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Fischland-Rache

Fischland-Rache

Titel: Fischland-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Kastner
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eine Kraft ausfällt.«
    Â»Ja, schlimm, dieses unzuverlässige Personal. Aber wen wundert das? Ich meine, hier? Die hatten es ja in der DDR nicht so mit leistungsorientierter Arbeit, wenn die ihren Jahresplan erfüllt hatten oder kein Material mehr da war, war’s eben gut. Den Rest der Zeit haben die nur rumgesessen. Immerhin wurden Künstler und Sportler gefördert, wer weiß, was andernfalls aus Clemens geworden wäre. Aber sonst …«
    Kassandra verschluckte sich fast an ihrem Wasser und hatte schon eine spitze Bemerkung auf der Zunge, die sie vermutlich bereut hätte, schließlich wollte sie noch was von Claudia Berghuber erfahren. Aber die Managerin sprach ohnehin einfach weiter.
    Â»Stellen Sie sich vor, am Mittwoch waren wir in Schwerin in diesem Hotel, einer alten Mühle, sehr schön saniert, wahrscheinlich von unserem Solidaritätsbeitrag, aber der Service ließ zu wünschen übrig. Ich habe gegen ein Uhr früh an der Rezeption angerufen und um eine Flasche Cabernet Cubin gebeten, da sagte man mir doch glatt, das Restaurant habe schon geschlossen.« Claudia Berghuber seufzte. »Ich bin natürlich nur eine unwichtige Person, wenn Clemens danach gefragt hätte, hätte die Sache vielleicht anders ausgesehen. Vielleicht.«
    Â»Sie hätten ihn ja bitten können, das für Sie zu tun«, sagte Kassandra angestrengt höflich.
    Â»Wollte ich. Er war leider nicht in seinem Zimmer.« Sie ließ das ebenso vorwurfsvoll klingen wie alles andere, was sie gerade von sich gegeben hatte. »Was hat Sie eigentlich in diese Gegend verschlagen?«, fuhr sie fort. »Sie kommen doch nicht von hier, wenn ich das vorhin richtig verstanden habe, als es um die Fischbude von Herrn – wie war der Name? Freese? –, also von Herrn Freese ging. Wollten Sie sich um Ihren Onkel kümmern?«
    Kassandra ignorierte die Frage. »Herr Meisner war nicht da? Müssen Künstler nicht ausgeruht sein, wenn sie auf Tournee sind? Da wird er sich doch nicht ins Schweriner Nachtleben gestürzt haben.«
    Claudia Berghuber guckte verstimmt. »Er hat mir nicht gesagt, wo er war. Dazu ist er selbstverständlich auch nicht verpflichtet, ich bin ja nur seine Managerin.«
    In diesem Moment kam Mona zurück. »Sitzt es sich gut auf meinem Stuhl?« Vielsagend sah sie zwischen Kassandra und Claudia Berghuber hin und her.
    Â»Ganz ausgezeichnet«, erwiderte Kassandra. »Ich hab ein paar interessante Dinge über die Arbeitsmoral in der DDR erfahren.« Sie wandte sich wieder an Claudia Berghuber.« Sie wollten doch wissen, was mich in diese Gegend verschlagen hat«, sagte sie. »Gar nichts. Ich bin in Mecklenburg geboren. Und stolz drauf.« Sie stand auf, damit Mona sich setzen konnte, und würdigte die Managerin keines Blickes mehr. Dafür widmete sie sich der gebratenen Meeräsche mit Rosmarin, die zwar kalt geworden war, aber immer noch großartig schmeckte. Nebenbei stellte sie fest, dass Clemens Meisner mit Thomas den Platz getauscht hatte und Paul nicht mehr an ihn herankam. Daran hatte sich auch zwei Stunden später nichts geändert. Es kam ihr vor, als würde Meisner bewusst darauf achten, nicht noch mal von Paul in ein Gespräch verwickelt zu werden, bis sie sich schließlich verabschiedeten.
    Die Nacht lag kalt und klar über Wustrow. Kassandra schaute nach oben und sah die Sterne am Himmel funkeln. Paul folgte ihrem Blick.
    Â»Sascha wollte als Kind Kosmonaut werden«, sagte er. »Juri Gagarin war sein großes Vorbild und Sascha dreizehn, als Gagarin verunglückte. Er hat den ganzen Tag geweint, obwohl er sonst viel Wert darauf legte, erwachsen zu sein. Komisch, was einem so alles wieder einfällt.«
    Â»Er war dein Bruder.« Kassandra legte die Hand auf Pauls Arm. »Du hast vorhin die Beerdigung erwähnt. Weißt du schon, wann die ist?«
    Paul schaute noch immer in den Himmel. »Nein. Hab ich auch nur so gesagt. Ich werde nicht hingehen.« Er sah Kassandra an, und seine Stimme klang im Gegensatz zu eben sehr hart. »Er mag mein Bruder gewesen sein, aber das ist lange her.«
    Â»Ich glaube, ich möchte nicht dein Feind sein«, sagte Kassandra leise.
    Â»Meinst du denn, die Gefahr bestünde?«
    Kassandra konnte nicht erkennen, ob Pauls Spott gutmütig oder bissig gemeint war, und verzichtete auf eine Antwort. »Clemens Meisner war in der Tatnacht um ein Uhr

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