First Night - Der Vertrag (German Edition)
Oberbonze total aus und Benni konnte den Mann ausnahmsweise ziemlich gut verstehen.
„Dass WIR am Leben sind? Bist du noch zu retten ? Dein Leben zu riskieren wegen dem Schwachsinn, den Silvio dir erzählt hat? Ist dir denn gar nicht klar, was das für uns beide bedeutet hätte, wenn dir etwas zugestoßen wäre? Wie kannst du dich so leichtsinnig in Gefahr begeben und dich als Märtyrer aufspielen? Ich bin gestern fast verrückt geworden aus lauter Sorge um dich …“
Und so ging es ungefähr eine ganze Minute weiter und Benni konnte jedes einzelne Wort doppelt und dreifach unterstreichen, aber leider brach der Bonze in seiner Glaubwürdigkeit dann total ein, als er zum Schluss seiner Strafpredigt keine wirklich harte Strafe verhängte wie zum Beispiel Hausa rrest oder Computerverbot, sondern stattdessen doch noch eine richtige Knutscherei anfing mit Zunge und dem ganzen Quatsch – und das ziemlich lange. So lange, bis es für Benni selbst unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr wirklich interessant war und Gott sei Dank kam dann endlich mal eine Krankenschwester, die Julias Infusionsflasche wechselte, weil sonst würden die beiden vielleicht bis nächstes Jahr noch knutschen.
Die Schwester begrüßte Julia mit einem sonnigen Lächeln und erzählte, dass wir jetzt aber schon sehr viel besser aussehen würden und dass wir uns gar keine Sorgen machen müssten, der Chefarzt wäre in ein paar Minuten da, so wie Herr Mahler es gewünscht habe.
Julia fragte sich verwundert, seit wann das Pflegepersonal in den Krankenhäusern so freundlich geworden war oder ob das was mit dem besagten „Herrn Mahler“ zu tun hatte, der auf ihrer Bettkante saß und sie so fest an sich drückte, dass sie jeden einzelnen Bluterguss an ihrem Gesicht und ihrem Körper spüren konnte.
Sie konnte natürlich nicht ahnen, was für einen Wirbel Thomas im Kra nkenhaus veranstaltet hatte. Schon gestern, als sie eingeliefert worden war, und seither nonstop.
Abgesehen von mehreren Drohungen, den Laden aufzukaufen und alle zu entlassen, hatte er mindestens fünf Ärzte der Unfähigkeit bezichtigt und ihnen mit Anwalt und Klage gedroht. Letztlich war er einfach nur wahnsi nnig vor Angst um Julia gewesen und die Ärzte in der Notaufnahme hatten mit vier schwerverletzten Opfern eines nicht näher definierten Schusswechsels genug zu tun. Julia rangierte eindeutig nicht unter den lebensgefährlich Verletzten.
Thomas sah das freilich anders. Diese Viertelstunde, während der er sie im Arm gehalten hatte und auf den Notarzt gewartet hatte, hatte ihn zehn Jahre seines Lebens gekostet. Er wünschte diese Ängste, die er da ausgesta nden hatte, seinem ärgsten Feind nicht.
Beim Personal der Notaufnahme lagen inzwischen die Nerven blank und deswegen hatte man Julia am frühen Morgen auch von der Chirurgie in die Gynäkologie verlegt, in der Hoffnung, dass es den neurotischen werdenden Vater irgendwie beruhigen würde, wenn er feststellte, dass es da Leute gab, die tagein, tagaus nur mit Schwangeren zu tun hatten.
Das hatte ihn tatsächlich beruhigt oder genauer gesagt war es der Chefarzt der Gynäkologie gewesen, der gegen zehn Uhr endlich zur Arbeit kam, der es geschafft hatte, Thomas zu beruhigen. Der Mann hatte ihn wenigstens ernst genommen. Er hatte ihn in sein Büro gebeten, ihm Cognac aus seinen Geheimvorräten angeboten und nachdem Thomas den ersten Schluck getrunken hatte, war es ihm schon um Längen besser gegangen.
Kein Mensch hatte daran gedacht , ihm nach diesem traumatischen Abend irgendetwas zu trinken oder einen Schnaps anzubieten. Eric war verschwunden, sobald die Notärzte und die beiden SEK-Einheiten das Haus geräumt hatten, und Thomas war dem Krankenwagen hinterhergefahren. Im Krankenhaus hatten Dr. Nickel und dessen Sekretärin auf Thomas gewartet und den nötigen Schriftkram erledigt und ihm noch ein paar Ratschläge erteilt, wie man mit eventuellen Pressereaktionen umzugehen habe. Aber die Angelegenheit mit der Presse hatte der BND schon selbst geklärt. Der Name Mahler würde in dem gesamten Vorfall genauso wenig erwähnt werden wie die Beteiligung des BND.
Wenn Thomas sich noch recht erinnerte, dann hatte Nickels Sekretärin ihm irgendwoher eine Tasse Kaffee organisiert , während Julia in der Unfallchirurgie war. Die Schwestern und Ärzte hatten ihm versichert, dass Julia sediert worden sei und mindestens zwölf Stunden schlafen würde und er deshalb getrost nach Hause gehen könne und ebenfalls schlafen solle.
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