das Buch gründlich ab. »So. Danke, daß Ihr mich daran erinnert habt.« Ein Anflug von Erleichterung huschte über sein Gesicht. »Sonst wäre vielleicht alles verwischt und unleserlich geworden.«
    Wampert schlug seine Stirn auf die Schreibtischplatte. Er dachte schon gar nicht mehr daran, daß er womöglich eine Prellung davontragen könnte und Purpur und Gelb in dieser Saison out waren.
    »Die Tinte färbt schrecklich ab, wenn man sie nicht sofort löscht«, fuhr Poh fort, ohne dem schreienden Wampert Beachtung zu schenken. Sein Verhalten war nämlich nicht ungewöhnlich. Nach Pohs Erfahrung reagierten die Leute häufig so: Wenn sie ins Polizeirevier kamen, brüllten sie ständig und schlugen mit irgend etwas irgendwohin. Es war komisch. Wachtmeister Poh blätterte um und betrachtete die nächste Seite. »Seht Ihr? Sie schlägt schon durch. Es hätte eine echte Sauerei gegeben. Ich weiß nicht, warum wir immer diese billige Tinte anschaffen. Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Ich bin nicht hergekommen, um meine Zeit mit einem Gespräch über Tintenkleckse zu vergeuden!« schrie Wampert, in dessen Innerem Angst aufbrodelte, denn er sah eine imaginäre Katanaklinge in hohem Bogen vom Himmel herabfahren und auf seinen Hals zielen. »Was ist mit dem Mord? Ich bin das Opfer.«
    »Nun, das läßt keine allzu deutlichen Rückschlüsse zu, Herr. Da liegt nämlich das Problem, versteht Ihr?« Wachtmeister Poh musterte Wampert finster und nahm seine Gestalt eingehend in Augenschein.
    »Nein, ich verstehe nicht!«
    »Beweise, Herr. Zeugen … Es handelt sich um Eure Leiche!«
    »Wie könnt Ihr es wagen!« schrie Wampert und ließ verdrießlich den batikbedruckten Kimono wallen. »Mit meiner Leiche ist alles in Ordnung!«
    »Eben. Ich habe in meiner Laufbahn schon einige Mordopfer gesehen, und … Nun ja, Ihr seht einfach ein kleines bißchen zu lebendig aus, versteht Ihr?«
    »Es liegt daran, daß es noch nicht geschehen ist! Aber in drei Tagen wird die Kaiserin mich umbringen!«
    Ein kleinwüchsiger junger Bursche zog schnell das Ohr von der Tür weg und trat in den Schatten.
    »Ach, so ist das«, grunzte Poh, legte den Federkiel aus der Hand und verschränkte die Arme. »Hättet Ihr das nicht früher sagen können? Dann hätten wir ein ganzes Pergament gespart. Das Zeug wächst nämlich nicht auf Bäumen«, fügte er hinzu und nahm einen Bleistift zu Hand. »Hört zu, am besten kommt Ihr in drei Tagen mit allen Einzelheiten wieder. Dann befassen wir uns mit der Sache. Wenn Ihr die Mordwaffe und einen Hauptverdächtigen beibringen könnt, wird es die Ermittlungen beschleunigen. Würde Euch und der Kaiserin zwölf Uhr dreißig passen, Herr?

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