Fischland-Rache
trotzdem: Lasst das lieber. Es muss nicht immer so glimpflich ablaufen wie letztes Mal. Jemand wie Meisner hat bestimmt eine Menge Kontakte nach sonst wo. Der ist doch mit der Tochter von irgend so einem hohen Tier verheiratet, oder nicht?«
»Ja. Eben.«
Verständnislos setzte Mona zu einer Frage an, doch sie kam nicht mehr dazu, sie zu stellen, weil sie von Claudia Berghuber in Beschlag genommen wurde.
Kassandra leerte gerade ihr Schälchen mit Carpaccio, als Paul aufstand und verschwand. Er war kaum eine Minute weg, da fing sein iPhone an zu klingeln, das er auf dem Tisch liegen gelassen hatte. Kassandra warf einen Blick darauf, nahm es und erntete einen konsternierten Blick von Mona.
»Du gehst an Pauls Telefon?«, fragte sie. »Inga würde mir was erzählen, wenn ich das bei ihrem täte.«
Kassandra zuckte mit den Schultern. »Ich tue das für gewöhnlich nicht, aber Paul erwartet diesen Anruf.« Sie erhob sich und nahm das Gespräch an, während sie noch auf dem Weg nach drauÃen war.
»Dietrich hier. Frau VoÃ, sind Sie das? Ich kann Sie kaum verstehen.«
Kassandra stand inzwischen vor der Tür. »Jetzt besser? Inga Langes Restaurant ist überfüllt und laut, entschuldigen Sie.«
»Sie sind in Stralsund? Waren Sie noch mal in Freeses Wohnung?«
»Zweimal nein. Ich meinte Ingas Restaurant in Wustrow, und in Saschas Wohnung waren wir seit unserem Zusammentreffen nicht mehr.«
»Inga Lange hat ein Restaurant in Wustrow?«, fragte Dietrich.
»Ja, wussten Sie das nicht? Ging in den letzten Monaten durch sämtliche Medien.«
»Ich hatte in den letzten Monaten ein paar andere Dinge um die Ohren.«
Innerlich schimpfte Kassandra mit sich selbst. Dass Dietrich sich nicht mit Star-Köchinnen befasste, während er versuchte, wieder einigermaÃen auf die Beine zu kommen, hätte ihr klar sein müssen.
»Herr Freese hatte um Rückruf gebeten«, kam Dietrich auf den Grund des Telefonats zurück. »Worum gehtâs?«
»Um den Todeszeitpunkt. Wann genau ist Sascha ermordet worden?«
»Mit genau kann ich leider nicht dienen. Irgendwann zwischen dreiundzwanzig Uhr abends und drei in der Frühe. Haben Sie einen konkreten Verdacht? Das wäre ja schnell gegangen.«
In groben Zügen berichtete Kassandra von Clemens Meisner.
»Klingt interessant«, meinte Dietrich. »Ich werde mal sehen, ob ich was über ihn habe, und melde mich dann. Sagen Sie â¦Â« Er stockte.
»Was? Ist Ihnen noch was eingefallen?«
»Nein. Ich melde mich«, wiederholte er und beendete gruÃlos das Gespräch.
Kassandra stand noch einen Augenblick in der Kälte und fragte sich, was Dietrich hatte sagen wollen. Hatte es vielleicht doch mit Meisner zu tun? Oder mit Paul? Das Gespräch zwischen ihm und Dietrich auf Schloss Münkwitz ging ihr wieder im Kopf herum.
Hinter ihr öffnete sich die Tür, Paul trat ins Freie und legte seinen Arm um sie. »Du holst dir den Tod, wenn du hier noch länger stehst.«
Sie schmiegte sich an ihn und genoss seine Wärme, wurde aber ihren Gedanken nicht los. Wovon wusste sie nicht alles? Sie drehte sich um und versuchte, ihm in die Augen zu sehen, doch es war zu dunkel, um etwas zu erkennen. Sie spürte mehr, als dass sie es sah, wie er sich innerlich zurückzog, weil er ihre Musterung registrierte. »Dietrich rief an«, sagte sie deshalb. »Meinst du, wir können rauskriegen, wo Clemens Meisner zwischen elf und drei Uhr früh war?«
»Fangen wir mit dem Abend an und damit, ob er es geschafft hätte, von dort, wo er war, nach Wustrow zu kommen. Bei der langen Zeitspanne wird es allerdings schwierig, das nicht zu schaffen.«
»Claudia Berghuber müsste wissen, wo er am Mittwoch gewesen ist.«
»Wahrscheinlich. Fragen wir Mona, ob sie sie aushorchen kann. Die Frau Managerin scheint ja einen Narren an ihr gefressen zu haben. Oder zumindest an ihrem Schmuck.« Paul lotste Kassandra nach drinnen. »Komm rein, Inga hat den nächsten Gang schon aufgetragen.«
Als sie an den Tisch traten, war Monas Platz leer, daher setzte sich Kassandra auf deren Stuhl und wartete auf eine günstige Gelegenheit, Claudia Berghuber anzusprechen. Tatsächlich war es aber die Managerin, die sich kurz darauf an sie wandte. »Wo ist denn Frau Kolbert hin?«
»Vermutlich geht sie Inga etwas zur Hand. Es ist schwierig, wenn kurzfristig
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