Fischland Mord - Küsten-Krimi
Degenhard wegen ein und derselben Sache erpresst
– mit doppeltem Verdienst sozusagen? Diese Affäre lag
allerdings länger zurück als das Verhältnis von Violetta und
Degenhard, und dessen Frau hatte offenbar davon gewusst. Durch Kind? Hatte
der seine Drohung wahr gemacht, weil Tina Bodenstedt sich
geweigert hatte, auf die Erpressung einzugehen? War der Mord an Kind ihre Rache gewesen? Oder hatte er womöglich noch etwas anderes über
sie erfahren, und bevor er erneut was über sie ausplaudern konnte, hatte sie
dafür gesorgt oder sorgen lassen, dass das nicht passierte? Kassandras Gedanken
überschlugen sich.
»Bist du noch dran?«, fragte Mona.
»Ja. Hast du Degenhard selbst auch getroffen?«
»Das war ein Weiberabend, Kerle unerwünscht. Durchaus
zu empfehlen für Frauen wie dich, damit du ausspannen kannst von
deinen diversen Männerbekanntschaften.«
»Hahaha«, machte Kassandra.
»War nur ein gut gemeinter Rat. Hör zu, dieser Degenhard ist meiner
Meinung nach ein mieser Typ, der schon immer allen Röcken
hinterherlief, aber das ist offenbar seine einzige Schwäche. Ein
Schläger oder sonst wie brutal scheint er nicht zu sein, meinte eine andere
liebe Freundin von Cornelia, die ich kennenlernen durfte und die absolut nichts
gegen Tratsch einzuwenden hat. Wenn eine Frau Nein
sagt oder wenn ihm ein Mann in die Quere kommt und Besitzansprüche geltend
macht, akzeptiert er das. Folglich eher jemand, der
Konfrontationen aus dem Weg geht. Klingt mir nicht nach dem typischen Mörder.«
»Vielleicht ist Violetta deshalb von seiner Unschuld überzeugt.«
»Ja, möglich. Tut mir leid, dass diese Spur im Sand verläuft.«
»Nicht deine Schuld. Danke auf jeden Fall, du hast was gut bei mir.«
»Ich erinnere dich gelegentlich dran, wenn ich das
Bedürfnis verspüren sollte, deinen Fischer und deinen Künstler
kennenzulernen«, sagte Mona fröhlich. »Also, mach’s gut, und pass auf dich
auf.«
Langsam kehrte Kassandra zu ihrem Tisch zurück. Arnold hatte ein
zweites Glas Wein bestellt und sah sie erwartungsvoll an. »War’s wichtig?«
»Eine Freundin von früher.«
»Eine, die ähnlich mitteilungsbedürftig ist wie Violetta?«, witzelte
Arnold.
»Ich kann mir keine unterschiedlicheren Frauen
vorstellen«, gab Kassandra wahrheitsgemäß zurück. »So, das Handy
ist ausgeschaltet, der Rest des Abends sollte ungestört verlaufen.«
»Es sei denn, Jonas kommt unvermutet vorbei.«
»Halte ich für unwahrscheinlich.« Kassandra lachte und
hoffte, dass es nur für ihre Ohren etwas gezwungen klang. »Erzähl mir von
dir und deinem Künstlerleben.«
»Das ist ein weites Feld. Was willst du hören?« Er wartete ihre
Antwort gar nicht ab, sondern war bald mitten in einer ganzen Reihe von
Anekdoten seiner Ausstellungsreisen rund um die Welt. Kassandra
bemerkte zwei Dinge: Er konnte ausgesprochen fesselnd erzählen,
es machte Spaß, ihm zuzuhören – aber er gab dabei erstaunlich wenig über sich
persönlich preis. Als die Terrasse sich immer mehr zu leeren begann, brachen
sie auf und schlenderten die Strandstraße hinauf.
Kassandra hatte keine Ahnung, wo Arnold untergekommen war,
aber sie nahm an, dass er sie nach Hause bringen wollte. Sie zwang sich, den
Gedanken an das, was er vielleicht erwarten würde, von sich zu schieben. Darum
würde sie sich kümmern, wenn es so weit war.
»Jetzt habe ich dauernd von mir geredet, und ich weiß
gar nichts über dich«, sagte er.
»Ich bin völlig uninteressant«, wehrte Kassandra ab.
»Das würde ich nicht unterschreiben. Wie war das zum Beispiel mit diesem Larsen, den Gerlinde gestern erwähnt hat? Dessen Name ist ja
sogar durch die überregionale Presse gegeistert. Du warst mit dem
verheiratet?«
Kassandra zog eine Grimasse. Vermutlich kam sie nicht drumherum, daher gab sie Arnold eine Kurzfassung ihrer Geschichte und
drehte am Ende kurzerhand den Spieß um. »Wo wir gerade von
Expartnern sprechen – ist Tina Bodenstedt deine Ex? Du musst doch
einen Grund haben, warum du sie so verabscheust.«
Als Arnold nicht gleich antwortete, warf Kassandra ihm einen
Seitenblick zu, konnte aber seinen Gesichtsausdruck nicht deutlich erkennen.
Dann schüttelte er milde lächelnd den Kopf. »Die? Und ich? Ich müsste extrem
beleidigt sein, aber weil du’s bist, vergesse ich, dass du gefragt hast. Ein
bisschen enttäuscht bin ich trotzdem, ich dachte, du hättest mir einen besseren
Geschmack zugetraut.«
»Wahrscheinlich gibt es reichlich Männer, die sie nicht von der
Bettkante
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