Fischland Mord - Küsten-Krimi
stattdessen einen
Geschäftsführer eingestellt zu haben. Sie war nach Wismar zurückgekehrt,
hatte allerdings bald gemerkt, dass es ohne ihre Mutter nicht
mehr dasselbe war, und endgültig verkauft. Mit dem Erlös
konnte sie ihren Traum vom Fischland verwirklichen und ganz neu
anfangen.
Langsam ging Kassandra hinüber in die Küche. Sie spülte das Teeglas
aus und stellte bereit, was sie am nächsten Morgen für das Frühstück ihrer
verbliebenen Gäste brauchen würde, dann ging sie endlich ins Bett. Aber es war
ein zu ungewöhnlicher und vor allem beunruhigender Tag gewesen.
Trotz aller Müdigkeit konnte sie lange nicht einschlafen.
3
Am nächsten Morgen schreckte sie wie von der Tarantel
gestochen hoch, als auf dem Flur das Telefon klingelte. Sie hatte
verschlafen! Kassandra sprang aus dem Bett, griff nach ihrem
Morgenmantel und hetzte auf den Flur.
»Pension ›Woll tau seihn‹, mein Name ist Kassandra
Voß, was kann ich für Sie tun?«, meldete sie sich hektisch,
während sie vergeblich versuchte, in den linken Ärmel zu schlüpfen.
»Erreiche ich bei Ihnen Herrn Thun?«, erkundigte sich
eine weibliche Stimme zögernd.
Mitten in der Bewegung erstarrte Kassandra. Was sollte sie sagen?
»Ähm, nein, ich fürchte nicht, ich …«
»Oh, Verzeihung, ich habe mich wohl geirrt, Wiederhören.«
»Halt, warten Sie!«, rief Kassandra, um die Anruferin aufzuhalten,
aber zu spät, das Gespräch war unterbrochen – und sie hatte sich die
Telefonnummer auf dem Display nicht ganz merken können. Es war alles viel zu
schnell gegangen. Als sie im Menü unter angenommene Anrufe nachsehen und
zurückrufen wollte, drückte sie in der Aufregung auf den falschen Knopf – und
die Nummer war gelöscht.
Leise fluchend huschte sie schnell unter die Dusche, wo sie
entschied, dass sie der Polizei besser trotzdem von dem Telefonat erzählen sollte. In Rekordzeit schaffte es Kassandra, für die Bergers das
Frühstück zu machen, bevor sie bei der KPI in Anklam
anrief und ausgerechnet mit Dietrich verbunden wurde. Mit dem Telefon am Ohr
verließ sie den Frühstücksraum, in dem sie bereits begonnen hatte, den
zweiten Tisch einzudecken. Sie schilderte Dietrich das kurze
Gespräch und setzte sich dabei in einen Gartenstuhl auf der Terrasse.
»Die Dame hat nicht ihren Namen genannt?«, erkundigte
er sich in einem Tonfall, als ob Kassandra absichtlich etwas
ausließ.
»Nein, und bevor Sie fragen: Ich kann Ihnen die Nummer
nicht vollständig sagen, nur die ersten Ziffern.«
Dietrich wiederholte die Zahlen, antwortete aber
ansonsten nicht gleich, und Kassandra hätte sich fast schon
tausendmal entschuldigt, da meldete er sich wieder zu Wort. »Wir
werden uns wegen eines Verbindungsnachweises an Ihre
Telefongesellschaft wenden müssen«, sagte er. »Wie klang die Stimme? Alt oder
jung?«
Kassandra überlegte. »Eher jung, aber sie hat ja nicht viel gesagt.«
»Falls sie noch mal anrufen sollte, versuchen Sie, sie
festzunageln.« Dietrich klang etwas genervt. »Sie hätten nicht
gleich sagen sollen, dass Herr Thun bei Ihnen nicht zu erreichen ist.«
»Entschuldigung«, sagte Kassandra automatisch und ärgerte sich
sofort. »Nächstes Mal gehen am besten Sie an mein Telefon.« Sie wusste, dass
sie pampig klang, trotzdem befriedigte es sie, denn es machte ihre
blöde Entschuldigung wett. Zu ihrer Überraschung lachte Dietrich.
»Vielleicht sollte ich das tun.« Gleich darauf verschwand jedoch
jeglicher Humor aus seiner Stimme. »Oder wir hören es ab. Keine schlechte Idee
eigentlich. Wiedersehen, Frau … Voß.« Er legte auf.
»Mistkerl«, sagte Kassandra vernehmlich.
»Probleme?«
Kassandra schreckte hoch. Du hast mir gerade noch
gefehlt, dachte sie, als sie Heinz Jung am Gartenzaun stehen sah.
Wie lange hatte er schon zugehört?
»Nein, tut mir leid. Brauchen Sie welche?«, antwortete
sie schnippisch.
Jungs linke Braue zuckte nach oben, er war es noch nicht gewohnt, dass Kassandra sich widerspenstig zeigte. Er schürzte die Lippen
und versuchte, sie niederzustarren. Sie starrte zurück, nicht gewillt, hier den
Kürzeren zu ziehen. Am Ende sah Jung als Erster weg und verschwand wortlos in
seinem Haus.
»Sehr schön!«
Schon wieder fuhr Kassandra herum. Jonas stand an seinem eigenen
Gartenzaun und applaudierte.
»Findest du?« Sie begann bereits, sich besser zu fühlen.
»Ich habe Jung selten den Rückzug antreten sehen. Er
muss sich nicht sehr häufig geschlagen geben. Und nur bei einer
Gelegenheit tat er mir
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