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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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verbringt dann ein Stündchen am öffentlichen Strand, dicht gedrängt wie Heringe in der Dose, und auf der Rückfahrt steckt er noch mal drei Stunden im Stau. Dageblieben sind nur die Alten, die im Schatten sitzen und warten. Und ich.
    Mir fehlt die Kraft zu allem. Ich starre an die Decke und liege bei heruntergelassenen Rollläden auf dem Bett. Draußen ist es genauso still wie drinnen, denn ich hab nicht mal Musik eingeschaltet. Heute ist ein schwarzer Tag, ein rabenschwarzer Tag, Sonne und Sommer, alles völlig fehl am Platz.
    Die Rückfahrt von Pontedera gestern war ein Albtraum. Normalerweise sind Rückfahrten immer kürzer als Hinfahrten, aber diesmal nahm sie überhaupt kein Ende. Wir wussten nicht, was wir reden sollten, also schwiegen wir. Wir haben auch nicht die Stereoanlage eingeschaltet, wir haben es sogar vermieden, uns anzuschauen.
    Heute haben wir noch nicht mal miteinander telefoniert. Ich weiß nicht, was die anderen machen, aber ich glaube, sie hängen auch zu Hause rum. An Tagen wie diesen hat es keinen Sinn rauszugehen, es hat nicht mal einen Sinn aufzustehen. Man bleibt am besten im Bett, bei heruntergelassenen Rollläden, und starrt an die Decke in der Hoffnung, dass die Decke einem sagt, was zu tun ist.
    Irgendetwas ist gestern Abend schiefgelaufen, okay, aber was? Vielleicht war es ein Fehler, mit diesen Fragen anzufangen Seid ihr bereit für eine volle Dröhnung Metal? Eine ernstzunehmende Band sagt überhaupt nichts, sie palavert nicht lange herum. Eine ernstzunehmende Band kommt auf die Bühne und fängt an zu spielen. Das hätten wir auch machen sollen. Wir hätten auf die Bühne kommen und sofort voll reinhauen sollen, die Zuschauer hätten unsere geballte Ladung abgekriegt, und nach ein paar Stücken hätten wir sie in der Tasche gehabt.
    Stattdessen hab ich sie gefragt, ob sie bereit sind, ich hab ihnen eine Wahl gelassen. Aber was kannst du schon von Leuten erwarten, die im Auto Biagio Antonacci hören. Die wissen nicht, was sie wollen, die haben keine Ahnung, und deshalb hätten wir ihnen einfach etwas vorsetzen sollen, ohne viel zu fragen. Am Ende hätten sie sich bedankt und gesagt Ihr habt unser Leben verändert . Wenn sie dazu noch genug Puste gehabt hätten.
    Genau, das war unser Fehler, hier liegt das Problem. Hoffe ich zumindest. Aber heute bin ich total verunsichert. Ich weiß nicht mal, wann wir wieder spielen werden. Und ob überhaupt. Vielleicht ist es besser, ein paar Tage verstreichen zu lassen und sich das Ganze noch mal in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen. Vielleicht wäre es aber auch gut, sich sofort wieder in der Garage zu treffen und einfach frech weiterzuspielen, alles in Grund und Boden zu stampfen und sich dabei klarzumachen, dass das Festival nicht mehr war als eine Episode am Rande.
    Ich weiß nicht, ich weiß es echt nicht. Im Film fragt die Hauptfigur in so einer komplizierten Situation jemanden um Rat. Aber in der Realität gibt es niemanden, der einem vernünftige Ratschläge geben kann oder dem an deinen Problemen überhaupt etwas liegt. Jeder arrangiert sich, so gut er kann.
    Ich zum Beispiel habe für mich die Top-Empfehlung erfunden, und ich schwöre, es funktioniert. Auf diese Methode bin ich per Zufall gestoßen, aber sie ist extrem hilfreich, und seither baue ich nur noch darauf.
    Nur heute kann ich sie nicht anwenden, weil kein Mensch da ist, und für die Top-Empfehlung müssen Leute auf der Straße unterwegs sein. Außerdem ist heute wirklich ein Scheißtag, und ich habe keine Lust, überhaupt was zu machen.
    Das einzig Positive ist, dass mein Zimmer praktisch unverändert geblieben ist. Dieser Knirps hat es mir zwar weggenommen, aber er hat zum Glück nicht alles auf den Kopf gestellt. Die Poster sind an ihrem Platz, die CDs stehen alphabetisch nach den Namen der Bands geordnet im Regal, und sogar die Zettel mit den Notizen für gestern Abend liegen noch auf der Computertastatur.
    Ich stehe auf und schnappe sie mir alle auf einmal. Ich will sie in Fetzen reißen und dann verbrennen. Schon allein ihr Anblick treibt mir die Schamesröte ins Gesicht, als hätte man mich beim Klauen erwischt, ich will nichts mehr davon sehen. Mein Blick fällt auf die roten Großbuchstaben ganz unten auf der ersten Seite WIR STAMPFEN ALLES IN GRUND UND BODEN! Das habe ich geschrieben, weil ich felsenfest daran geglaubt habe. Was bin ich bloß für ein Idiot!
    Ich knülle diese bescheuerten Zettel zusammen, presse sie zu einer Kugel. Neben der Tastatur, unter

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