Firkin 04 - Hundstage

Millionen hoffender Zwerge gezogen, die an unserer Verlosung teilgenommen haben. Wählt Euren Preis selbst aus:
    1. Drei Wochen Urlaub (alle Ausgaben inklusive) mit der Frau Eurer Wahl im östlichen Lauwarmen Meer.
    2. Zwei Wochen erotische Massage im Kurort Eurer Wahl.
    3. Mehr Geld, als Ihr mit einem Knüppel umkreisen könnt, in benutzten, nicht registrierten Banknoten Eurer Wahl …
     
    Proph blinzelte, als er ungläubig das Glanzpergament ansah, das er in der Hand hielt. Er war sprachlos. Noch nie zuvor hatte ihm jemand einen Brief geschickt. Es war sein erster, und er bekam etwas geschenkt. Er lehnte sich an die Tür der Baubude, die für die Kleinkaliber-Entwässerungsgesellschaft reserviert war und strahlte. Es war toll, Post zu kriegen. Und er war einer von Millionen. Der Sieger. Er brauchte mit diesem Referenzbrief nur bei der oben angegebenen Adresse aufzukreuzen, sich eine kurze Rede anzuhören, und der Preis war sein.
    Tja, worauf wartete er dann noch? Auf geht’s!
    Er fegte durch den Foh-Paß-Gegenverkehr, ignorierte die regelmäßig geschmolzenen rotweißen Klumpen, die einst konisch gewesen waren und vergaß völlig die Sengspuren, die das eruptierte Thaumafer auf den ganzen Behelfsbauten erzeugt hatte. Er dachte nur noch an den ›Preis‹, der auf ihn wartete; er war gebannt von dessen verlockenden, lippenleckenden Versprechungen.
    Staubwolken flogen von seinen Fersen, als er die Trans-Talpino-Handelsstraße hinunterwetzte und nach einer linken Abbiegung Ausschau hielt. Er bog um eine Ecke und grinste. Ein kleiner Pfahl war zwischen zwei Felsen geklemmt, verziert mit gelben Luftballons und einem Schild, auf dem stand:
     
    Euer Preis – hierher!
    Beeilung! Beeilung!
     
    Proph rutschte auf dem schmalen Schotterweg aus und rannte heftig keuchend den steilen Hang hinauf, wobei ihn jeder Schritt seinem Preis näher brachte. Er hatte gewonnen, er war steinreich!
    Was er jedoch nicht sah: Hinter ihm zog eine braunbehandschuhte Hand den Pfahl aus dem Boden, warf ihn auf den Rücksitz einer bekannten roten Fluchtkutsche und jagte über einen kürzeren, schnelleren, glatteren Weg davon. Wenn die Rösser aushielten, hatte er genug Zeit, um das Versteck als erster zu erreichen. Das hatte die Übung Mancini gelehrt.
    Der Zwerg wetzte weiter, seine stämmigen Beine fraßen die Entfernung, und er berechnete freudig, des Umweges nicht gewahr, wieviel Geld er mit einem Knüppel umkreisen konnte.
    Mancini ließ die Peitsche über dem Rücken der Rosse knallen und trieb sie ungestüm an. Er riß an den Zügeln, zog die Handbremse, riß die Kutsche seitlich um eine scharfe Biegung und verspritzte Steine und Staub – Pirhölli-Supa-Slyxx rissen sich einfach nicht von der Straße los. Mit wilden Schreien scheuchte er die Gäule den letzten kurzen, steilen Hang hinauf, kam rutschend vor dem Versteck zum Stehen, sprang ab und eilte zur Tür.
    »Oi!« rief eine bärbeißig gereizte Stimme. »Nich so schnell da, Halunke!«
    Mancini keuchte auf.
    »Ich war zuerst da!« sagte die Stimme beharrlich. »Der Preis is mein! Ich hab ihn gewonnen!«
    Der KUT drehte sich um. »Aber das bestreitet doch niemand, Herr!« schleimte er und streckte eine Hand aus. »Wenn ich bitte das Begleitschreiben haben könnte? Wir müssen doch vorsichtig sein, nicht wahr? Wir wollen doch nicht, daß irgend jemand mit Eurem Preis von dannen zieht, oder?«
    »Ich hab gewonnen, verdamm mich! Gebt mir Option Nummer …«
    »Bitte, bitte!« fiel Mancini ihm ins Wort. »All das können wir in Kürze drinnen besprechen.« Er hüstelte laut und tat so, als müsse er sich nach der staubigen Fahrt räuspern. Im Inneren der Hütte ergriff ein drahtiger junger Bursche ein Stück Draht.
    »Nach Euch!« beharrte Mancini. Er streckte den Arm aus und deutete auf das Versteck. Dabei verbeugte er sich leicht und schob den Zwerg durch die Tür.
    Eine Sekunde später ertönten ein Aufschrei und ein dumpfes Krachen, und Mancini fegte hinein. Er stolperte über die Fußangel, landete flach auf dem Rücken des Zwerges, drehte ihm die Arme auf den Rücken und band sie geschwind zusammen. Knapp lachte leise und warf ihm ein Seil zu. Mancini schlang es fachmännisch um die Unterschenkel seines schreienden Opfers und hängte Proph an einen Dachsparren. Eine Reihe von sechs weiteren grimmig aussehenden Zwergen gaffte ihn an und schüttelte wie eine Schar bärtiger Fledermäuse unglücklich den Kopf.
    »Willkommen!« sagte Mancini freudig und übertönte den neuesten