First Night - Der Vertrag (German Edition)
Raschbergs Verhalten. Julia entspannte sich noch ein klein wenig mehr, als sie merkte, dass nicht annähernd soviel Leute auf sie starrten, wie sie befürchtet hatte.
Frau Mahler bugsierte die drei zu einem kleinen Tisch bei einer mit üpp igem Blumendekor bestickten Sitzgruppe in einem Erker. Der Erker gewährte einen schönen Blick über den Park und Potsdam und dort saßen bereits zwei Damen im Alter von Frau Mahler bei einem Glas Sekt und unterhielten sich angeregt.
„Setzt euch“, sagte Frau Mahler ohne Umschweife und zeigte auf die Cha iselongue und auf den Barockstuhl, der aussah, als würden seine dünnen, gebogenen Stuhlbeine unter demjenigen zusammenbrechen, der es wagte, sich darauf zu setzen. Brockmann setzte sich auf den Stuhl und überließ die Chaiselongue dem Chef und seiner Angebeteten. Die beiden Damen am Tisch waren hocherfreut über den Zuwachs. Sie kannten Thomas und begrüßten ihn entsprechend.
„Thomas, du bist aber dünn geworden!“, sagte die eine mit dem ausladenden Busen und einem üppigen Doppelkinn. Die andere hatte sehr breite Hüften und saß dennoch ganz ungezwungen auf einem zierlichen Barockstuhl. Sie sagte: „Ach papperlapapp. Der Junge sieht toll aus wie immer. Wer sind deine Freunde, Th omas?“
„Das ist Eric Brockmann, mein Mitarbeiter, und das ist Julia!“
Thomas zog Julia neben sich auf die Chaiselongue und nahm ihre Hand und wenn sie nicht wollte, dass die Szene noch peinlicher wurde, musste sie sich wohl oder übel fügen.
„Dein Schatz?“, fragte Frau Doppelkinn, und Julia wurde schon wieder rot.
„Wollt ihr Kaffee oder Sekt?“, fragte Frau Mahler dazwischen und ersparte ihrem Sohn die Antwort. „Es ist auch noch Kuchen da. Gegen sechs kommt der Caterer mit einem Büffet. Heute ist jamaikanische Küche das Thema. Aber du bleibst sicher nicht so lange, mein Junge, oder?“
„Ich … äh.“ Er sah Julia fragend an, aber die hatte den Blick gesenkt und es tat ihm in dem Moment wirklich leid, dass sie sich so offenkundig u nwohl fühlte. Vielleicht hätte er sie wirklich nicht in diese Situation bringen sollen, aber er wollte sie in seiner Nähe haben und seine Mutter war zudem eine unkomplizierte Frau, sie würde Julia vermutlich sogar mögen, wenn sie die Gelegenheit hätte, sie kennenzulernen. Seine Mutter würde Julia sogar sehr mögen, dachte er in dem Moment, als er immer noch in dem gesenkten Blick seiner Angebeteten nach einer Antwort suchte.
„Ich hatte eigentlich nachher noch etwas Wichtiges vor, aber Julia meinte, dass du dich vielleicht freust, wenn ich mir Zeit für dich ne hme.“
Frau Mahler lachte und drückte ihrem Sohn einen Kuss auf den Haarschopf. „Da hat Julia völlig recht, aber heute ist hier so viel Trubel, dass ich kaum Zeit haben werde, mich mit dir zu unterhalten. Also Kaffee oder Sekt?“
Brockmann nahm Kaffee, Thomas Sekt und Julia lehnte alles dankend ab. Tatsächlich war ihr just im Moment ziemlich schlecht.
„Brauchen Sie Hilfe in der Küche?“, fragte sie automatisch, weil sie das nicht anders kannte. Bei Geburtstagen bot man der Gastgeberin Hilfe an. Aber ihre Frage war anscheinend ziemlich dumm gewesen, denn Frau Mahler lachte und sagte nur:
„Gottchen nein, ich habe für heute eine Küchehilfe engagiert. Sonst komme ich ja gar nicht nach. Aber nett, dass Sie fragen!“
Aber sie fand es nicht wirklich nett, das konnte Julia an ihrem Blick und i hrer spöttischen Stimme erkennen. Sie fand es unmöglich, dass ihr Sohn eine wildfremde Tussi anschleppte, sie nicht mal anständig vorstellte und diese auch noch meinte, sich anbiedern zu müssen. Wahrscheinlich hatte Frau Mahler letztes Jahr an ihrem Geburtstag noch mit ihrer Schwiegertochter hier gesessen und wahrscheinlich sagte sie sich, dass genau solche Frauen wie Julia schuld daran waren, wenn diese Schwiegertochter jetzt durch Talkshows tingeln musste.
Pacta sunt servanda mahnte sie sich selbst und lächelte Frau Mahler an.
Die Dame mit dem Doppelkinn schien wirklich ein gutherziger Mensch zu sein, denn sie erkundigte sich ganz ungezwungen zuerst nach Eric und se inem Beruf und dann nach Julia und als Julia der Frau erzählte, dass sie Jura studierte, kamen sie richtig ins Gespräch. Die Frau berichtete, dass ihre beiden Söhne auch Juristen seien, allerdings in Hamburg wohnten und sie die beiden deshalb kaum sah. Die Tischnachbarin mit den breiten Hüften hingegen schien Thomas schon seit vielen Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten zu kennen, sie belegte
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