Firkin 05 - Fahrenheit 666
konnte, nicht einmal Achonite selbst, doch ihn scherte das am allerwenigsten. Mit einer solchen Kehle Befehle zu schmettern, bereitete ihm unverfälschtes Vergnügen, zumal ein solches Vorgehen bei der Schwarzen Garde seine Wirkung nicht verfehlte. Ach, welch unsägliche Freude, wenn man über einen Rekruten herziehen konnte, der noch grün hinter den Ohren war und in jedes Fettnäpfchen trat! Allein dafür lohnte es sich, Kommandant zu sein.
»Ich habe auch eine große Auswahl an schwarzen Scheiden, die man schon wenige Minuten nach Sonnenuntergang garantiert nicht mehr sieht …«, korrigierte sich Schlacke Schmidt rasch, der sich noch immer nicht im klaren war, was der Kommandant der Schwarzen Garde eigentlich von ihm wollte. Ganz bestimmt handelte es sich um etwas Unangenehmes; schließlich hatte der Kommandant seinen Ruf zu wahren. »Die Modelle aus der stygischen Sturmtruppenkollektion sind übrigens besonders beliebt.«
»Ist das Ihr üblicher Verkaufstrick?« fauchte Achonite und starrte auf das leicht blutbefleckte Salamanca-Schwert in Schlacke Schmidts gewaltiger Pranke. »Ich mag es nämlich überhaupt nicht, wenn man mich unter Kaufzwang stellt, und erst recht nicht, wenn man dabei ein Schwert auf mich richtet!«
Der Schmied seufzte verlegen, warf das Schwert hastig auf den Amboß und wischte sich die Hände an der Schürze ab, als wolle er sämtliche Spuren verwischen, die es dort hinterlassen hatte.
»Das gefällt mir schon besser«, stellte Achonite grinsend klar. »Also, ich bin weder an Scheiden noch an Schwertern oder sonstigen Waffen interessiert. Ich habe einen eher etwas ungewöhnlicheren Wunsch«, knurrte er und schürzte noch einmal die Lippen, um seine mit Rangabzeichen tätowierten Zähne [4] zu entblößen.
»Ich werde mich nach Kräften bemühen, Ihnen behilflich zu sein.«
»Ha! Natürlich werden Sie das!« gluckste Achonite mit einer Stimme, die dem Geräusch einer Reihe leichterer Erdbeben gleichkam. »Wenn ich um etwas bitte, spuren die Leute immer!«
Schlacke Schmidt schluckte und fragte nur zögernd: »Wie kann ich Ihnen zu Diensten stehen, Herr Kommandant?«
»Ratten«, knurrte Kommandant Achonite ohne weitere Erklärung.
»Wie bitte?« Schlacke Schmidt fragte sich, ob er richtig gehört hatte.
»Diese Viecher müssen endlich aufgehalten werden. Sie sind überall!«
Der Schmied kratzte sich am Kopf und sah sich besorgt um. »Ich kann nirgendwo welche …«, begann er, brach aber mitten im Satz ab, als ihm das vom Kommandanten Achonite höchstpersönlich geprägte Hauptmotto der Schwarzen Garde wieder einfiel: ›Wer sich widersetzt, der stirbt.‹ »Dann lassen Sie mich mal nachdenken … Ähm, haben Sie es schon mal mit Rattenfallen versucht?«
Achonite gab ein merkwürdig glucksendes Geräusch von sich, blickte den Schmied aus halbgeschlossenen Augen finster an und näherte sich ihm bedrohlich. »Sie sollen die Ratten aufhalten! Nicht fangen!« beharrte er.
Trotz der unmittelbaren Nähe zum Schmiedeofen sammelte sich in Schlacke Schmidts Handflächen kalter Schweiß, und es gelang ihm nur leidlich, den Mund zu bewegen. »Ich soll sie auf … hal … ten, Herr Kommandant?«
»Klar! Wegen dieser verdammten Viecher stehen mir heute dreiundzwanzig Leute der Schwarzen Garde weniger zur Verfügung!« knurrte Achonite, der verärgert die Finger in den Stulpenhandschuhen spielen ließ und den Schmied aus unmittelbarer Nähe anstarrte.
»Ratten, Herr Kommandant?«
»Ja, verdammt! Hören Sie überhaupt zu?«
Schlacke Schmidt nickte stumm und rechnete insgeheim seine Chancen aus, diese Unterhaltung lebendig zu beenden, doch kam er mit seinen Überlegungen nicht weit.
»Sämtliche Tunnel und Gänge sind voller Ratten. Nach dem Anblick der Knöchel meiner Gardesoldaten hab ich monatelang keinen Bissen mehr runtergekriegt. Diese verdammten Viecher! Ich hab den Einsatzplan schon viermal neu schreiben müssen!«
Seit der Entdeckung eines gewaltigen Netzes unterirdischer Tunnel, die kreuz und quer durch Cranachans Unterwelt verliefen und die kaiserliche Palastfestung wie einen Schweizer Käse durchlöcherten, versuchte die Schwarze Garde rund um die Uhr herauszufinden, was genau dort unten vor sich ging. Sah man von dem gewaltigen Vorrat an unbezahlbaren Schätzen, unschätzbaren Kunstwerken, alten Erbstücken und Juwelen sowie von achtundfünfzig Tonnen eines besonders hartnäckigen Schleimpilzes ab, so waren die Gardesoldaten lediglich mit einigen Dutzend von Ratten angenagten
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