First Night - Der Vertrag (German Edition)
antwortete er vorsichtig.
Sie würde es doch wohl nicht ablehnen, wenn er sie ganz harmlos zum Essen einlud. Sie hatte ja schon per Mail zugegeben, dass sie ihn attraktiv fand, also musste er ihr nur die Angst nehmen und sie ein wenig anflirten. Das dürfte doch nicht allzu schwer sein. Alle anderen Frauen säßen an diesem Punkt des Gesprächs bereits auf seinem Schoß und würden es kaum erwarten können, noch mehr von seinen Zuwendungen zu profitieren.
„Was?“, japste sie verblüfft. „Sie bezahlen mir ohne mein Wissen und mein Einverständnis ein riesiges Gehalt und denken , ich würde dafür mit Ihnen … mit Ihnen … schlafen?“
„Ich dachte, dass wir zuerst vielleicht essen gehen könnten.“
Er versuchte sein Bilderbuchlächeln und bekam von ihr nur ein fassungsloses Kopfschütteln zur Antwort. Was hatte er denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Eine fette Gehaltserhöhung, eine Einladung zum Essen und dazu hatte er ein sonniges Lächeln aufgesetzt.
Wie viel Vorspiel brauchte sie eigentlich noch?
Er machte nur einen kleinen Schritt auf sie zu und plötzlich warf sie die Dental-Research-Akte auf dem Besuchertisch ab und schüttelte wild den Kopf, so dass ihre Fr isur völlig aus den Fugen geriet.
„Ich brauche dieses Praktikum wirklich dringend. Aber ich glaube, ich suche besser einen anderen Praktikumsplatz. Es tut mir leid.“
Und dann wirbelte sie auf dem Absatz herum und lief auf ihren hochh ackigen Schuhen hinaus, wie ein scheues Reh auf der Flucht. Er schaute ihr verblüfft hinterher und verstand die Welt nicht mehr. Conni schaute um die Ecke und fragte kühl:
„Kann ich die Tür jetzt wi eder schließen, Herr Mahler?“
Sein trostloser Blick schien sie nicht im Mindesten zu berühren.
„Ja , bitte.“
***
Debby war an diesem Abend wieder bei Vittorio. Es war ziemlich voll und Julia hatte kaum Zeit, sich mit ihr zu unterhalten. Aber zwei Sätze wurde sie doch los:
„Dieser Kommissar Kühlwein wusste genau, worum es ging, aber er hat absolut abgeblockt. Egal, in welche Richtung ich meine Fragen ausdehne. Ich renne immer gegen eine Wand.“
Debby nickte mit ernstem Gesicht.
„Mir geht es genauso. Wo auch immer ich nach dem Fall frage, bekomme ich nur die kalte Schulter gezeigt. Inzwischen ist sogar die Ermittlungsakte verschwunden. Das stinkt zum Himmel und damit kannst du die Politiker-Theorie komplett abhaken?“
„Was? Wie meinst du das?“
„Kein einziger deutscher Politiker, nicht einmal die Kanzlerin höchstpersönlich, hat einen solchen Einfluss, um Akten einfach verschwinden lassen. Da gibt es immer ein Leck, einen Beamten, der sich nicht kaufen lässt oder herumplappert.“
„Aber wer soll de nn sonst dahinterstecken? Wer hat soviel Einfluss? Die Mafia?“
„Oder ein Nachrichtendienst.“
„Du meinst, so was wie der CIA?“, lachte Julia.
„Oder der BND oder der MAD.“
Julia schüttelte den Kopf. Das war doch Quatsch. Was sollte Marie mit dem BND oder sonst einem Nachrichtendienst zu tun gehabt haben? Sie war eine einfache Serviererin in einer VIP-Lounge gewesen.
„Das ist nicht abwegiger als deine Politiker -Theorie. Mal im Ernst, dieser Fall ist jetzt sieben Jahre her. Keiner, der damals in der Regierung war, hat heute noch was zu sagen. So einen langen Arm hat kein einziger Politiker. Und warum hat sich der Mann nie nach seinem Kind erkundigt? Er muss doch gewusst haben, dass seine Geliebte schwanger war. Hältst du das für normal?“
Julia zuckte unglücklich die Schultern , denn sie hatte sich das genau so zusammengereimt: Ein geiler alter Bock, der ihre Schwester verführt und geschwängert hatte und sie dann aus Angst vor der Presse und vor seiner Ehefrau im Stich gelassen hatte. Und danach hatte er seinen Seitensprung vertuschen wollen. Warum sollte ein Mann, der so tickte, sich wohl für sein außerehelich gezeugtes Kind interessieren?
„Denk einfach noch mal logisch und möglichst emotionslos darüber nach“, riet Debby und wandte sich wieder ihrem Freund zu. Es war ein anderer als in der vergangenen Woche.
D ieses Gespräch verbesserte Julias miserable Stimmung nicht gerade und dieser blöde Casanova Mahler hatte ihr sowieso den ganzen Tag vermasselt. Kaum hatte sie sein Büro verlassen, wäre sie am liebsten wieder umgedreht und hätte alles zurückgenommen, was sie gesagt hatte.
Sie brauchte das Praktikum für ihre Bewerbungsunterlagen. Wo nahm sie eigentlich die Großkotzigkeit her, so ein fettes Gehalt einfach abzulehnen?
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