Fischland Mord - Küsten-Krimi
Leiche in
ihrer Pension und den Verdächtigungen der Polizei. Dietrichs Identität behielt
sie für sich, aber sie gab Susanne Boes Brief und Siegel darauf, von ihm nichts
zu befürchten zu haben.
»Trotzdem erwähnen Sie bitte niemandem gegenüber, dass
er bei Ihnen war. Oder wir. Das ist sicherer für alle
Beteiligten«, schärfte sie ihr ein. Menning durfte das unter keinen Umständen
zu Ohren kommen.
Susanne Boes ließ sich das alles lange durch den Kopf gehen. »Das
ist schwierig für mich. Ich muss Ihnen blind vertrauen, und ich wüsste
nicht, weshalb ich das tun sollte. Ich kann nicht mir nichts, dir nichts sofort entscheiden, zur Polizei zu gehen und mich
in eine Sache verwickeln zu lassen, die mir sehr groß vorkommt. Zu groß für
mich.«
»Vielleicht möchten Sie das mit jemandem besprechen, der Ihnen
nahesteht?«, schlug Paul vor und nahm den Bleistift wieder zur Hand, um seine
Handynummer auf den Rand des Porträts von Raimund Degenhard zu kritzeln. Er
riss das Stück Papier ab und reichte es Susanne Boes, die Zeichnung steckte er
ein. »Wenn Sie zu einem Entschluss gekommen sind, rufen Sie mich an.«
Wie aufs Stichwort klingelte Kassandras Handy. Sie warf einen Blick
aufs Display und erschrak. »Ja?«, meldete sie sich und hoffte, dass ihre Stimme
nicht ihre Gefühle verriet.
»Kassandra, wo steckst du?«, fragte Arnold.
Was sollte sie sagen, von wo rief er an? Sie hatte keine Zeit, lange
zu überlegen, sie musste das Risiko eingehen. »Zu Hause, wo sonst?«
Arnold ließ sich einen Atemzug Zeit für seine Antwort. »Dann muss
was mit deinem Festnetzanschluss nicht in Ordnung sein. Ich habe schon zweimal
versucht, dich zu erreichen.« Er schwieg, als erwarte er eine Erklärung.
Kassandra brauchte eine Ausrede, sofort. Ihr Blick fiel auf Susanne
Boes’ CD -Sammlung. »Ich sitze am PC mit Musik auf dem Kopfhörer, wahrscheinlich hab ich
das Telefon deshalb nicht gehört. Das Handy liegt hier neben mir. Was gibt’s
denn?« Mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie normalerweise schon auf dem Weg
zum Hafen hätte sein müssen, um Arnold abzuholen. »Ich wollte gleich los, dich
einsammeln. Ist Jonas früher wieder eingelaufen?«
Wieder schwieg Arnold kurz. Überlegte er, ob sie die Wahrheit sagte?
»Da liegt das Problem. Jonas’ Motor hat den Geist aufgegeben. Er kann nicht
sagen, wann wir im Hafen ankommen. Ich melde mich, okay?«
»Auch das noch. Aber er kriegt das bestimmt wieder hin. Ich warte
auf deinen Anruf.« Erleichtert beendete sie das Gespräch und hätte das Handy
fast fallen lassen. Tief durchatmend ließ sie es zurück in ihre Tasche gleiten.
»Alles in Ordnung?«, fragte Paul.
»Hoffentlich«, gab Kassandra leise zurück.
»Wer war das?« Zweifellos hatte Susanne Boes Kassandras Anspannung
mitbekommen. Vielleicht half das sogar, sie zum Nachdenken zu bringen, sie
wirkte unruhiger als zuvor.
»Das wollen Sie nicht wissen. Bitte denken Sie über das nach, was
wir Ihnen gesagt haben.« Kassandra erhob sich. »Wir müssen los, Paul.«
»War das der Mann von der Zeichnung?« Susanne Boes blieb hartnäckig.
»Wir werden Ihnen erst mehr sagen können, wenn wir wissen, dass Sie
auf unserer Seite stehen«, sagte Paul, der ebenfalls aufgestanden war. »Sie
haben meine Nummer. Treffen Sie die richtige Entscheidung.«
Als hätten sie es verabredet, redeten Kassandra und Paul nicht, bis
sie im Wagen saßen. Kassandra sah auf die Uhr. Wenn Jonas den Zeitplan
einhielt, würde alles gut gehen. Sie verdrängte ihre Nervosität, während Paul
den Motor anließ. »Klang ziemlich überzeugend, was Frau Boes erzählt hat, aber
eine Garantie gibt’s nicht«, stellte sie fest.
»Die Frage ist, was Arnold ihr bedeutet. Hat sie ihm das Alibi nur
des Geldes wegen beschafft, oder ist sie noch in ihn verliebt?«
»Nach zweieinhalb Jahren?« Kassandra bezweifelte das. »Wenn ich
richtig rechne, hat sich Arnold von Susanne Boes getrennt, als er Tina begegnet
ist.«
Paul schwieg, bis er an einer roten Ampel halten musste. »Das heißt
nur, dass Arnold sich anders orientiert hat, nicht, dass sich Susanne Boes’
Gefühle geändert haben«, erwiderte er.
»Zweieinhalb Jahre sind eine lange Zeit«, beharrte Kassandra.
Die Ampel schaltete auf Grün, und Paul gab Gas, mehr als notwendig.
»Zeit kann an Bedeutung verlieren, wenn man liebt.« Kassandra warf ihm einen
scharfen Blick zu, aber er sprach schon weiter. »Allerdings gebe ich dir recht,
sie macht nicht den Eindruck einer Frau, die der Vergangenheit
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