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First Night - Der Vertrag (German Edition)

First Night - Der Vertrag (German Edition)

Titel: First Night - Der Vertrag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clannon Miller
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Bewohner in diesem Haus wohnten. Man konnte sich an solche Dinge gewöhnen und mit der Zeit stumpfte man gegen den Lärm und den Dreck und auch gegen die Gefahr ab. Nur ab und zu, wenn ihre Tante Heike maulte, dass sie endlich woanders hinziehen sollte, oder wenn sie die Reaktionen von normalen Leuten sah, so wie jetzt die Panik im Gesicht des Bankers, dann wurde ihr wieder einmal bewusst, dass sie in dieser Gegend und in diesem Mini-Appartement nicht alt werden wollte, selbst wenn die Miete ein Geschenk des Himmels war.
    Oder dann, wenn sie einen Schlüssel überreicht bekam für ein Luxus-Liebesnest mit einem vergoldeten Schlüsselanhänger, dann wurde ihr erst recht bewusst, dass es höchste Zeit für einen Wohnungswechsel war.
    Sie hatte immer zu Benni gesagt, sie würde eine andere Wohnung suchen, sobald sie mit dem Referendariat begann. Mal abwarten, was das Gespräch mit dem geschniegelten Anlageberater ergab, vielleicht warf ihr kleines Vermögen genug Rendite ab, so dass sie schon bald eine bessere Wohnung mieten konnte.
    Der junge Mann wurde auf einem der beiden wackligen Plastikklappstühle in der K üche platziert, wo er auf dem winzigen Tisch gerade genügend Platz hatte, um seine Akten auszubreiten. Nachdem er mit einem Glas Wasser versorgt worden war, begann er über Investmentfonds, Immobilien, Festgeldanlagen, Tagesgeldkonten, Junkbonds und Staatsanleihen zu referieren. Nach fast einer Stunde professioneller Beratung hatte er einen Anlagenmix für sie kombiniert, der ihr, wenn sie dem Mann glauben wollte, eine hohe Verzinsung bei maximaler Liquidität und natürlich fortan ein sorgenfreies Leben, Marke „happily ever after“, erlauben würde. Er legte ihr die Verträge unterschriftsreif vor, aber sie bat sich noch ein paar Tage Bedenkzeit aus. Sie war schließlich keine Betriebswirtin und wollte erst noch einmal jemanden fragen, der sich mit Geldanlagen auskannte, bevor sie blindlings Verträge unterschrieb. Allerdings hatte sie keine Ahnung, wen sie um Rat fragen sollte. Außer Thomas natürlich, der war der Gott der Finanzwelt.
    Der Anlageberater war über ihre Bedenkzeit nicht gerade erfreut und erklä rte ihr, dass sich schon morgen die Konditionen deutlich verschlechtern könnten, aber als Julia hartnäckig bei ihrer Bedenkzeit blieb, gab er seine Bauernfänger-Argumentation schließlich auf und überreichte ihr seine Visitenkarte. Als er schon beinahe zur Tür draußen war, fragte sie ihn noch:
    „Sie wissen nicht zufällig, wo ich eine bessere Wohnung finde?“
    Wie der Zufall es wollte, wusste er es ganz genau, denn sein Schwager war Makler und der betreute gerade in Friedrichshain und Treptow zwei frisch sanierte Objekte und er würde ihm, wenn sie es gestattete, ihre Handynummer übermitteln, damit er einen Besichtigungstermin mit ihr vereinbaren könnte.
    Oh ja, sie wollte die Wohnungen unbedingt besichtigen. Natürlich war eine Altbauwohnung in Treptow oder Friedrichshain nicht mit der Luxus-Dachgartenwohnung am Hackeschen Markt zu vergleichen, aber es wären ihre eigenen vier Wände und sie war niemandem dafür zu Dank verpflichtet oder zu Dienstlei stungen.
    Ha, Dienstleistungen!
    Als ob man diesen Wahnsinns-Sex, den sie miteinander gehabt hatten, zu einer Dienstleistung herabwürdigen konnte und wenn ja, dann stellte sie sich die Frage, wer hier wem Dienste geleistet hatte.
    Julia rief Vittorio an, um ihm zu erklären, dass er so bald wie möglich einen Ersatz für sie suchen musste. Sie sagte ihm natürlich nicht , warum und behielt es tunlichst für sich, dass sie jetzt ausreichend Geld besaß, um endlich die Abende mit Benni verbringen zu können und die Nächte mit schlafen. Vorausgesetzt natürlich, der Liebeskummer raubte ihr nicht jede Nacht den Schlaf. Sie sagte ihm, dass sie sich dringend auf das Staatsexamen im nächsten Semester vorbereiten musste und mehr Zeit zum Lernen brauchte – das war schließlich auch keine Lüge. Vittorio war trotzdem stinksauer, dass sie ihm quasi aus heiterem Himmel kündigte. Er schrie sie mit seinem überschäumenden, typisch italienischem Temperament an und beschwor alle Heiligen als Zeugen, dass sie das undankbarste Mädchen der Welt sei.
    „Ich will dich nie mehr wiedersehn!“, brülle er ins Telefon und legte auf. Aber eine halbe Stunde später rief er wieder an und war wieder ganz der charmante Vittorio. Er fragte, ob sie wenigstens am Freitag noch einmal kommen könne, da würde er die Geburtstagsfeier seiner Schwiegermutter

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