First Night - Der Vertrag (German Edition)
Während Eric die SIM-Karte in ein neues Handy setzte, starrte Thomas entsetzt auf den mit einer fürchterlichen Klaue und mit Bleistift hingekritzelten Brief von Silvio.
Der Satz Beim Küken ist eingebrochen worden und irgendein blöder Wichser hat sich an sie rangemacht löste in Thomas eine Kaskade von glühend heißen Adrenalinstößen aus.
„Sie muss aus der Scheißwohnung raus. Sofort!“, brüllte Thomas, während Eric gerade seine Mailbox abhörte und versuchte, den konfusen Text zu ve rstehen, den Julia gestern Abend darauf gesprochen hatte.
„Warum ist Seidlitz, dieser Idiot, nicht bei ihr in Kreuzberg, anstatt hier seine dämlichen Briefe zu deponieren? Er hat gefälligst vor ihrer Tür zu pennen, wenn es sein muss. Er soll sofort seinen Arsch dahin bewegen und Julia aus dieser Wohnung holen und wenn er sie an den Haaren herausziehen muss. Hat der denn überhaupt nichts in seinem Spa tzenhirn?“
Thomas wurde zunehmend lauter und Brockmann hob beschwic htigend die Hand, das Handy immer noch am Ohr.
„Ich bin gerade dabei, Silvio anzurufen. Julia hat mir irgendwas Wirres auf die Mailbox gesprochen. Die scheint fix und fe rtig zu sein.“
„Wann? Wann war das? Warum hat Seidlitz mich nicht verständigt? Was soll das dämliche Geschwalle von wegen Herzinfarkt, als ob ich nicht belastbar wäre? Und wer ist dieser Wichser, der sich an meine Frau ra nmacht?“
Wie zur Antwort hörte er plötzlich ein merkwürdiges Geräusch, eine M ischung aus Würgen und Krächzen und das hörte sich gerade so an, als käme es direkt aus Thomas’ Schlafzimmer. So schnell konnte Thomas gar nicht von seinem Hocker springen, da hatte Eric schon das Handy weggelegt, war mit Riesenschritten in sein Zimmer gehechtet und mit der Pistole im Anschlag wieder herausgestürmt. Dann rechts den Flur hinunter und hinein in den Master Bedroom. Er stieß dabei mit dem nackten Fuß die Tür so brutal auf, dass sie mit einem lauten Krachen gegen die Wand donnerte. Im Schlafzimmer war niemand und Eric stürmte in das angrenzende Badezimmer, als hätte sich dadrin eine ganze Einheit Taliban verschanzt.
Es war nur Julia, die vor der Kloschüssel kniete und lauthals ihre Eingewe ide aus sich herauswürgte.
„Woha! Fuck! Fuck!“, schnaubte Eric, um seinem Adrenalinflash erst mal Luft zu machen. Dann nahm er die Pistole herunter, sicherte sie und lehnte sich mit einem dritten „Fuck!“ und einem erleichterten Aufatmen gegen die kalten Fliesen an der Wand. Er war sich nicht sicher, ob Julia ihn überhaupt bemerkt hatte. Sie war wirklich hingebungsvoll damit beschäftigt, sich zu übergeben und am ganzen Leib zu zittern, dabei war sie fast nackt – abgesehen von diesem geilen Stringtanga, von dem Eric aus seiner Perspektive allerdings nicht wirklich viel erkennen konnte, weil er Julia nur von hinten sah. Ihr Haar war offen und verdeckte den Großteil ihres Oberkörpers, aber lange nicht genug.
„Ähm …“ Er räusperte sich und war unentschlossen, was er tun sollte.
Vermutlich wäre es gar nicht schlecht, wenn jemand dem Mädchen eine Jacke um die Schultern legte oder ihr die Haare etwas aus dem Gesicht hielt oder ihr den Rücken streichelte, irgendwas eben. Aber der Chef würde ihm die Kündigung in die Haut ritzen, wenn er sich der Frau auch nur auf zwei Schritte näherte. Zumal Eric nur ein Badehandtuch um die Hüften gewickelt hatte und auch nur ein gewöhnlicher, sterblicher Mann war, der ebenso auf Stringtangas stand wie jeder andere gewöhnliche, sterbliche Mann.
Das Problem mit den Reflexen der gewöhnlichen, sterblichen Männer löste sich Gott sei Dank schnell. Der Boss kam in das Badezimmer gestürmt und war s ofort neben Julia auf den Knien. Und er tat all die richtigen Sachen, die man als werdender Vater tun musste. Er ließ sich nicht von diesem Kurven-Körper und dem Stringtanga beeindrucken, sondern nahm ihr vorsichtig die Haarsträhnen aus dem Gesicht, strich über ihren Kopf und ihren Rücken und sagte all die Dinge, die einem hilflosen Mann in so einer Situation durch den Kopf gingen.
„Julia, was fehlt dir?“ und „Liebste, Gott sei Dank bist du hier!“ und „Sag mir, was ich für dich tun kann, Küken!“ und „Er wird alles gut, meine Süße, Hauptsache, du bist hier!“ Und als seine Hilflosigkeit ihren Höhepunkt e rreicht hatte, schrie er Brockmann an: „Rufen Sie verdammt noch mal einen Notarzt und verschwinden Sie hier.“
„Kein Notarzt!“, würgte Julia in die Kloschüssel. „Es ist gleich
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