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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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ich.
    »Übertreib nicht, wieso willst du mir ’ne neue kaufen?«
    »Sie ist wahrscheinlich verkratzt, was bin ich für ein Trottel.«
    »Aber ich bitte dich, so was kann passieren.«
    »Ja, aber es passiert eben, weil ich ein Trottel bin. Es liegt nicht an der Hand. Ich öffne tagtäglich DVDs, ich schwör’s, daran liegt es nicht. Ich bin aufgeregt. Ich bin hier mit dir und …«
    Ich spreche nicht weiter. Ich schaffe es nicht mal, sie anzuschauen, ich schäme mich kolossal. Am liebsten würde ich verschwinden, ja, ich hau ab. Ich bin jung, ich bin fit, wenn ich abhaue, kann sie mich nicht einholen.
    Tiziana versucht herauszufinden, wo die DVD gelandet ist: natürlich in der allerhintersten Ecke. Sie legt sich aufs Bett, streckt sich und tastet zwischen Nachtschränkchen und Wand herum. Ich halte es kaum aus, sie so zu sehen. Ihr Kleid rutscht hoch und legt die nackten Schenkel frei bis knapp unter die Stelle, wo die Beine aufhören und der wunderbare Rest anfängt … und die gesamte Szenerie fordert mich auf Bums mich jetzt, Fiorenzo, bums mich, oder es geschieht dir recht, dass du als Jungfrau stirbst . Aber ich rühr mich nicht vom Fleck und schaue zu, den Kopf gesenkt, die DVD-Hülle in der Hand. Wer weiß, was Giuliano sagen würde, wenn er mich so sehen würde. Es ist dermaßen unfassbar, dass sogar Stefanino mich mit Hohn und Spott überschütten würde.
    Aber was kann ich tun? Tiziana liegt ausgestreckt auf dem Bett, bewegt ihr Becken und macht sich so lang, wie sie kann, um ihren Lieblingsfilm vom Boden zu fischen, den ich gerade in den letzten Winkel des Universums geschossen habe, weil ich es nicht schaffe, eine bescheuerte DVD-Hülle aufzukriegen. Woher soll ich den Mut nehmen, mich jetzt über sie herzumachen?
    Nach einer endlos langen Minute hat Tiziana die DVD in der Hand und steht wieder auf, verschwitzt und rot im Gesicht, als hätte sie einen Marathon hinter sich. Ich reiche ihr die Hülle, den Arm ausgestreckt wie ein spastisches Kind. »Entschuldige«, sage ich.
    »Wofür denn?« Sie schaut mich an, sie schaut mich noch sonderbarer an als zuvor, dann sagt sie: »Weißt du was, Fiorenzo, ich mach das auch.«
    »Was?«
    »Das mit der Hand. Ich umwickle mir auch eine Hand mit einem Verband, wie deine Freundin.«
    »Wieso sagst du das jetzt?«
    »Weiß ich nicht, aber ich mache es.«
    »Aber nein, es ist wahnsinnig lästig und …«
    »Wenn deine Freundin das gemacht hat, kann ich das auch.«
    »Aber mit nur einer Hand kannst du rein gar nichts machen.«
    »Na und, dann öffne ich eben mal einen Tag lang keine DVDs.«
    »Aber die DVD hat mit der Hand überhaupt nichts zu tun, ich schwör’s! Ich wusste, dass du glaubst, es wäre deswegen, ich wusste es!« Ich muss lachen, weil Tiziana mit dem Finger auf mich zeigt und lacht. Sie macht sich über mich lustig. Das gefällt mir, auch ihr Lachen gefällt mir.
    »Ich glaube, ich hab sogar eine Mullbinde hier«, sagt sie. »Keine Ahnung, wo, aber ich habe eine.«
    »Bist du verrückt, lass das sein.«
    »Wieso denn, ich habe gesagt, ich mach’s, und damit basta. Außerdem ist morgen Sonntag, der ideale Tag. Sonntag ist der Tag der Mullbinde.«
    »Wie du willst. Aber ich würde ihn den Tag der Phantomhand nennen, das klingt besser.«
    »Na gut, dann also der Tag der Phantomhand. Könnte ganz amüsant werden.« Sie schaut mich an und muss wieder lachen.
    »Wenn’s dich glücklich macht«, sage ich. Aber in Wirklichkeit macht es auch mich glücklich. Sehr sogar.
    So glücklich, dass es kein Problem ist, als wir gleich darauf an der Wohnungstür den Schlüssel im Schloss hören, die Tür aufgeht und Tizianas Mitbewohnerin hereinkommt.
    Sie weint, wirft sich Tiziana an den Hals, die es erstaunlicherweise schafft, sich von dieser ganzen Masse Fett nicht umhauen zu lassen. Ihre Freundin jammert und schluchzt und stammelt irgendwas, und Tiziana spricht über die gut gepolsterten Schultern ihrer Mitbewohnerin hinweg mit mir. Fast im Flüsterton entschuldigt sie sich und sagt, dass sie nicht weiß, was sie jetzt machen soll und … Ich lächle sie an, lasse den Zeigefinger in der Luft kreisen und bedeute ihr damit, dass wir uns bald wiedersehen.
    Ich gehe, und als die Tür ins Schloss fällt, höre ich ihre Freundin noch viel verzweifelter losheulen.
    Ich dagegen bin glücklich. Na gut, außer wie ein Trottel dazustehen, habe ich nichts weiter zustande gebracht, aber dass Tiziana das mit der Phantomhand ausprobieren will, macht mir so gute Laune, dass ich

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