First Night - Der Vertrag (German Edition)
ihn mit Beschlag und unterhielt sich mit ihm über Leute aus der Vergangenheit, die nur sie beide kannten. Als Frau Doppelkinn Julia gerade die Fotos von ihren beiden Enkelkindern zeigte, kam Frau Mahler mit dem Kaffee und dem Champagner zurück. Sie platzierte Tasse und Glas vor den jeweiligen Herren und musterte dann Julia noch einmal etwas eindringlicher.
„Sie wollen wirklich nichts?“
Die Frage klang nicht unfreundlich, aber sie hätte genauso gut lauten können: Was willst du eigentlich hier, Mädchen? Aber Julia hatte schließlich nichts anderes erwartet. Sogar noch Schlimmeres. Die gute Frau Mahler war bei alledem noch ziemlich höflich zu ihr. Sie hätte ja auch eine gealterte Ausgabe von Frau Raschberg sein können.
„Nein, danke“, sagte Julia und senkte den Blick wieder und dabei sagte sie sich einmal mehr: Verträge sind einzuhalten, aber wenn das alles vorbei ist, dann will ich in meinem ganzen Leben keinen dieser Leute je wiedersehen, Frau Mahler nicht, und am liebsten Thomas auch nicht mehr.
Thomas hielt immer noch ihre Hand und auch wenn sie sich dessen selbst vermutlich gar nicht bewusst war, spürte er, wie verkrampft ihre Hand war, wie ihr ganzer Körper erstarrt war und als er den Arm um sie legte, versteifte sie sich nur noch mehr. Ihre begierige Anschmiegsamkeit vom Mittwoch war wie weggeblasen und er hätte sich dafür selbst ohrfeigen können. Er hätte sie nicht zwingen dürfen, mit ihm herzukommen. Was hatte er sich nur davon erhofft? Dass sie sah, was er für eine nette Mutter hatte, oder dass seine Mutter sah, was er für ein nettes Mädchen hatte? Beides war nur eine Illusion, der er sich selbst hingab. Seine Mutter war informiert über all seine Frauen und wenn sie auch nicht jede persönlich kannte, so wusste sie doch aus der Presse und dem Fernsehen genau, dass sie alle wertlos waren, eine wertloser als die andere. Sie hatte überhaupt keinen Grund, Julia für etwas anderes zu halten als den Rest seines Harems. Und was hätte er seiner Mutter sagen sollen? Sieh her Mama, das ist Julia. Sie ist ein anständiges und unschuldiges Mädchen, das ich für viel Geld entjungfert habe und das ich jetzt gerne zu meiner neuen Favoritin im Harem machen möchte, vorausgesetzt ich kann sie so beeindrucken, dass sie bei mir bleibt.
Seine Mutter würde ihm die O hren langziehen.
***
Rita Mahler stand in der Küchentür und beobachtete das Mädchen nun schon eine ganze Weile. Zwischen ihren Augen hatte sich bereits eine tiefe Falte gebildet.
Das Mädchen war in keiner Weise den Frauen ähnlich, mit denen sich ihr Sohn sonst umgab. Sie war zu jung, zu natürlich und bei Weitem zu anständig, um auch nur annähernd in das Beuteschema ihres Sohnes zu passen. Sie errötete sogar noch vor lauter Schamgefühl. Welches Mädchen errötete heutzutage eigentlich noch? Die waren doch alle viel zu abgeklärt, um sich überhaut einer peinlichen Situation bewusst zu sein und die Kleine war eine echte Schönheit. Gemessen an der Tatsache, dass sie weder chirurgisch verbessert noch kosmetisch aufgemotzt war, war sie mit Abstand das schönste Mädchen, das Thomas je hatte. Und dennoch schien sie kein bisschen eitel zu sein, es sei denn ihr bescheidenes und schüchternes Auftreten wäre eine berechnende Show. Aber das müsste dann schon eine verdammt gute Schauspielerin mit eingebautem Errötungseffekt sein.
Nein, irgendetwas stimmte nicht.
Rita hatte einen Blick für so etwas. Thomas, das konnte sie nur allzu leicht erkennen, wäre jetzt lieber alleine mit dem Mädchen, und zwar in einem Bett und nicht hier bei seiner Mutter, und das Mädchen wäre am liebsten unsichtbar.
Und das war das Seltsame. All die anderen Frauen, mit denen Thomas sich herumtrieb, sonnten sich in seinem Ruhm und seiner Macht und prahlten damit, dass sie sich den großen Thomas Mahler hatten angeln können. Aber dieses Mädchen schien sich beinahe dafür zu schämen.
Rita holte zwei Teller mit Käsekuchen aus der Küche. Eric liebte Käsekuchen und Thomas würde ihr zuliebe einfach ein Stück essen. Aber bevor sie hinüber zum Erker ging, blieb sie noch einmal kurz unter der Küchentür stehen. Thomas hatte seine Hand im Nacken des Mädchens und streichelte sie zärtlich und begierig zugleich. Er sagte etwas zu ihr, aber sie schüttelte den Kopf und versteifte ihren Körper nur noch mehr, falls das überhaupt möglich war. Die Kleine war völlig verkrampft und Rita Mahler hoffte nur zugunsten ihres Sohnes, dass der sie
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