First Night - Der Vertrag (German Edition)

gebracht?“, krähte Julia mit einer Stimme, die von einer Neunzigjährigen hätte stammen können.
    „Mehr oder weniger. Und jetzt komme ich zu dem Grund, warum ich Ihnen das alles erzähle ...“
    Er sah sie forschend an. Sie erweckte nicht den Eindruck, als könnte sie noch mehrere solcher Offenbarungen verkraften. Sie zitterte schon am ga nzen Körper und kämpfte wacker gegen eine Hysterie an, das war leicht zu erkennen. Aber er konnte sie trotzdem nicht verschonen – nicht, wenn er sie da haben wollte, wo er sie brauchte. Und er brauchte sie.
    „Morosow hat es nicht nur auf Benni abgesehen, sondern auch auf Ma hler.“
    „Was?“ Julia starrte ihn an, als ob er sich soeben in einen tentakelarmigen, schleim igen Alien verwandelt hätte.
    „Alles deutet darauf hin, dass Morosow einen Anschlag auf Mahler plant. Mahler hat Bodjanski mit seinem Erdöl-Deal aus dem Gasgeschäft gefegt wie einen Schuljungen und Morosow hat den Auftrag, das Problem für Bodjanski zu lösen.“
    Julia hörte gar nicht richtig zu. Alles , was sie verstand, war Anschlag auf Mahler und sie fing an zu hyperventilieren. 
    „ Wenn wir uns dem Drecksack auch nur auf zehn Meter nähern könnten, hätten wir ihn schon längst hinter Schloss und Riegel gebracht. Aber er ist wie ein glibberiger Aal und uns immer zwei Schritte voraus. Sie sind im Augenblick die Einzige, die an ihn rankommt. Helfen Sie uns, Morosow zu Fall zu bringen, denn wenn nicht, wird er Thomas Mahler töten und sich Benni holen. Und Sie lieben doch beide, nicht wahr?“
    Sie hörte den Bodyguard nur noch aus weiter Ferne. Er klang, als würde er durch ein Tuch sprechen, und dann gab der Boden unter ihr nach und sie versank in einem schwarzen tosenden Abgrund.
    Silvio konnte sie gerade noch auffangen , bevor sie mit dem Kopf gegen die Arbeitsplatte knallte. Er fluchte über sich selbst, während er ihren schlaffen Körper an sich drückte.
    Hätte es irgendeine Möglichkeit gegeben , es ihr schonender beizubringen? 
    Wohl kaum, denn sie musste begreifen , wie ernst die Lage war und wie dringend der BND ihre Hilfe brauchte. Sie war die Einzige, die im Augenblick Zugang zu Morosow hatte. Und wenn sie nicht schnell handelten, dann war es zu spät.
    Er wusste zwar , dass Schwangere keinen Alkohol trinken sollten, aber ihm fiel wirklich nichts Besseres ein, als nach der Tequilaflasche zu greifen, die im Küchenschrank stand, und ihr einen kräftigen Schluck davon einzuflößen. Er war noch nicht zu Ende mit ihr.
    J etzt ging es an die Details eines perfekt ausgeklügelten Plans, um Morosow zur Strecke zu bringen.

Kapitel 21
     
    Thomas saß schon kurz nach sechs beim Frühstück über seinen Laptop g ebeugt und versuchte, sich nicht aufzuregen. Er hatte sich am Sonntagabend geschworen, nie wieder ungeduldig oder laut zu werden, wenn es um Julia ging. Aber irgendwie hatte er gehofft, dass Julia vielleicht doch auf eine seiner Mails antworten würde. Er hatte ihr vergangene Nacht fünf davon geschrieben. Aber es war keine Antwort von ihr gekommen. Sie hatte alle seine Anrufe weggedrückt und vermutlich alle Mails ungelesen gelöscht und Silvio hatte sich auch nicht gemeldet. Obwohl er Silvio ausdrücklich angewiesen hatte, ihn auf dem Laufenden zu halten, darüber wie es ihr ging und was sie tat.
    Er hatte auf keinen Fall vor, Julias Schweigen als gegeben hinzunehmen. Wenn sie sich einbildete, sie könnte ihm einfach davonlaufen und damit sei alles erledigt, dann kannte sie ihn noch lange nicht.
    Ja, er hatte es vermasselt, so gründlich, wie nur er es konnte, weil er immer alles gründlich machte, aber das bedeutete nicht, dass nun alles rettungslos verloren war. Er hatte ihr den ganzen Montag Zeit gegeben und hatte Silvio abgestellt, damit der auf sie aufpasste. Aber jetzt hatte sie lange genug geschmollt und er hatte lange genug geschmort.
    Noch länger würde er das Theater nicht mitmachen.
    Er rief bei Conni an, die um diese Uhrzeit zu Hause gerade aus ihrem Bett kroch, und versuchte, die Termine, die seinen ganzen Tag belasteten, zu verschieben, damit er wenigstens eine Stunde für Julia frei hatte. Wenn sie nicht ans Handy ging, nun, dann würde er eben zu ihr gehen. Er würde einfach bei Raschberg vorbeifahren und wenn es sein musste, würde er sie dazu zwingen, ihm zuzuhören und seine Entschuldigung anzunehmen und er würde sie auf jeden Fall küssen.
    Er würde sie verdammt noch mal so rasend küssen, wie ein Mann eine Frau nur küssen konnte, die sein Kind trug