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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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dann die Dinge, die man im Bad macht, da geht fast gar nichts. Aber heute bleibst du ohnehin zu Hause und ziehst dich nicht mehr um, du behältst die kurze Hose und das weite T-Shirt der Uni Heidelberg an und brauchst dich sonst um nichts zu kümmern.
    Nicht einmal um Raffaella, die völlig am Boden ist und sich in ihrem Zimmer verkrochen hat und keinen Mucks von sich gibt. Du bist zu ihr rübergegangen, es war total heiß da drin, das Fenster war zu. Sie hat das Gesicht ins Kissen vergraben und komische Laute von sich gegeben. Du hast sie gefragt, ob sie etwas essen will, und sie hat Nein gesagt; ob sie eine Zeitung will, und sie hat Nein gesagt; ob du ihr den Fernseher anmachen sollst, und wieder Nein. Sie hat sich nicht einmal zu dir umgedreht, sie hat deine verbundene Hand gar nicht gesehen und dir keine Fragen gestellt.
    Ist auch besser so. Du hattest dir eine Geschichte von einem Wespenstich zurechtgelegt oder dass dir beim Aufschneiden einer Tomate das Messer aus der Hand gerutscht ist. Raffaella lernt Krankenschwester und alles, was mit Verletzungen zu tun hat, ist heikel, aber bessere Ausreden sind dir keine eingefallen. Warum verbindet sich jemand die Hand, wenn er keine Prellung oder sonstigen Verletzungen hat?
    Genau, warum eigentlich? An diesem langen Nachmittag hattest du viel Zeit, über diese Frage nachzudenken. Warum tust du es? Du tust es für dich, klar, nur für dich. Du willst die Dinge einfach gern verstehen und wissen, was Sache ist. Du bist ein neugieriger Mensch, und wenn es eine Gelegenheit gibt, etwas besser zu verstehen, warum solltest du sie nicht nutzen. Du probierst, einen Tag lang mit nur einer Hand zu leben, aber es hätte genauso gut ein Fuß sein können oder ein Auge. Es ist die reine Neugier, und morgen wirst du das banale Glück, zwei Hände zu haben, besser zu schätzen wissen.
    Woher kommt dann aber diese Lust, Fiorenzo anzurufen, ihm alles zu erzählen und ein bisschen darüber zu lachen, wie du dir den Reis gekocht hast? Du könntest ihn fragen, wie er die Dinge im Badezimmer geregelt bekommt. Wie schaffst du es, Fiorenzo, dich zu rasieren?
    Sofern er sich überhaupt rasiert. Vielleicht hat er ja noch keinen Bartwuchs. Vielleicht ist er noch ein echtes Milchgesicht, einer dieser Knaben, auf die griechische Philosophen so scharf waren, dass sie sie sich ins Bett holten.
    Du bist aber kein griechischer Philosoph, du bist eine zweiunddreißigjährige Italienerin im Jahr 2010, die den Sonntag mit einer grundlos verbundenen Hand zu Hause verbringt und mit dem Gedanken spielt, ein Jüngelchen anzurufen, um es zu fragen, ob ihm der Bart wächst oder nicht.
    Vor allem aber bist du eine blöde Kuh.
    Eine richtig blöde Kuh.
    Du kannst von Glück sagen, dass du seine Nummer nicht hast.
    Du blätterst um, auch wenn du von den letzten Seiten kein Wort behalten hast. Das Buch rutscht dir aus der Hand und fällt vom Bett, es klappt zu, und jetzt weißt du nicht mehr, wo du gerade bist.
    Genau, du weißt nicht, wo du gerade stehst.

DAS ELEND DES ITALO-ROCK
    Antonio ist mit Verspätung angekommen, aber abgesehen von Giulianos gotteslästerlichen Flüchen haben wir uns nicht beklagt: Wir sind mittlerweile angenehm überrascht, wenn er sich überhaupt blicken lässt. Während wir auf ihn warteten, haben wir über das Graffito gegen die Alten an der Post gesprochen und darüber, dass es überhaupt keine Reaktionen darauf gab. Absolut null. Vielleicht müssen wir auf die Zeitungen von morgen warten, oder vielleicht waren wir zu zahm und müssen dicker auftragen, oder vielleicht … Dann ist Antonio gekommen, und wir haben das Thema fallenlassen.
    Wir haben ihn nicht gefragt, warum er sich die ganze Woche nicht gemeldet hat, egal, für uns zählt nur das neue Stück. Den Text und die Akkorde haben wir ihm vor einer Woche gegeben, damit wir heute mit den gemeinsamen Proben anfangen können.
    Man merkt aber sofort, dass er sich das Stück zum ersten Mal ansieht. Giuliano zählt an, one, two, three, four, und los geht’s, wir wollen den Song mit all den Breaks und Rhythmuswechseln und vielleicht einem schönen Solo spielen, aber Antonio hat nicht die geringste Ahnung, was Sache ist.
    »Stopp, stopp, stopp«, sagt er. »Leute, das Stück gefällt mir nicht.«
    Einen Augenblick lang ist es ganz still in der Garage. Nur die Verstärker knistern vor sich hin.
    »Wie kannst du sagen, es gefällt dir nicht, wo wir es doch noch gar nicht gespielt haben.«
    »Das merkt man doch sofort, das seh ich schon

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