Fischerkönig
sicheren Seite.«
»Umso unwahrscheinlicher, dass der Kerl einen blinkenden Schlüsselanhänger verliert«, konstatierte Heiko.
»Aber immerhin möglich«, meinte Lisa. »Wir werden sehen.«
»Und übrigens auch auf diesem Kassenheft: Nichts Spektakuläres, nur Sieglers Abdrücke.« Die Überlegungen der vier Kriminalbeamten wurden durch energisches Handyklingeln unterbrochen. Heiko nahm das Gespräch an und unterhielt sich kurz. Dann legte er auf und sagte: »Die Hegenbacherin ist aufgewacht. Und sie kommt durch.«
Heiko und Lisa betraten nur Minuten später das Klinikum Crailsheim, das ja vom Polizeirevier lediglich gute 200 Meter entfernt war. Heiko hasste die Klinikatmosphäre. Sie erinnerte ihn immer an den Tod seines Opas, den er wirklich sehr gern gehabt hatte. Seine Oma lebte noch und erfreute sich, den Umständen entsprechend, guter Gesundheit. Sie wohnte zusammen mit seinem Onkel Sieger in Cröffelbach.
Sie hatten von dem Anrufer auch die Nummer des Zimmers erfahren, in dem Lilli Hegenbach lag. Die Ermittler bestiegen den Aufzug und standen kurz darauf vor der Zimmertür. Auf ihr Klopfen hin wurde matt Antwort gegeben. Heiko und Lisa waren in jenem Moment beide erleichtert, diese Stimme zu hören, obwohl sie sie eigentlich gar nicht kannten. Die Tür schwang auf, und sie sahen Frau Hegenbach im Bett liegen, hinfällig und schwach wirkend, aber nicht mehr so blass und schlaff wie gestern. »Sie sind die Kommissare«, stellte die zierliche Frau mit schleppender Stimme fest. »Und Sie sind schuld, dass es mich noch gibt.« Während Heiko einfach in der Tür stehen blieb, unfähig, darauf zu reagieren, zog Lisa sich einen Stuhl zum Bett und griff nach der schmalen linken Hand, die, anders als die rechte, frei von Infusionsschläuchen war. Ein weiterer Schlauch führte von einem Schwämmchen, das in der Nase der Patientin steckte, zu einer Öffnung in der Wand, und ein zischendes Geräusch verriet, dass es sich dabei wohl um Sauerstoff handeln musste. »Sagen Sie doch so etwas nicht, Frau Hegenbach. Man bringt sich doch nicht um.« Auch sie fühlte sich nun etwas hilflos und warf Heiko einen suchenden Blick zu, der aber mit dieser Art von Themen definitiv hoffnungslos überfordert war. »Sie haben schon selbst … ich meine … oder hat jemand … Sie wissen schon.« Der zierliche Kopf drehte sich leicht nach links und rechts. »Ich wollte es«, wisperte die Frau, und ihr Blick wurde von Tränen getrübt. »Es ist nicht mehr schön ohne ihn.« Lisa nickte und erkannte, dass es wenig Sinn hatte, die Frau in ihrem Zustand mit irgendwelchen Theorien zu belasten, wonach sie die Mörderin sein könnte. »Ich kann nachvollziehen, was Sie sagen, auch, wenn ich Ihren Schritt nicht verstehen kann.«
»Haben Sie schon einmal so geliebt?«, fragte die Frau und klammerte sich regelrecht an Lisas Blick. Lisa schluckte. Ja. Stefan. Erst Stefan und dann Heiko. Sie liebte ihn, mehr, als sie jemals jemanden zuvor geliebt hatte. Es war keine Liebe, die man sich eingestand. Es war vielmehr eine Liebe, die vorhanden war, tief und fest, und die spürbar war, sobald sich ihre Blicke trafen, sobald sie sich sahen. Lächelnd wies sie auf Heiko. »Den da liebe ich«, bekannte sie freimütig. Lilli Hegenbach schien Heiko erst jetzt richtig wahrzunehmen. »Sie haben schöne Augen«, stellte sie in seine Richtung fest. Heiko lächelte unbeholfen und bedankte sich dann murmelnd für das Kompliment. »Es ist doch außerdem nicht so, dass Sie niemanden hätten. Frau Morgner ist doch eine gute Freundin von Ihnen, nicht wahr?« Die Kranke schloss kurz die Augen, was Lisa als Zustimmung deutete. Trotzdem vertiefte sie das Thema nicht weiter, weil es wohl im Großen und Ganzen doch recht trostlos war, wenn man zwar eine gute Freundin hatte, dafür aber kinderlos war und sein Leben ganz auf einen Mann fixiert hatte, der einen nicht wollte. »Sie denken jetzt bestimmt, ich war es«, kam es plötzlich vom Bett. Auf dem Fensterbrett saß ein Spatz und äugte neugierig herein, als wolle er der Unterhaltung lauschen. »Auf die Idee könnte man kommen, ja«, schaltete sich Heiko ein, endlich einmal, und trat aus dem Schatten der Tür heraus. Die Patientin lächelte traurig. »Ich nehme an, ich kann mir sparen, Sie aufzuklären, in welchem Verhältnis ich zum Walter gestanden habe, da Sie wahrscheinlich ohnehin schon Bescheid wissen, nicht?«, vermutete sie. Lisa hob entschuldigend die Schultern. Die Frau seufzte und fuhr dann fort: »Wissen
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