Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
noch zwei Berardis am Leben und die Familie stirbt nicht aus. So machen es auch die Besitzer von Coca-Cola. Signor Sirio hat mir mal erzählt, dass das Rezept für Coca-Cola streng geheim und nur den beiden Chefs bekannt ist, Mister Coca und Mister Cola. Sie leben getrennt und begegnen einander nie, denn wenn sie sich in einem Haus treffen würden und dieses Haus einstürzt, würde die Coca-Cola mit ihnen sterben.
Damals hab ich das geglaubt, aber da war ich zwölf oder dreizehn, jedenfalls noch keine vierzehn, denn er erzählte diese Geschichte während der Fahrt zu einem Radrennen. Während des Rennens dann – wenn du in die Pedale trittst, geht der Kopf seine eigenen Wege – kam mir der Gedanke, dass diesem Mister Cola womöglich auch die Hälfte von Pepsi Cola gehörte, so dass er sich auch mit Herrn Pepsi nie treffen durfte. Der arme Kerl, dachte ich. Er hat zwar eine Menge Geld, führt aber ein völlig vereinsamtes Leben. Gleich nach dem Rennen wollte ich Sirio darauf aufmerksam machen, aber dann ist das Rennen für uns so schlecht gelaufen, dass mein Vater uns angeschrien hat, wir seien alle Weicheier, und da hab ich dann zu niemandem mehr ein Wort gesagt.
Jetzt fängt es auch noch an zu regnen. Den ganzen Tag gab’s das für Muglione typische Wetter: weder Wolken noch Wind noch Sonne, stattdessen ein Himmel wie eine leere Leinwand, vor der Gott steht und sagt, das mach ich morgen, das mach ich morgen, und dann macht er es doch nie.
Die Garage ist offen, ich gehe rein, und jedes Mal wenn ich vor dieser großartigen Anlage stehe, sag ich mir, wir sind eine echt geile Band.
Der alte Berardi, Stefaninos Großvater, ist mit einer der ersten Möbelfabriken hier in der Gegend reich geworden. Dann hatte seine Tochter die Idee, sich auf Schiffsmöbel zu spezialisieren. Ich weiß zwar nicht, worin der Unterschied zwischen Schiffs- und Landmöbeln besteht, die Firma ist jedenfalls immer weiter expandiert. Die Berardis schalten Werbung in den regionalen Fernsehsendern und sind der Hauptsponsor der Mannschaft meines Vaters, die ja mit vollem Namen Unione Ciclistica Muglionese-Mobilificio Berardi heißt.
Das phänomenale Equipment von Metal Devastation ist aber nicht diesen Möbeln zu verdanken. 32-Kanal-Mischpult mit professioneller Beschallungsanlage, zwei Marshall-Röhrenverstärker jeweils mit einem Topteil, Tama-Schlagzeug mit doppelter Trommel und unzähligen Tom Toms und Becken, frisierte Gitarre und BC Rich Bass, um einen noch volleren Sound zu erhalten, und ich singe in ein Mikrofon, das nur auf Bestellung gebaut wird. Als wir nach Siena fuhren, um alle diese Sachen zu kaufen, holte der Verkäufer seinen Chef, und der fragte uns, ob wir zu einer Tour starten würden. Wir sagten: Klar, demnächst.
Diese klangliche Superpower ist aber, wie gesagt, nicht den Berardi-Möbeln geschuldet. Nein, das alles hat Stefanino ganz allein finanziert, mit dem Geld aus seinem Nebenjob. Vor gut einem Jahr fing es damit an. Ich kenne die Geschichte, denn eines Tages war Stefanino sehr besorgt und hat mir alles erzählt, streng vertraulich.
Stefanino hat schon immer gern auf Humor- und sonstigen Nonsens-Webseiten herumgesurft. Er ist nun mal so und pisst sich in die Hose vor Lachen bei Wortspielen, die sonst kein Mensch lustig findet wie zum Beispiel Warum trinken Mäuse keinen Alkohol? Weil sie Angst vorm Kater haben . Solchen Quatsch.
Er hatte auch seinen Spaß an witzigen Fotomontagen, die er mit SteMetal unterzeichnete und an diese Webseiten schickte. Völlig abstruse Sachen, eine Ziege im Bikini zum Beispiel, Britney Spears beim Kloputzen in einer Autobahnraststätte, ein hutzeliger Alter, der Monica Bellucci von hinten besteigt. In kürzester Zeit wurden SteMetals Fotomontagen Kult. Ihre Qualität war nämlich absolute Spitze. Du wusstest genau, dass die Szene fingiert ist, musstest aber zugeben, dass es total echt aussah. Du hattest tatsächlich Britney Spears mit der Klobürste in der Hand vor dir, der Schatten an der Klowand war einwandfrei, und sie stand lächelnd in diesem Licht und in dieser Atmosphäre, die für Toiletten an Autobahnraststätten so typisch sind. Und auch der Alte, der sich an der Bellucci vergreift und dabei den Betrachter angrinst … du weißt zwar, dass das gar nicht sein kann, aber wenn du das Bild anschaust, kommt Hoffnung auf.
Diese letzte Kreation war Stefanos Einstieg in den Schweinkram für Erwachsene. Ein Typ schickte ihm das Foto einer halbnackten Frau und bat ihn, sie mit einem
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