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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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beste Freundin aus ihrer Zeit in Nordrhein-Westfalen. »Tach, Lisa«, begrüßte Eva ihre Freundin, umarmte sie stürmisch und schüttelte anschließend Heiko mit festem Griff die Hand. Heiko konnte Eva leiden, auch wenn er ihr nie verzeihen würde, dass er wegen ihr nicht nur einen, sondern gleich zwei Salsatanzkurse hatte machen müssen. Den ersten hatte Eva nämlich Lisa zum Geburtstag geschenkt, für zwei natürlich, und den zweiten hatten sie machen müssen, weil sie wider Erwarten das beste Paar im Kurs gewesen waren. Uwe trat ein und schnupperte.
    »Keine Gemüsesticks auf dem Grill?«, vergewisserte er sich und grinste. Eva strich tadelnd über seinen Bauch und meinte: »Na, so ein bisschen Gemüse täte dir auch mal nicht schlecht.«
    Uwe verdrehte die Augen. »Hey, also jetzt hör aber auf! Du hast ja keine Ahnung, was wir gestern erleiden mussten. Das war …« – sein Blick nahm etwas Gehetztes an, und seine Stimme wurde zu einem heiseren Flüstern – »einfach furchtbar!« Eva lachte, doch Heiko sprang seinem Freund und Kollegen bei.
    »Also, die Freundin vom Simon …«
    »Die Verlobte«, unterbrach Lisa.
    »Wie bitte?«
    »Die beiden sind verlobt.«
    »Ja, richtig, also die Verlobte vom Simon, die Regina, die ist ja ganz nett. Aber stell dir vor, die hat Blumen auf den Salat gestreut! Und dann gab es kein Fleisch, aber dann auch nicht mal einen Käs oder ein Ei, sondern nur so Gemüsedreck! Und Tofu! So ein teigiges, weißliches Etwas!« Eva grinste. »Lach net!«, forderte Uwe. »Und zum Trinken nicht mal ein Bier, sondern … wie hieß dieses Zeug, Heiko?« Heiko setzte sein bestes Ekelgesicht auf und stieß dann hervor: »Ingwerlimonade! Uäh!«
    »Ach, apropos Trinken«, schaltete sich Lisa ein. »Wer will ein Bier?«

    Den Rest des Abends verbrachten die beiden Paare auf dem Balkon, bei lauen Temperaturen, Grillenzirpen, Licht aus den Mosaikwindlichtern, Hasen– und Hundeknuddeln und vor allem den leckersten Steaks der Welt, vielleicht abgesehen von denen auf dem Tiefenbacher Maifest.

    Heinz Hintermann fischte Fliegen. Das heißt, er fischte nicht nach Fliegen, sondern mit Fliegen. Und auch nicht mit richtigen Fliegen, sondern mit Spezialfliegen, die man im Handel kaufen konnte. Er mochte solche Spielereien, und er hatte sich auch über den Anhänger gefreut, den seine Frau ihm geschenkt hatte, obwohl er keinen direkten Nutzen hatte. Er fragte sich, ob er den Anhänger später einmal zurückhaben könnte, wenn alles über die Bühne war. Oder man könnte einfach einen neuen kaufen. Wäre ja auch nicht so toll, einen Anhänger mit sich herumzutragen, der ein Beweisstück in einem Mordfall war. »Siehsch, mit Schwung«, sagte er zu seinem Sohn, der ihn heute begleitete und bezüglich des Fliegenfischens etwas von ihm lernen wollte. Und man konnte auch etwas von ihm lernen, denn er war der König des Fliegenfischens. Sozusagen der Fliegenfischerkönig. Und bald wäre er auch ganz offiziell der Fischerkönig, man müsste nur noch ein bisschen warten, wegen der Pietät und so. Heinz Hintermann holte aus und schwang die Rute kraftvoll nach hinten und wieder nach vorne. »Die Fliege ist ganz leicht, und da benutzen wir logischerweise kein Senkblei«, erläuterte er wispernd. Fische mochten keine lauten Geräusche und verzogen sich schnell. Inzwischen hatte er die Rute mehrmals vor- und zurückschnellen lassen und ordentlich Schwung drauf. Mit einem letzten kraftvollen Ruck warf er die Fliege schließlich weit in den Fluss hinaus. An dieser Stelle war die Jagst zwar durchaus schnellläufig, aber nicht reißend. Ideal also für Forellen. Ein peitschender Laut begleitete das Herabsenken der Fliege aufs Wasser, und mit einem leisen, fast lautlosen Platschen, das nur zu hören war, weil es ringsum gänzlich still war, tauchte sie ganz leicht und oberflächlich ein. Das war ja das Schöne am Angeln: die Ruhe. Deshalb konnten auch Frauen nicht angeln. Sie würden ununterbrochen quatschen und die Fische vertreiben. Und es ging nicht nur darum, dass man die Fische nicht vertreiben wollte. Nein. Es ging um viel mehr. Es ging um die Ruhe im eigentlichen Sinn. Einswerden mit der Natur. Ein Jäger sein. Seine Frau unterstellte ihm immer, dass das so eine Steinzeitsache sei, und vielleicht hatte sie gar nicht so unrecht. Denn die Jagd und die Freude über den Erfolg, das Kräftemessen mit den Tieren und auch untereinander lag einfach in der Natur des Mannes, das konnte man drehen, wie man wollte. Und so

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