Fischland-Rache
doch wohl nicht wahr!«
»Geh sie fragen, wenn du mir nicht glaubst.«
Als hätte Inga gewusst, dass es einen kritischen Moment in ihrem Restaurant gab, tauchte sie aus der Küche auf. Kassandra war ebenso perplex wie Mirko, und wenn sie Pauls und Heinzâ Gesichter richtig deutete, ging es ihnen ebenso. Inga dagegen machte einen entspannten Eindruck. Paul und Heinz erhoben sich, um sie zu begrüÃen, sie umarmte Paul und sagte leise: »Danke, dass du gekommen bist.« Heinz reichte sie die Hand und wiederholte, was Mona gesagt hatte, danach nickte sie Kassandra zu und wandte sich schlieÃlich an Ralf Peters und Mirko gleichermaÃen. »Steht da nicht rum wie die Ãlgötzen. Wird Zeit, dass ihr mit eurer Streiterei aufhört. Herr Peters, ich schlage vor, Sie setzen sich gleich an diesen Tisch. Wenn ihr anderen nichts dagegen habt?«
Kassandra sah Paul an, dass er eine Menge dagegen hatte, und auch Ralf Peters schien die Sache nicht geheuer, er richtete skeptische Blicke sowohl auf Paul als auch auf Heinz, der noch am gelassensten mit der Situation umging. Dennoch mochte niemand widersprechen. Mirko stand daneben und sah aus, als könne er das alles nicht fassen.
»Ich bringe den Aperitif«, brachte er endlich seinen Satz von vorhin zu Ende und verschwand.
Dass Ralf Peters nun mit am Tisch saÃ, machte es für Kassandra, Paul und Heinz unmöglich, über das zu reden, worüber sie reden wollten â und erst recht über das, was hier gerade geschah. Ein GroÃteil ihrer Ãberlegungen basierte darauf, dass Ralf nicht Mirkos Vater sein konnte, sondern ihn auf fragwürdigem Weg adoptiert hatte â und dass Inga und Mirko das wussten. Dazu passte jedoch Ingas Verhalten überhaupt nicht. Sollten sie sich so vollkommen getäuscht haben?
Das Schweigen an ihrem Tisch erschien Kassandra durch das Stimmengewirr rund um sie herum noch bedrückender. Um ein Thema zu finden, griff sie nach dem Menüzettel. »Kichererbsensalat mit Birnen und Garnelen, Kürbissuppe mit Forellenbällchen, Dorade auf Auberginen-Ratatouille und als Dessert Crème Brûlée mit gefrorener Minze«, las sie vor. »Klingt nicht ganz so exotisch wie sonst.«
»Soweit ich weiÃ, muss man kein Fünf-Sterne-Koch sein, um die Rezepte aus Ingas Shows nachkochen zu können«, meinte Paul.
»Ich fürchte, ich könnte das trotzdem nicht«, gestand Kassandra. »Wozu auch? Ich hab ja dich, du Fischexperte!«
Paul lachte. »Wenn du die Crème Brûlée machst.«
»Du hast ihr von deiner Fischbude erzählt?«, fragte Heinz belustigt.
»Bloà wegen einer Bemerkung von Clemens.«
»Clemens?«, mischte sich Ralf Peters erstmals ein. »Clemens Meisner? Leider habe ich sein Konzert neulich verpasst.«
Fünf Minuten redeten sie über Meisners Konzert, bis Mirko die Aperitifs brachte â zum Erstaunen aller hatte er Bruno im Schlepptau. »Ich denke, hier sind Sie richtig, Herr Ewald«, sagte er. »Viel Spaà heute Abend.«
»Werde ich haben.« Bruno setzte sich auf den freien Platz zwischen Paul und Ralf Peters, auf den er einen verblüfften Blick warf. »Das ist ja mal eine Ãberraschung. Andererseits habe ich meine Anwesenheit wohl auch nicht meiner grandiosen Persönlichkeit zu verdanken, sondern dir, Paul, oder?« Er zwinkerte ihm zu.
»Ich habe damit nichts zu tun«, wehrte Paul breit lächelnd ab. »Schätze eher, du gehörst zu dem gezielt ausgewählten Kontingent der Restaurant-Gegner, die Inga mit einer Einladung auf ihre Seite zu ziehen hofft.«
»Oh. Soll ich jetzt erfreut oder beleidigt sein?« Bruno lachte und wandte sich an Ralf Peters. »Was ist mit dir? Bist du auch deswegen hier, oder hast du dich endlich mit deinem Sohn vertragen?«
Kassandra registrierte befremdet, dass Bruno Peters duzte, und noch befremdeter, dass Peters das Du nicht zurückgab.
»Das geht Sie kaum was an.«
Bruno machte eine entschuldigende Handbewegung. »Verzeihung, bin schon still.«
Paul hatte am Nachmittag nicht nur Dietrich angerufen, sondern auch Bruno, der demnach Ralf Peters bewusst, wenn auch leider erfolglos herausgefordert hatte. Kassandra hätte zu gern nach der anscheinend komplizierten Verbindung zwischen beiden gefragt und nahm sich vor, das bei passender Gelegenheit nachzuholen. Zunächst jedoch begnügte sie sich mit Beobachten. Das
Weitere Kostenlose Bücher