Fischerkönig
mit der schwarzen Schnauze, ›Aufziehen‹ der Käfigwand mit den Krallen, zuletzt hatte er herausgefunden, dass das Oberteil nur lose auf der Plastikwanne saß und hatte so lange dagegengestupst, bis es sich beim Herunterfallen so weit verschoben hatte, dass er ausbrechen konnte. Alfred war kreativ. Aber Heiko hatte jeden seiner Versuche mit einer Sicherheitsmaßnahme beantwortet, und momentan stand es 3:3. Und vor allem den Draht zwischen Käfig und Plastikwanne entdeckte der Hase nicht. Dabei war es nicht so, dass er keinen Auslauf hatte. Heiko ließ ihn auf dem Balkon oder auch mal in der Wohnung laufen, sooft es ging. Er war nur gerne dabei, wegen der Bussarde. Denn obwohl es für einen erwachsenen Mann etwas kindisch war, ein Kaninchen liebzuhaben – Alfred würde ihm schon fehlen. Er streichelte den Kopf mit den mahlenden Kiefern, die mit unglaublicher Geschwindigkeit den Löwenzahn vernichteten. Mit Lisas Kater Garfield dagegen kam er überhaupt nicht klar. Das Vieh konnte ihm gestohlen bleiben, denn die Katze hasste ihn bis aufs Blut, weil sie wahnsinnig eifersüchtig war. Heiko war eben auch ein Hundemensch. Nachdem er auch Sita, die die ganze Zeit anklagend danebengestanden hatte, gefüttert hatte, legte er ihr das Halsband um und machte mit ihr einen ausgedehnten Spaziergang.
Der junge Mann triumphierte. Das geschah dem Alten ganz recht. Es war nicht unbedingt so, dass er sein Leben zerstört hätte. Das wäre definitiv zu viel gesagt. Aber man konnte durchaus sagen, er hatte verschiedene Dinge verzögert. Angenehme Dinge. Einfach hinausgeschoben. Dinge, auf die er jetzt warten musste, länger als seine Kumpels, länger als nötig. Nicht zuletzt verschlechterte das Ganze seine Chancen bei den Frauen. Es ging ihm ja nicht darum, eine großmächtige Beziehung zu haben. So mit Verlobung nach einiger Zeit und so. Noch nicht. Später einmal ja. Dafür war er gerade aber definitiv noch zu jung. Momentan ging es ihm um andere Sachen. Er würde nämlich schon mal gern zum Zug kommen. Nicht, dass es ungewöhnlich gewesen wäre, mit 19 noch Jungfrau zu sein. Da hatte er kein Problem damit. Seine Kumpels taten zwar alle so, aber von all den Storys, die sie so zum Besten gaben, stimmte maximal die Hälfte, maximal , das wusste der junge Mann. Er machte sich keinen Stress. Aber das, was der alte Sack ihm weggenommen hatte, hätte seinen Teil zu diesem Projekt, mal eine aufzureißen, beigetragen, da war er sich ganz sicher. Und deshalb geschah es dem alten Sack recht, ganz recht. Er wusste zwar, dass es nicht okay war, geradezu unanständig. Aber erst gestern, als es klar gewesen war, auf dem Angelvereinsfest, da hatte er sich dabei erwischt, wie er sich ausgemalt hatte, wie die Kette in den dürren Hals eingeschnitten und ihn zugezogen hatte. Und er hatte sich irgendwie darüber gefreut.
Montag, 11. August 2014
Die beiden Kommissare saßen zusammen mit Simon im Büro. Mit dem kleinen Schwaben hatten sie, neben Uwe, am meisten zu tun. Denn Simon war Kriminalobermeister und ihnen somit quasi unterstellt. Simon wurde von den beiden mit diversen Laufjobs betraut, was ihm meistens so gar nicht passte und erheblich an seinem Stolz kratzte. Trotzdem verstanden sich die drei sehr gut, vor allem, seit Simon aufgehört hatte, Lisa hinterherzutrauern, die er ja immerhin auch gerne gehabt hätte. Nun war er seit einem knappen Jahr mit Regina liiert, die weder Heiko noch Lisa jemals zu Gesicht bekommen hatten, mit der er aber durchaus glücklich zu sein schien. Jedenfalls leuchteten seine Augen, wenn er von ihr redete. »Der Uwe hat bestimmt schon was für euch«, gab Simon zu bedenken und nippte an seinem Automatenkaffee. Das Büro der beiden Kommissare war nicht ungemütlich. Aber im Vergleich zu den Büros der Kollegen war es deutlich individueller – statt der üblichen Gummibäume und Fici Benjamini schmückte die Fensterbank nämlich einerseits Heikos Mineraliensammlung und andererseits eine Auswahl von Lisas Orchideen, die sie hegte und pflegte. In letzter Zeit hatten die beiden jungen Beamten auch versucht, Simon etwas stärker in die Arbeit als Kommissar einzuführen, da sich der 40. Geburtstag des Kriminalobermeisters näherte, was wiederum automatisch zu seiner Beförderung zum Kommissar führen würde. Deshalb hatte Schorsch angeordnet, dass die zwei ihn ein bisschen unter ihre Fittiche nehmen sollten. Und so hatte Heiko ihm die bisherigen Ermittlungsergebnisse mitgeteilt.
Kurze Zeit später befanden sich
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