Fischland Mord - Küsten-Krimi
ausstieg, verließ Arnold ebenfalls den
Wagen. »Hätte ich fast vergessen.« Er öffnete die hintere Tür und
holte eine Tüte heraus. »Das ist das wenige Material, das ich bisher über Tina
bekommen konnte. Nichts Aufregendes, hauptsächlich Kataloge. Die waren
mal für jeden zugänglich, aber einige sind heute nur noch mit
entsprechenden Verbindungen zu Galerien und Museen zu kriegen. Gehen wir die
Sachen doch übermorgen zusammen durch.«
»Guten Abend«, grüßte plötzlich jemand von der Seite.
Kassandra, die Tüte schon in der Hand, drehte sich um und sah sich mit Heinz Jung konfrontiert, der sie und Arnold interessiert musterte.
»Wie geht’s denn Herrn Zepplin?«, fragte er und ließ nur für einen
Sekundenbruchteil Häme durch seine Freundlichkeit scheinen, bevor er ihnen den
Rücken zukehrte und das Haus betrat.
»Ekelpaket«, stieß Kassandra zwischen den Zähnen
hervor. »Falls du unbedingt jemanden von der Stasi suchst,
hättest du mit dem den wahrscheinlichsten Kandidaten.«
»Der wirkt doch ganz harmlos. Was hast du gegen ihn?«
»Das ist ein Roman. Der beginnt damit, dass er versucht, meine Pension meinen Gästen madigzumachen. Falls er mal tot aufgefunden wird, kannst du davon ausgehen, dass ich was damit zu tun habe.«
Arnold lachte. »Ich verspreche, ich tröste dich über all das Böse
hinweg, das dir der Mann angetan hat.«
»Jaja, wer den Schaden hat«, sagte sie düster, aber dann lächelte
sie. »Viel Spaß in Potsdam, und vor allem viel Erfolg bei Bertram.«
Arnold stieg in seinen Wagen und brauste los.
12
»Hallo. Redest du noch mit mir?«
Kassandra hatte den ganzen nächsten Tag versucht, Jonas abzupassen,
aber er war entweder auf dem Boot oder in seinem Laden gewesen, wo
sie ihn nicht stören wollte. Nach einem langen Strandspaziergang griff sie sich Arnolds Tüte, versuchte es erneut und war
fast erschrocken, als er diesmal öffnete.
Auf Jonas’ Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »Ich
dachte schon, du wärst von Kesting entführt worden. Wir versuchen
seit zwei Stunden, dich zu erreichen.«
»Tut mir leid, ich hatte mein Handy ausgeschaltet.«
Er ging ihr voran ins Wohnzimmer. »Paul, sieh mal, wer da ist.«
Paul, der mit einer schwarz geränderten Lesebrille vor einem Laptop
am Esstisch saß, schaute hoch. »Kassandra! Ich hatte Mühe, Jonas davon
abzuhalten, eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Hier, sieh dir das an.«
Während Jonas in die Küche ging, um ihr einen Kaffee zu holen, trat
Kassandra zu Paul an den Tisch. »Was habt ihr da?«
Paul drehte den Laptop zu ihr um und deutete auf das Display, auf
dem eine ganze Reihe Bilder zu sehen waren. »Das sind Fotos von Tina Bodenstedts
Ausstellungseröffnung in der Galerie Degenhard.«
Kassandra schaute mit hochgezogenen Brauen vom Laptop zu Paul. »Wie
bist du da drangekommen?«
»Ich kenn jemanden bei der ›Ostsee-Zeitung‹«, sagte
Paul lächelnd.
»Logisch. Manchmal frag ich mich, ob es jemanden gibt, den du nicht
kennst.«
»Ehemalige Oberstleutnants kommen eben rum und können die eine oder andere Schuld einfordern.« Pauls Lächeln war mit einem
Mal verschwunden.
»Du wurdest befördert«, sagte Kassandra.
»Tatsächlich. Herr Kesting scheint ungewöhnlich gut
informiert.«
»Paul …«
»Dein Kaffee«, sagte Jonas, der gerade wieder den Raum betreten hatte. Er drückte Kassandra den Becher in die Hand und wandte
sich an Paul. »Zeig ihr das Foto.«
Paul scrollte mit der Maus nach unten, auf der Suche nach dem
angesprochenen Bild. Während Kassandra ihn dabei beobachtete, fiel ihr wieder
eine Bemerkung ein, die er im »Kapitänshaus« gemacht hatte – über Ralf Peters,
den Veranstalter der Gemäldeauktion in Ahrenshoop. Paul hatte
gesagt, dass Peters unter ein bisschen Druck zugegeben habe, Kind
engagiert zu haben. Er hatte ihn also unter Druck gesetzt. Womit? Und wie?
Kassandra sah, wie Paul das Foto fand und anklickte, sodass es das
ganze Display einnahm, aber sie konnte sich nicht darauf konzentrieren.
Stattdessen starrte sie auf Pauls Rücken, seinen verspannten
Nacken, den er sich gerade mit einer Hand massierte. Sie rief sich zur Ordnung.
Das mit Peters konnte tausend Gründe haben, und dieses ganze
Stasi-Gerede war Unfug. Sie wollte, Paul würde die kryptischen
Bemerkungen sein lassen.
»Paul«, sagte sie. »Hör auf damit, bitte. Das ist nicht lustig.«
Paul drehte sich zu ihr um, jetzt wieder ein Lächeln im Gesicht.
»Nein?«
Jonas sah verwirrt von einem zum anderen. »Müsst
Weitere Kostenlose Bücher