Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Enttäuschung um. Ein echter Flop.
    Aber jetzt ist Mirko da und gewinnt, und wie. Alle wissen, dass es Robertos Verdienst ist, wenn Mirko für den Radsportverein UC Muglionese fährt, dass er ihn in einem kleinen Nest am Arsch der Welt entdeckt hat und ihn nun von Sieg zu Sieg führt.
    Zugegeben, das ist nicht schwierig. Es genügt, Mirko zu sagen Wenn es dich packt, dann spurte los, und du gewinnst . Er fährt in der Klasse der Schüler, da brauchst du einfach nur der Stärkste zu sein, um zu gewinnen. Aber das ist erst der Anfang. Wenn er sich bei den Junioren und den Under 23 beweisen muss, ist Robertos fachmännischer Beistand von entscheidender Bedeutung. Sobald der Junge älter ist und die Vorschriften es ihm erlauben, per Funk mit dem Begleitfahrzeug in Verbindung zu sein, kann Roberto ihm in jedem Augenblick des Rennens sagen, was zu tun ist, und so zusammen mit ihm gewinnen. Die Beine des kleinen Champions und der Kopf des Barman. Ein unschlagbares Team. Niemand wird sie aufhalten können, auch nicht beim Sprung in die Welt des Profisports, in die großen Mannschaften beim Giro d’Italia oder der Tour de France.
    Und schon gar nicht heute, beim 17. Trofeo Comune di Rottofreno. Gleich geht’s los. Es gibt eine Menge Konkurrenten, aber nur einen Sieger. Roberto kennt schon den Namen, wie jeder, der auch nur ein bisschen Ahnung vom Radsport hat oder einen Funken gesunden Menschenverstand besitzt.
    Aber dann …

MIT WELCHEM RECHT WILLST DU JETZT REDEN?
    Sonntag, zwölf Uhr mittags. Fast schon halb eins. Und wenn du etwas hasst, dann dieses späte Aufstehen. Von spät kann gar keine Rede mehr sein, es ist ja fast schon Nachmittag.
    Trotzdem fühlst du dich erschöpft. Du hast bei Raffaella im Zimmer geschlafen, die um keinen Preis allein bleiben wollte. Und jedes Mal wenn du gerade eingenickt warst, hat sie dich durch einen Seufzer oder Schluchzer oder irgendeinen Halbsatz wieder aus dem Schlaf gerissen.
    Pavel hat ihr gesagt, dass ihm eine andere gefällt, eine, die mit ihm zusammen im Supermarkt arbeitet. Es war zwar noch nichts zwischen ihnen, aber bald wird es so weit sein.
    Eine Freundin eine ganze Nacht lang zu trösten ist ziemlich schwierig, zumal du nicht weißt, was du ihr sagen könntest. Denn das, was du wirklich denkst, musst du für dich behalten.
    Vergiss diesen Schwachkopf, du solltest froh sein, dass du ihn los bist. Du hättest so klug sein sollen, ihn selbst zum Teufel zu jagen. Statt zu heulen und zu sagen, du würdest nie wieder aufstehen, solltest du Freudensprünge machen und zur Wallfahrtskirche von Montenero pilgern, um der Madonna eine Kerze anzuzünden, zum Dank für die Gnade, die sie dir erwiesen hat.
    Doch genau das kannst du Raffaella nicht sagen. Erstens, weil Raffaella es nicht hören will, und zweitens, weil du ihr diese vernünftigen, nüchternen und strengen Ratschläge längst hättest geben können. Doch mit welchem Recht willst du jetzt reden?
    Du selbst schleppst jetzt einen nach Hause, der dreizehn Jahre jünger ist als du, und fühlst dich sogar gut dabei. Seit deiner Rückkehr in dieses beschissene Dorf war das der erste Abend, an dem du eine interessante Unterhaltung geführt hast. Ganz kurz hat dich sogar der Gedanke gereizt, nein … Also, nein, das stimmt nicht, da gehst du zu streng mit dir ins Gericht. Nicht dass du wirklich daran gedacht hättest, es zu tun, aber als ihr in deinem Zimmer wart und du die DVD unterm Bett gesucht hast, ist es dir ganz kurz durch den Kopf geschossen: Du liegst da auf dem Bett, und er steht hinter dir und könnte sich jederzeit über dich hermachen … So abwegig erschien dir das gar nicht.
    Einmal in Berlin bist du nach einer Party zusammen mit dem Bruder einer Freundin im Aufzug gefahren, und während du ihm erklärt hast, dass du das Wetter in Berlin gar nicht mal so übel findest, hat er sich auf dich gestürzt. Und wenn dasselbe gestern Abend in deinem Zimmer passiert wäre, hättest du es viel weniger abwegig gefunden, und es wäre, wenn du es dir recht überlegst, ganz bestimmt nicht so ausgegangen wie damals: mit einem Tritt in die Eier.
    Ganz sicher bist du dir allerdings nicht, und du willst es auch gar nicht sein. Aber dann kam ja ohnehin Raffaellas tragischer Auftritt und hat alles zunichtegemacht, es hat also keinen Sinn, sich noch länger den Kopf zu zerbrechen.
    Du musst dich jetzt auf das konzentrieren, was du gerade tun willst, nämlich dir die rechte Hand zu bandagieren. Du versuchst es nun schon seit zwanzig