First Night - Der Vertrag (German Edition)
nicht irgendwie erpresste oder nötigte, denn genauso wirkte sie.
Oh ja, Rita Mahler, wollte zu gerne wissen, was da nicht stimmte, aber w eder Thomas noch Eric würden ihr ein Sterbenswörtchen davon verraten. Eric wusste zwar über jeden Pups, den ihr Sohn abließ, Bescheid, aber er war verschlossen wie Fort Knox, wenn es um Thomas’ Privatleben ging und Thomas redete niemals mit seiner Mutter über seine Beziehungen. Und sie wusste auch genau, warum: Sie waren ihm selbst peinlich.
Eine Viertelstunde später half der Zufall der besorgten Mutter auf die Sprünge. Rita Mahler war gerade auf dem Weg zu einem ihrer Gäste, als sie vor der Gästetoilette auf Julia traf. Die Gelegenheit nutzte sie spontan und schamlos aus.
„Ach Julia, wo ich Sie gerade treffe, vielleicht können Sie mir doch kurz mal helfen und aus dem Keller ein paar Flaschen Sekt heraufholen?“ Normalerweise setzte Rita Mahler keinen Fuß in ihren Keller. Für den Nachschub von Sekt oder sonstigen Getränken waren ihre Küchenhilfe und der Cateringservice zuständig. Aber ein Mädchen, das so unbedarft Hilfe in der Küche angeboten hatte, würde sicher auch keinen Verdacht schöpfen, wenn die Hausherrin sie mal kurz in den Keller mitnahm.
Sie schöpfte keinen Verdacht, sondern sagte schlicht: „Ja, gerne!“ Und schon hatte Rita Mahler das Mädchen für sich. Als sich die Aufzugtür hinter den beiden geschlossen hatte und Rita Mahler 2. UG gedrückt hatte, legte sie auch ohne lange Umschweife los. Sie war schon immer eine direkte Frau gewesen und seit sie dank ihres Sohnes reicher als Krösus war, nahm ihr niemand mehr ihre Direktheit übel.
„Jetzt mal die Karten auf den Tisch: Was ist das zwischen meinem Sohn und Ihnen?“
„Was meinen Sie?“ Julia wurde zwar nicht rot, aber in die Augen schauen konnte sie Frau Mahler auch nicht.
„Sie sehen aus wie ein nettes Mädchen und üblicherweise macht mein Sohn einen großen Bogen um nette Mädchen. Sind Sie die neue Freundin von Thomas?“
Julia gab nur ein knappes „Nein!“ von sich und löste noch mehr Verwu nderung in Rita Mahler aus.
„Aber Sie haben doch etwas miteinander! Ich bin vielleicht alt, aber nicht blind. Thomas wäre jetzt lieber mit Ihnen im Bett als bei dieser langweiligen Rentnerparty.“
„Er bezahlt mich“, sagte Julia, und anstatt den Blick gesenkt zu halten, hob sie jetzt die Augen und schaute Frau Mahler direkt und unverblümt an. So unverblümt, wie man jemanden nur anschauen kann, dem man gerade die einfache, aber harte Wahrheit gesagt hatte und hoffte, dafür nicht mit einer deftigen Ohrfeige belohnt zu werden.
Der Aufzug war unten angekommen und die Tür ging auf. Frau Mahler blieb aber stehen und schaute das Mädchen mit unverhohlenem Schrecken an. Sie hielt die Hand in die Tür, damit sich der Aufzug nicht schloss und auch nicht wieder nach oben fuhr und auf diese Weise musterte sie Julia e ine ganze, unangenehm lange Weile. Dann schüttelte sie den Kopf:
„Nein, Sie sind keine professionelle Hure oder eine Eskort-Lady oder wie man das heutzutage auch nennen mag. Ganz im Gege nteil.“
„Sie sind so eine freundliche Dame, Frau Mahler“, platzte es plötzlich aus Julia heraus und Rita Mahler konnte sehen, dass sie mit aller Macht ihre Tränen niederkämpfte. „Und es tut mir schrecklich leid, dass ich Sie durch meine Anwesenheit in so eine unangenehme Situation gebracht habe.“
„Ha!“, lachte Frau Mahler und warf den Kopf zurück. „Damit sind Sie die Erste von all seinen bezahlten oder unbezahlten Affären, die sich bei mir für ihre Anwesenheit entschuldigt.“
Sie nahm die Hand aus der Aufzugstür und drückte wieder auf die 5 , ohne auch nur aus dem Aufzug ausgestiegen zu sein.
„Und dass Sie eine Hure sein sollen, das glauben Sie ja wohl selbst nicht.“
In dem Moment hatte Rita Mahler den gleichen Gesichtsausdruck wie Thomas, wenn er verärgert war und Julia musste unwillkürlich lächeln.
„Das ist natürlich eine Frage der Definition, Frau Mahler. Ich hab mir s agen lassen, dass die besten Huren sogar einen Ehering tragen.“
Frau Mahler lachte schallend. „Sie kennen meine Schwiegertochter?“
Julia war froh, dass sie auf diese Frage nicht antworten musste. Auch wenn es scherzhaft gemeint war, so löste alleine das Wort Schwiegertochter in ihrem Magen Krämpfe aus. Aber das Geigenkonzert, das aus ihrem Handy kam, ersparte ihr jede weitere Reaktion. Es war Isabel und Julia erschrak über den Anruf so heftig, dass sie gegen den
Weitere Kostenlose Bücher