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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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der glaubt, eine Rede von historischer Bedeutung zu halten, »mit diesen bescheidenen Satteltaschen, die wir hier vor uns liegen sehen, wird die komplette Jahresproduktion Lemmingfelle ihrem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben. Damit sind wir Zeugen einer Tat, durch die dem Königreich Cranachan die Mittel und Möglichkeiten gegeben werden, von heute und jetzt an, hinfort und in Zukunft die Kräfte von Angebot und Nachfrage zu regulieren. Von diesem Augenblick an kontrollieren wir weltweit den Markt …«
    »Äh, Entschuldigung, wenn ich das frage«, meldete sich Gympl, der Minister für Handel und Gewerbe, »aber so unheimlich viel scheint mir das ja nicht zu sein.«
    Fisk hatte sich mittlerweile in einen rhetorischen Rausch gesteigert und überhörte die Frage.
    »… was uns ermöglicht, ein absolutes Monopol für Lemmingpelz zu errichten. Ein Monopol, das uns in die Lage versetzt, die Preise zu diktieren, die Kontrolle über…«
    »Ein ganzes Jahr … da drin?« grübelte Frandl und kratzte sich versunken an der Nase.
    »… das Regiment zu führen, die Einkünfte des Staates zu erhöhen und unsere Kriegsmaschinerie …«
    »… in fünf Taschen?«
    »… uns die finanzielle Ausstattung verschafft, den Palast neu zu streichen und alle umliegenden…«
    Niemand hörte dem delirierenden Fisk noch zu.
    »Ich muß zugeben«, sagte der König zu Frandl, »ich habe mir das Ganze ein wenig, äh, umfangreicher vorgestellt.«
    Fisk war blind und taub für die Tatsache, daß Zweifel gesät war und daß diese Saat rasch keimte.
    »… und das erforderliche Investitionskapital für jedes erdenkliche Straßenbau- und/oder Agrarprojekt: jetzt und für die Generationen von Cranachiern, die nach uns kommen werden!« Fisk blickte um sich und wartete auf den Applaus. Die Augen aller im Raum Anwesenden waren auf die fünf staubschwarzen Satteltaschen gerichtet, die man so unfeierlich vor ihnen abgeladen hatte.
    »Schikaneder, alter Knabe«, säuselte Thatarr, »möchtest du nicht so freundlich sein und eine von diesen Satteltaschen für uns öffnen?«
    Oneinoneinoneinoneinonein! wollte Schikaneder sagen. Statt dessen fiepte er: »Fiep.« Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn, die Ader legte ein paar Taktschläge pro Minute zu. Er bückte sich und fummelte an den Schnallen herum.
    »Schikaneder«, rief der König und winkte gebieterisch mit dem Zeigefinger, »hier aufmachen!«
    So schnell wie ein Mensch, der weiß, daß am Ziel seines Wegs der sichere Tod auf ihn wartet, so schnell setzte sich Schikaneder in Bewegung.
    Als er seine Ladung vor dem König auf den Tisch stellte, stieg eine kleine schwarze Staubwolke aus den Satteltaschen auf. Schikaneder grinste verloren. Umständlich hantierte er an den Riemen und Schnallen herum, versuchte das Unvermeidliche noch etwas hinauszuzögern und hoffte, daß sich durch irgendein Wunder die Asche in prächtig schimmerndes Lemmingfell verwandelt hatte.
    »Aufmachen, Schikaneder!« verlangte der König.
    Der Vizehauptmann schluckte heftig, holte tief Luft, hielt den Atem an und drehte, wie es der König verlangte hatte, die Satteltaschen um. Eine Staubexplosion füllte den Raum mit schweren schwarzen Wolken, im Handumdrehen war es stockfinster. Es war, als hätte man die Ratskammer in Sekundenschnelle auf die ganz besonders aktive, auf die ganz besonders mächtig dampfende Spalte einer vulkanischen Quelle verpflanzt. Schwarze Wolken walzten und drehten sich in einem hemmungslos wirbelnden wahnsinnigen Tanz, verstopften die Lungen und trieben Tränen in die Augen. Und irgendwo in diesem lautlosen kreiselnden Mahlstrom hörte man Schikaneder, Vizehauptmann a.D. der 6. Division der Cranachischen Reichsgarde, kläglich wimmern: »Hoheit, ich kann das erklären …«
     
    Im Jahr 1024 MEZ ratterte im Schutz einer wolkenverhangenen Nacht ein klappriges hölzernes Fuhrwerk über einen Berg in den Ausläufern der Krapathen zu Tal. Der Prospektor stellte sich das Gesicht von Vizehauptmann Schikaneder vor und grinste still in sich hinein.
    »Wuff!« flüstere er leise und gluckste.
    Er zog die Zügel an, dirigierte das Pony ein wenig nach links und lenkte es auf den kaum sichtbaren Weg, der aus Khucaph hinaus und ins Tal führte. Das schwerbeladene Fuhrwerk quietschte. Es klang beinahe vergnügt: als wüßte es, daß einzig und allein auf ihm die gesamte Jahresproduktion Lemmingpelz zu finden war.
    Nur gut, daß ich mich an diese Höhle erinnert habe, dachte der Prospektor zum x-ten Mal. Und

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