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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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dass sie am Ural liegt.
    Wenn ich also rechts oder links von diesem Kreisverkehr abfahre, gelange ich auf geheimnisvolle Straßen und lande genau dort, in Ischewsk. Dort bleibe ich, und dann verläuft mein Leben in den richtigen Bahnen. Ich suche mir eine Arbeit in der Kalaschnikow-Fabrik, in meiner Freizeit angle ich im Fluss Isch, nach dem die Stadt benannt ist, und vielleicht begegne ich Pawel Tonkow beim Angeln, und wir werden Freunde.
    Noch ein Kreisverkehr, ich bremse. Vielleicht fahre ich jetzt wirklich rechts oder links ab, ja, warum nicht … Aber wenn ich so drüber nachdenke, wird das Wetter in Ischewsk auch nicht besser sein als hier, eher schlechter, und es werden dort gar keine Kalaschnikows mehr gebaut. Außerdem hab ich gelesen, dass Tonkow nicht nach Russland zurückgekehrt ist und heute in Spanien ein Hotel betreibt.
     
    Mitternacht, ich rase über die Autobahn
    Mitternacht, ich fühl mich geil auf der Autobahn
    Ich fühl mich geil
    Auf einer Autobahn, die niemals endet.
    Es ist nicht Mitternacht, es ist nicht die Autobahn.
    Und dass ich mich geil fühle? Na ja, den Eindruck hab ich auch nicht gerade.

BRITNEY IN DER AUTOBAHNRASTSTÄTTE
    Die Villa Berardi heißt eigentlich Villa Isola, so hieß nämlich die erste Frau des alten Berardi. Die war allerdings irgendwie schrullig und sagte nie ein Wort, und als er eine Bessere fand, schob er Isola in eine Art Irrenanstalt ab. Seither heißt das Haus nur noch Villa Berardi. Oder die Villa der Verrückten.
    Ich klingle an der Videosprechanlage, und Stefano sagt Komm rein, ich bin gleich da . Dass er gleich da ist, glaub ich eher nicht, er braucht immer ewig, bis er aus seinem Zimmer rauskommt, bis er alle Programme geschlossen, den Computer ausgeschaltet und es rüber zur Garage geschafft hat. Ich dagegen bin schon eine halbe Stunde vor der vereinbarten Zeit da, weil es im Laden keinen Fernseher gibt und nichts zu lesen außer den Katalogen für Angelruten, nicht einmal ein Sofa zum Hinsetzen. Der Unterschied zwischen einer fetten Villa und dem Lagerraum eines Angelgeschäfts besteht wohl vor allem in der Menge der Zeit, die man dort gern verbringt.
    Der kleine Scheiß-Champion hat vier Monate lang in diesem Palast gewohnt, das war bestimmt kein schlechtes Leben. Und ich muss gehörig grinsen, wenn ich mir vorstelle, dass er jetzt mit meinem Zimmerchen vorliebnehmen muss, mit meinem Vater, der nebenan laut schnarcht, mit dem Kanalgeruch, der durch das Fenster dringt, den engen Wänden und den Unmengen von Platten, CDs, DVDs, Zeitschriften und Postern, die dich von oben anschauen, wenn du im Bett liegst, und jederzeit auf dich runterfallen können … meine Platten, meine Zeitschriften, meine Poster … so, jetzt ist mir das Grinsen vergangen. Im Vorbeigehen nehme ich die kugelförmigen Lampen wahr, die den Rasen beleuchten, und höre das überlaute Geräusch meiner auf dem Kies knirschenden Schritte.
    Ich trage die Sachen, die ich im Laden finden konnte: über dem Pyjama eine tarnfarbene Anglerweste und Gummistiefel anstelle der Hausschuhe. Die Stiefel machen bei jedem Schritt das satte Geräusch einer Ente, die, vom Schuss des Jägers getroffen, auf den Boden klatscht.
    Der Gartenweg endet unter einem schmiedeeisernen Carport, wo die Autos, Stefanos Mofa und das Fahrrad seines Bruders Cristiano untergestellt sind. Auf dem perfekt getrimmten Rasen steht ein marmorner Pingpongtisch, und auf dem Grundstück wachsen die paar Bäume und Sträucher, die in dieser Gegend überhaupt gedeihen. Denn die Feuchtigkeit und die schwarze Erde des einstigen Sumpfgebiets schränken die Möglichkeiten der Landschaftsgestaltung erheblich ein. Brombeeren, Brennnesseln und Efeu überwuchern zwar alles, aber Obstbäume tun sich schwer und blühende Pflanzen aller Art noch mehr.
    Die Berardis haben ein Vermögen in diesen Garten gesteckt. Mit riesigen Pumpen haben sie das Gelände trockengelegt und ganze Lastwagenladungen Muttererde von sonst wo herangekarrt. Sie können sich das aber auch leisten, denn sie sind die reichste Familie in Muglione, und würden wir noch im Mittelalter leben, wären sie die Feudalherren und kämen ab und zu ins Dorf, um uns andere zu verprügeln, nur so zum Spaß.
    Die Berardis sind zu viert, aber wenn sie irgendwohin verreisen, fahren sie grundsätzlich mit zwei Autos. Der Vater mit Stefano, die Mutter mit Cristiano, und sie fahren zeitversetzt los, mit einer halben Stunde Abstand. Falls nämlich ein tödlicher Unfall passiert, bleiben immer

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