First Night - Der Vertrag (German Edition)
und die er heiraten würde.
Der Anwalt hatte gestern schon alles mit Ines geklärt. Wie schnell es doch plötzlich gegangen war, nachdem das Geld keine Rolle mehr spielte. In spätestens vier Wochen war er ein freier Mann. Und nichts, was Julia sagte oder dachte oder tat, würde ihn davon abbringen, ihr so lange den Hof zu machen, bis sie nicht mehr anders konnte, als Ja zu sagen. Und er hatte einen ziemlich langen Atem, was das anging, und unerschöpfliche Ressourcen und außerdem hatte er gleich zwei Trümpfe im Ärmel:
Sie war wirklich heiß auf ihn und sie liebte ihn. Er musste ihr nur bewe isen, dass er es wert war.
Conni war unglücklich mit dem ganzen Terminwirrwarr, den er so früh am Tag schon anrichtete. Die Schweden auf 10 Uhr vorzuziehen, das ging nicht, die reisten erst um 11 Uhr an, und den Termin mit den beiden Bereichsleitern aus der Schweiz konnte sie auch nicht nach hinten schieben, weil die um 15 Uhr schon wieder zurückflogen. Und dann war da noch die Personalversammlung, da musste er wenigstens fünf Minuten sprechen, die ließ sich gar nicht verschieben. Morgen könnte sie ihm, wenn er wollte, gleich vier freie Stunden am Stück verschaffen, aber heute? Unmöglich. Bestenfalls eine halbe Stunde, von halb vier bis vier – maximal.
„Ah, ich scheiß auf die Termine!“, fluchte er ins Telefon und trieb damit das letzte bisschen Gelassenheit aus Conni heraus. Er hätte schließlich Vorstände und die hätten Prokuristen und Abteilungsleiter, alles hoch bezahlte Hohlköpfe, die ihn vertreten könnten.
„Beschaffen Sie mir bis nachher ein Paar Babyschuhe!“
„Babyschuhe?“, krächzte Conni und die Kontrolle über ihre Stimme war ganz dahin.
„Jaaa! So winzige Dinger, die man Neugeborenen auf die Füße zieht.“
„Rosa oder hellblau?“
„Das ist mir doch egal, Hauptsache gesund!“
„Sehr wohl, Herr Mahler.“
„Und einpacken lassen, in Geschenkpapier natürlich, mit Schleife und dem ganzen Kram!“ Er beendete das Gespräch, weil alles gesagt war und er keine Lust darauf hatte, Nachfragen zu beantworten.
„Guten Morgen, Herr Mahler!“ Eric kam gerade aus der Dusche, nur das Handtuch um die Hüften gewickelt.
„Morgen!“, knurrte Thomas und knallte sein Handy wütend auf den Tisch. Er hasste es, wenn ihm Termine aufdiktiert wurden. „Erfolg gehabt beim BND?“
Brockmann hatte die halbe Nacht bei Expiron an den Rechnern gesessen, um das vorgegebene Zeitfenster zu nutzen. Es hatte eine Menge Bestechung sgeld gekostet und Brockmann hatte darüber hinaus noch alte Kontakte aus seiner Militärzeit aktivieren müssen, um auf den BND-Server zugreifen und nach Morosow recherchieren zu können.
„Ich hab ’ ein paar ziemlich unangenehme Details herausgefunden und ehrlich gesagt keine Ahnung, wie wir das Julia schonend beibringen sollen.“ Er ging an der Obstschale vorbei und pickte sich einen gritzegrünen Apfel heraus. Dann griff er nach dem Zettel, den Silvio gestern Nacht auf die Arbeitsplatte gelegt hatte.
„Seit wann kann Silvio denn schreiben?“ , lästerte Eric und biss in den Apfel, während er Silvios Nachricht auffaltete und las. Mitten im Kauen spuckte er vor Schreck den Bissen wieder aus.
„Dein Handy ist anscheinend im Arsch, du Idiot. Beim Küken ist eingebrochen worden und irgendein blöder Wichser hat sich an sie rangemacht. Ruf mich an, wenn dein dämliches Handy wieder geht, dann erkläre ich dir alles. Wollte nicht, dass der Boss einen Herzinfarkt bekommt. S.“
„Mist! Haben Sie Silvios Brief schon gelesen?“
Thomas schüttelte verwirrt den Kopf. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass da ein Zettel gelegen hatte. Wer schrieb denn heutzutage noch auf richtiges Papier? Er sah, wie Brockmann beim Lesen des Briefes zur Salzsäule erstarrt war, und dachte daran, dass Silvio sich gestern Abend nicht mehr gemeldet hatte und bekam Panik.
„Was ist mit Julia?“
Eric reichte den Brief an den Chef weiter und lief in sein Zimmer, um nach seinem Handy zu schauen. Das war gar nicht möglich, dass es kaputt war. Er hatte gestern noch mit Isabel telefoniert, kurz bevor er mit dem Chef nach Potsdam zu seiner Mutter gefahren war. Sein Handy war wirklich defekt, und zwar richtig defekt. Es sah aus, als hätte jemand mit einem Hammer auf das Gehäuse geschlagen. Mist! Wann war das denn passiert? Egal! Es gab im Haushalt von Thomas Mahler zum Glück genügend Ersatzhandys. Der Mann zertrümmerte beinahe monatlich seine Handys bei seinen berühmten Wutanfällen.
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