Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
fällt –, geht es mir vielleicht erst besser, wenn ich mich besaufe.
Für heute Abend habe ich mich schon mit Giuliano und Stefanino im Excalibur verabredet, wir werden Bier in uns reinschütten und rumtönen, dass die Frauen alle Nutten sind und man ohne sie viel besser dran ist. Es ist schön, Freunde zu haben, die dich mögen und dir beistehen, wenn es dir schlecht geht.
Ich hab sie vorgewarnt, dass ich im Moment ein bisschen schlapp und angekratzt bin, sie sich aber keine Sorgen zu machen brauchen. Denn dieser Schmerz ist wie Benzin, wie eine Benzinwolke: Wenn der Sättigungsgrad erreicht ist und ich mich endlich wieder aufrapple, kommt es zur Explosion, es wird ein zerstörerisches Feuer der Wut entfacht und mein Schrei wird erneut die Welt in Trümmer legen.
Vorerst aber ist noch Niedergeschlagenheit angesagt.
Ist ja auch klar, wie soll ich denn drüber wegkommen, wenn Tiziana mich nicht in Ruhe lässt? Heute Morgen hat sie mir eine SMS geschickt und gefragt, ob wir nicht zusammen zu Mittag essen wollen, ihretwegen ruhig in der Rosticceria. Ich hab ihr sofort ein entschiedenes NEIN hingepfeffert und mich dabei wie ein richtiger Kerl gefühlt mit dicken Muskeln und einem Tierfell über der Schulter, ein Kraftpaket, knallhart und unbezwingbar und mit zwei riesigen Eiern. Ich stand auf dem Gipfel der Welt und schaute von dort oben runter, und mindestens zehn Minuten lang gehörte die Welt mir.
Dann verließ ich die Höhen der Macht, griff zum Handy und schickte ihr eine zweite SMS:
Ok, in der Rosticceria, aber vor eins kann ich nicht, ist das ein Problem? (11:36)
Wir trafen uns vorm Fagiano, das um die Mittagszeit einigermaßen erträglich ist. Die Rallyefahrer und Videopokerspieler sind dann noch auf der Arbeit oder liegen noch im Bett, bis fünf lässt es sich aushalten. Aber heute wäre es besser gewesen, wenn ein paar Prolls auf dem Parkplatz herumgelungert hätten. Dann hätten wir wenigstens gewusst, worüber wir reden sollen.
Immer wieder gab es lange Minuten des Schweigens. Etwas Gemeines wollte ich nicht sagen, und etwas Nettes ist mir nicht eingefallen. Und wenn doch, war es so bescheuert, dass ich es lieber für mich behielt. Denn schließlich verlässt sie mich, verdammt noch mal, und geht nach Berlin, und ich soll ihr bis dahin die Zeit vertreiben und so tun, als wäre nichts. Wozu dieses Treffen, nachdem ich ihr klipp und klar gesagt habe, dass ich sie nicht wiedersehen will? Ihr ist es völlig egal, was ich beschlossen habe, sie setzt sich einfach drüber weg. Sie weiß ganz genau, dass sie mich rumkriegt, wenn sie fragt, ob wir uns sehen wollen, sie sollte also gar nicht erst fragen. Wenn Tiziana mir nicht hilft, werde ich nie durchziehen, was ich mir vorgenommen habe. Aber sie hilft mir nicht, und ich bin schwach, und deshalb fühle ich mich deprimiert und im Stich gelassen. Wie ein Volltrottel. Freut dich das, Tiziana?
Und wenn wir uns schon sehen, warum dann nicht zum Abendessen? Das wäre eine ernsthafte Verabredung, so in der Dunkelheit. Aber nein, wir treffen uns zur Mittagszeit wie zwei gute Freunde, Kollegen oder Nachbarn, die sie dort oben in Berlin zu Hunderten kennenlernen wird. Ich weiß genau, dass irgendwann – vielleicht nicht sofort, aber früher oder später ganz bestimmt – einer dieser Kollegen oder Nachbarn sich geschickter anstellt als die anderen und die richtigen Worte findet, und dann landet Tiziana mit ihm im Bett und schläft mit ihm und umarmt ihn und macht dieselben Laute wie bei mir. Vielleicht ist der überhaupt geschickter und besser im Bett und reifer und erfahrener. Was ja kein Kunststück ist.
Das ging mir in der Rosticceria so durch den Kopf, alles wild durcheinander, und ich schwöre, dass ich irgendwann drauf und dran war zu sagen Okay, Tiziana, das hier ist erbärmlich und völlig sinnlos. Wenn du gehen willst, dann hau verdammt noch mal ab, aber hör auf, mich weiter zu quälen .
Aber genau in dem Moment sagt die Rumänin an der Kasse, dass der Kaffeeautomat kaputt ist, und dann macht Tiziana den Vorschlag, den Kaffee bei ihr zu Hause zu trinken, falls ich Lust habe.
»Gehen wir ins Bett?«, frage ich sofort. Immerhin brauchen wir jetzt nicht mehr lange um den heißen Brei zu reden.
»…«
»Gehen wir ins Bett, ja oder nein?«
»Mir ging’s wirklich um den Kaffee.«
»Kaffee nein. Ins Bett gehen ja. Also, was ist?«
Und Tiziana schaut mich an und verzieht dabei das Gesicht so komisch, dass ich überhaupt nichts mehr verstehe. Ich
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