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Firkin 04 - Hundstage

Firkin 04 - Hundstage

Titel: Firkin 04 - Hundstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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der Welt. Natürlich war es seiner Ansicht nach nicht unmöglich gewesen, Blei ohne Philosophen-Quecksilber in Gold zu verwandeln. Alle Alchimisten wußten, daß ein paar Tonnen Blei, erhitzte man es lange genug, schmolz und schließlich kochte. Man fing den Dunst in einem Gefäß ein, hielt ihn in einer Temperatur, die in etwa der eines kleinen Sterns nahekam, beballerte ihn in mondloser Nacht mit dem Sechzehntausend-Kilovoltstich eines Blitzes und – Volltreffer! Gold. Na schön, die Heißschmelze war knifflig und schmutzig, und der mickrige Goldklumpen, der am Ende dabei rauskam, war so unrein, daß man mit ihm nicht mal die Stromrechnung bezahlen konnte. Aber es war Gold. Unmöglich war es nicht. Mit ein paar Säcken Philosophen-Quecksilber konnte man es vielleicht sogar bei Zimmertemperatur herstellen. Der Haken bestand in der Regel darin, einen Flöz von diesem Zeug zu finden. Und ein Flöz war sein Gewicht in Gold zehnmal wert. Sogar Zehntausendmal, wenn er tatsächlich aus Blei Gold machte.
    In Mancinis Traumwelt ging knarrend die Tür auf, und der nächste Kunde schlenderte herein. Er hielt begierig Säcke voller Erz vor sich hin.
    Plötzlich wurden draußen die Geräusche eines Tumults hörbar. Ein riesiger Prospektor stürmte durch die Tür und warf den Kunden und seine mit unbekannten Erzen gefüllten Säcke im hohen Bogen durch den Raum.
    »Scharlatan! Lügner!« schrie der Prospektor und schwenkte eine eselsohrige Ausgabe der Trends der alchimistischen Wissenschaft unter Mancinis Nase. »Was sagt Ihr dazu?« schrie er und knallte ihm die Nachrichtenbulle auf den Schreibtisch.
    Der Mancini auf dem hopsenden Karren zuckte und ruckte, als er die Erinnerung an den Dienstag noch einmal durchlebte. Die Schlagzeile! Die katastrophale Schlagzeile!
     
    PHILOSOPHEN QUECKSILBER: EIN ULK!
     
    Professor Flyshmanan Pohns, der hochgeschätzte – und bemerkenswert eloquente – murrhanische Hofalchimist, hatte schon wieder einen Artikel publiziert. In einer massiven Veränderung seines normalen Standorts hatte er Zahlentabellen produziert, die dem uralten Alchimistentraum vom Philosophen-Quecksilber den Garaus machten. Er hatte sargzunagelnde Theorien erstellt und Schlüsse gezogen, die außerdem fröhlich mehrere Tonnen Erde auf den Sarg warfen. Die Zimmertemperaturversion des Blei-in-Gold-Verwandelns war nun ›offiziell unmöglich‹: die ›Kaltschmelze‹ war tot.
    Mit dieser Schlagzeile war alles, wonach Mancini strebte, seit er groß genug war, den Junior-Kessel seines ersten Alchimistenbaukastens umzurühren, in einem Windbeutel der Wahrheit untergegangen. Er hatte den Traum des Unmöglichen geträumt, den Bottich des Unwahrscheinlichen umgerührt und den ungewinnbaren Kampf gegen die Realität verloren. Blei ist Blei, Eisen ist Eisen, und Quecksilber ist ein gefrorener Steinklumpen am fernen Ende des Weltraums. Und niemand, niemand kann es ändern. Tja, wenigstens nicht bei Zimmertemperatur.
    An diesem ›Schwarzen Dienstag‹ hatte sich Mancinis gesamte Hunderte von Kröten teure alchimistische Ausrüstung in Regale voller deformierter Töpfe verwandelt. Sein patentierter Philosophen-Schornstein hatte sich vor seinen Augen in schmutziges Glas verwandelt. Sein aschmoleanischer Reynbrenn-Athanor war plötzlich zu einem verbeulten, nichtssagenden Ätherbrenner geworden, den man in jedem Hintergassencampingladen kriegen konnte, und das Schlimmste überhaupt: sein hochgeschätzter feuerfester und unzerbrechlicher Ludeldudel war fast heiter zu einer Terrakotta-Suppenschale mutiert, die man bei Hunderten von Marktbudenbesitzern in Wollwott kriegte – aber nicht für die sechzehn Kröten, die er dafür geblecht hatte, und auch nicht für acht oder fünf … Man verlangte nicht mal drei dafür … drei …
    Der donnernde Fortschritt der großen Kutsche und das von ihm bewirkte Dösen seiner beiden Passagiere wurde plötzlich rüde unterbrochen, als das Hinterrad über einen losen Stein fuhr und zur Seite rutschte. Cheiro Mancini setzte sich schlagartig aufrecht hin und fluchte. Er war absolut nicht in der Lage zu erkennen, wo er war. Knapp schaute sich verwirrt um, während die Szenerie an ihnen vorbeilief.
    Das letzte, woran Mancini sich erinnerte, war: Er grinste Hagen Böck vor dessen Pelz- und Federviehmarkt stolz an, ließ seine Peitsche über den Roßköpfen knallen und war aufbruchsbereit. Wohin? Nun, jetzt, wo er darüber nachdachte, hatte er keine Ahnung.
    »Sind wir schon da?« fragte Knapp und musterte

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