Fischland Mord - Küsten-Krimi
ganz Wustrow dazu.«
Jonas nickte. »Geh ruhig. Wir melden uns.«
Paul ließ sie schweigend hinaus.
Bis zur Strandstraße gingen Kassandra und Jung ohne ein Wort, keiner
wusste, was er mit dem anderen reden sollte. Kassandra überlegte, ob sie Jung
noch mal auf das Foto ihrer Mutter ansprechen sollte, doch sie wurde von
Violetta abgelenkt, die auf sie zukam. Deren Blick wirkte ähnlich entgeistert
wie neulich vor Pauls Haus. Was hast du nun noch mit Jung vor?, schien sie zu
fragen.
Auf einmal traf es Kassandra wie ein Blitzschlag. Violetta und ihre
Krimis! Sie hatten für keine ihrer Vermutungen Beweise, aber vielleicht würden
der oder die Täter sie ganz von selbst liefern. Tina hatte recht, sie konnten
sie dazu bringen. Nicht auf die brutale Art, wie sie es bei Arnold versucht
hatte, sondern subtiler. Es war verrückt, aber es konnte funktionieren. Und
falls es funktionierte, hatte die Polizei gar keine andere Wahl, als etwas zu
unternehmen. Nichts konnte mehr »unter den Teppich gekehrt werden«, wie Paul es
ausgedrückt hatte, wenn sie den Ball auf diese Weise ins Rollen brachten.
Abrupt blieb Kassandra direkt vor Violetta stehen. »Kannst du
Raimund Degenhard dazu bringen, mit dir auf eine Party zu gehen?«
Verständnislos wanderten Violettas Augen zwischen Kassandra und
Heinz Jung hin und her. »Raimund? Weshalb?«
»Schaffst du das? Es ist wichtig.«
»Wie wichtig?«
»Es geht um Leben und Tod. Wörtlich genommen.«
»Was haben Sie vor, Frau Voß?«, fragte Jung argwöhnisch.
»Erklär ich Ihnen später«, erwiderte Kassandra, ohne den Blick von
Violetta zu nehmen. »Es ist wichtig.«
»Hat das was damit zu tun, dass ich dich von Kesting wegholen sollte
und dass du frühmorgens um sechs aus Paul Freeses Haus kamst?«
Kassandra hörte Heinz Jung husten, ging aber darüber hinweg. »Ja.«
»Einverstanden«, stimmte Violetta zu. »Ich krieg das hin, wann soll
die Party steigen?«
»Ich sag’s dir, sobald ich es weiß. Entschuldige mich, ich muss was
organisieren.« Sie ließ Violetta stehen und zog Jung mit sich, zurück zu Paul.
Arnold musste eben noch ein bisschen länger warten, als Erklärung diente ihr
Jung dann genauso gut.
Ein paar Minuten später saßen sie wieder bei Paul, und Kassandra
erzählte von ihrer Idee mit Jonas’ Überraschungsgeburtstagsparty – und der
Gästeliste mit dem Überraschungsgast.
Ihr Plan wurde unterschiedlich aufgenommen. Jonas fand ihn amüsant.
»Mit ein bisschen Glück könnte das klappen.«
Paul war hin- und hergerissen. »Wenn das schiefgeht, haben wir keine
zweite Chance«, wandte er ein, aber Kassandra sah ihm an, dass die Idee ihm
gefiel.
Heinz Jung war strikt dagegen. »Ihr seid übergeschnappt. Wir sind
doch hier nicht in einem Kriminalroman! Wenn Sie mich als Alibi für die
Gemeindevertretersitzung wollen, spiele ich mit, bis wir zu Hause sind. Wir
können uns da gern lauthals für Kesting streiten, aber mehr ist nicht drin.«
Kassandra hatte befürchtet, dass Jungs Votum so lauten würde. »Das
macht zwei dafür, einer dagegen. Paul, es hängt an dir.«
Paul heftete seinen Blick auf Heinz Jung, doch der reagierte nicht.
»Gut. Machen wir’s.«
»Du bist verrückt«, sagte Jung. »Nichts und niemand wird dich je
ändern. Dabei sollte man meinen, dass du schon oft genug auf die Schnauze
gefallen bist.«
»Seit wann schert dich das?«, fragte Paul ruhig. »Kassandra, streite
dich mit Heinz vor deiner Haustür. Jonas und ich kümmern uns um alles,
einschließlich Violetta.«
Kassandra folgte Jung, der ein paarmal »absurd« vor sich
hingrummelte, nach draußen. Kurz schaute sie zurück zu Jonas und Paul, die schon ihre Köpfe zusammensteckten und anfingen zu planen.
War es wirklich eine gute Idee? Oder hatte Jung recht?
Der zumindest hielt Wort. In der Lindenstraße fing er ein lautes
Streitgespräch an, in das Kassandra bald einstieg, was ihr unter den gegebenen Umständen nicht weiter schwerfiel. Während sie zu Hause
aufschloss, brüllte sie Jung an, er könne sie mal mit seinen Verordnungen, und
knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
Arnold kam ihr auf dem Flur entgegen. »Nicht gut gegangen?«
»Nein!« Kassandra beschloss, dass sie ihre Enttäuschung über Heinz Jung ruhig an Arnold auslassen konnte, und knallte ihm ebenfalls
eine Tür vor der Nase zu. Angesichts ihres Stimmungstiefs entschied er
offenbar, sich von ihr fernzuhalten, was Kassandra einige Stunden Ruhe bescherte.
Letzten Endes waren sie aber doch eher nervenaufreibend,
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