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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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Nightmare noch nicht mal gesehen. Ich weiß nur, dass Erika Blanc mitspielt, und, verdammt, wenigstens das muss ich ihr sagen. »Mit Erika Blanc, oder nicht?«
    »Genau. Originaltitel La plus longue nuit du diable , Regie Jean Brismée, Belgien 1971, aber in Wirklichkeit ist es eine halb italienische Produktion, die 1973 herauskam.«
    »Donnerwetter, du weißt ja alles darüber.«
    »Na ja, es ist mein persönlicher Klassiker. Und würdest du mir einen ganz großen Gefallen tun, Fiorenzo?«
    »Ja …«
    »Würdest du mich fragen, warum es mein persönlicher Klassiker ist?«
    »Klar, aber natürlich, das wollte ich gerade. Warum ist es dein persönlicher Klassiker?«
    »Also, erstens …« Tiziana verdreht lächelnd die Augen, setzt sich auf ihrem Stuhl gerade, lehnt sich nach hinten. Sie fängt mit ihrer Aufzählung an und nimmt dabei die Finger zu Hilfe wie ein Kind. »Also, erstens: Der Film beginnt mit einem Flashback in die Nazizeit. Zweitens ist der Soundtrack phänomenal. Drittens trägt Erika Blanc ein traumhaftes schwarzes Kunststoffkleid, das sie selbst entworfen hat. Viertens spielt Erika Blanc mit. Fünftens …«
    »Weißt du, dass ich ihn nie gesehen habe?«, sage ich.
    Tiziana hält inne, die fünf Finger in der Luft. »Was?« Sie schaut mich an, als hätte ich gesagt, ich wäre noch nie in meinem Leben in der Disco gewesen oder hätte noch nie ein Mädchen geküsst, was beides auch noch stimmt. »Du kennst ihn nicht, das gibt’s doch gar nicht!«
    Ich sage: »Doch, das gibt’s«, aber jetzt würde ich ihn unbedingt sehen wollen. Und darauf sie, dass wir ihn uns gemeinsam anschauen müssen. Ich schwöre, das sagt sie, sie sagt gemeinsam . Und sie sagt auch: »Ich hab ihn auf DVD, komm mit in mein Zimmer, ich zeig ihn dir.«
    In ihr Zimmer .
    Mit diesen drei Worten ändert sich alles. Na ja, vielleicht nicht alles, aber sie sagen zu hören in mein Zimmer , nachts und mit ihr allein hier in der Wohnung und mit dieser verführerischen Stimme, also, das beeindruckt mich schon. Denn in einem Schlafzimmer sind zwar alle möglichen Schränke, Kommoden und Accessoires, vor allem aber ist dort das Bett. Und wenn Tiziana mich dorthin bringt, weiß ich nicht, was passiert.
    Aber wahrscheinlich weiß sie es selbst nicht. Sie hat vorgeschlagen, dass wir in ihr Zimmer gehen, und mit einem Schlag sagt keiner von uns mehr einen Ton. Wir schauen uns an, ich räuspere mich, nur so zum Spaß.
    Aber unterdessen kriege ich eine zweite SMS, und dann noch eine. Jetzt sind es schon drei, und alle von Giuliano. Tiziana sagt: »Donnerwetter, du bist aber begehrt.« Ich bleibe vage und gehe hinter ihr her, und schon sind wir in ihrem Zimmer.
    Jede Menge Bücher und stapelweise Zeitungen lagern in den Regalen und auf dem Boden, Zeitschriften, Notizhefte und lose Blätter liegen herum, und an der Wand hängen zwei Schwarzweißposter: das Foto eines Jungen, der zwei große Weinflaschen schleppt, und ein mir unbekanntes Gebäude zwischen anderen Gebäuden, die offenbar Wolkenkratzer sind.
    Aber natürlich ist mir dieses ganze Ambiente so gleichgültig wie sonst was. Das Einzige, was mich in Bann zieht, ist das Bett, ein breites französisches Bett.
    Tiziana nimmt die DVD aus dem Regal und reicht sie mir. Das Cover zeigt Erika Blanc mit schreiend aufgerissenem Mund, im Hintergrund ein Schloss mit einem Turm und dazu den Filmtitel in Rot. Und selbstverständlich ist mir auch die DVD vollkommen gleichgültig.
    »Schau mal rein«, sagt sie. »Da ist das Originalfilmplakat drin, verrückt.«
    Ich versuche die Hülle zu öffnen, aber sie ist sehr fest verschlossen. Ich drücke sie mit dem rechten Arm gegen die Brust und fummle mit der Hand daran herum, normalerweise hätte ich sie im Nu geöffnet. Aber heute fällt mir sogar das Atmen schwer, ich brauche also länger. Außerdem steht Tiziana vor mir und schaut mir zu. Und sie ist drauf und dran, mir zu helfen, hält sich aber zum Glück zurück. Ich versuche es mit all meiner Kraft, aber dieses Scheißding gibt einfach nicht nach, es ist so fest verschlossen wie eine Auster oder wie ein Tresor (auch wenn ich mit beidem noch nie etwas zu tun gehabt habe). Also lege ich mich noch mehr ins Zeug, halte die Luft an und ziehe. Ich ziehe und drücke, und am Ende rutscht mir dieses verdammte Mistding aus der Hand. Und sobald die Hülle den Boden berührt, springt sie natürlich auf, die DVD schießt raus und verschwindet pfeilschnell unterm Bett.
    »Ich kauf dir ’ne neue!«, rufe

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