Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
sie ihren wahren Charakter offenbart und gezeigt haben … aus welchem Holz sie geschnitzt sind …«
Du nutzt die Gelegenheit, duckst dich und gehst schnell rein. Keiner grüßt dich, keiner würdigt dich eines Blickes. Du musst das Licht anmachen, trotz des strahlenden Sonnenscheins draußen, denn dieser Raum war früher ein Lagerschuppen und hat keine Fenster. Du setzt dich an den Schreibtisch und fängst an, in den Zeitungen zu blättern.
Doch vor der Tür herrscht helle Aufregung, du hörst die Kommentare der Alten und wirst neugierig. Was gibt es nur derart Interessantes in der »Nazione«?
Du schlägst sie auf und blätterst zu den Nachrichten aus der Provinz. Nichts Bemerkenswertes. Zank wegen der chinesischen Läden, die die italienischen verdrängen. Eine Frau hat einen Preis für die Trennung von Hausmüll bekommen, eine kleine Meldung über ein Festival der Gymnasien in Pontedera.
Du hattest auch schon mal daran gedacht, hier in Muglione ein Konzert zu organisieren, um den Bands von hier die Möglichkeit zu einem Auftritt zu geben und um die Jugendinfo unter den Jugendlichen bekannt zu machen. Aber von der Gemeindeverwaltung hieß es, die laute Musik wäre Ruhestörung.
PONTEDERA. Samstagabend fand zum ersten Mal das PontedeRock-Festival statt, bei dem die besten Musikgruppen der Gymnasien von Pisa und Umgebung einen ganzen Abend lang Musik und Unterhaltung boten. Neun Gruppen haben gespielt, denen wir wünschen, bald berühmtere Bühnen zu erklimmen, vielleicht sogar einmal beim Festival von Sanremo aufzutreten. Diesen Wunsch …
Du blätterst weiter. Reklame für den Schlussverkauf, Sonderrabatte, Werbeaktionen. Dann die Sportseiten mit ellenlangen Tabellen und Wertungen und Namen von Orten und Menschen, die du noch nie gehört hast. Auch ein Foto von Mirko ist dabei, deinem Nachhilfeschüler in Englisch, der keinerlei Fortschritte macht.
Man hat ihm eine ganze Seite gewidmet.
Colonna gewinnt den Bertolaccini-Pokal
Der kleine Champion des Radsportvereins UC Muglionese ist einsame Spitze
MONTELUPO. Es ist eine weitere Heldentat des jungen Talents Mirko Colonna, der gestern mit verblüffender Leichtigkeit seinen 13. Saisonerfolg feiern konnte. Als nach drei Vierteln der Strecke die besten Fahrer den Hügel von San Vito in Angriff nahmen und Einzelne vorpreschten, übernahm Colonna rasch die Führung und legte ein wahnwitziges Tempo vor. Nur sieben Sportler versuchten, ihm auf den Fersen zu bleiben, und das war ihr Fehler. Denn der Rhythmus, den das Ass aus dem Molise vorgab, brachte sie aus dem Takt. Schon auf dem Gipfel des Hügels hatte Colonna seine Verfolger um zwei Minuten abgehängt. Die kurze Abfahrt und der Gegenwind hätten den sieben eigentlich zugutekommen müssen, doch die Gruppe fand nicht recht zusammen, und Colonna zeigte keinerlei Anzeichen von Ermüdung, so dass er mit dreieinhalb Minuten Vorsprung ins Ziel fuhr. Der gleichfalls tüchtige Cenceschi vom Team Sigmaflex wurde auf den zweiten Platz verwiesen. Damit gewinnt Colonna das 22. Rennen des Trofeo Ettore Bertolaccini, das siebte Memorial Franco Beschi, den fünften Pokal der Gefallenen von Montelupo. Die Veranstaltung war ein großer Erfolg, nicht zuletzt dank der einwandfreien Organisation durch den Sportverein …
Du hörst auf zu lesen. Mehr als der Text beeindruckt dich das Foto von Mirko. Eine Menge Leute stehen um ihn herum, lauter Männer zwischen fünfzig und siebzig mit hochgerissenen Armen. Er selbst neigt den Kopf mit dem schief auf den Locken sitzenden Helm zur Seite und schaut dich mit dem müden Blick eines Jungen an, der mit vorgeschobener Unterlippe zu sagen scheint Bringst du mich jetzt bitte nach Hause?
Ein bisschen tut es dir leid, dass du ihm für die anderen Schulfächer eine Abfuhr erteilt hast. Was hast du denn schon zu tun? Die Reportage über deine Erfahrungen als Beschäftigte mit Zeitvertrag verfassen? Darauf warten, dass dein Amerikaner sich entschließt, dir zu schreiben? Den Krankenwagen für den nächsten Alten rufen, der kollabiert?
Du faltest die Zeitung zusammen und legst sie auf einen der Tische. Vielleicht war es Mirkos Rennen, das die Alten so fasziniert hat, wer weiß. Du wendest dich wieder deinem Schreibtisch zu, und da siehst du es plötzlich, auf der ersten Seite.
Beherzte Senioren schlagen rumänische Bande in die Flucht
MUGLIONE. Wenn kleine Ortschaften ihre Ruhe und ihren Frieden verlieren, wenn es gefährlich wird, auf den Straßen unterwegs zu sein, und die Behörden
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