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Fish im Trüben

Fish im Trüben

Titel: Fish im Trüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Geason
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liebenden Schwester zurückgebracht wird.«
    Grace lachte. »Das ist gut. Ich wünschte, da wäre ich selbst drauf gekommen.«
    Das war wirklich ein großes Lob.
    In Chinatown war schwer was los, es floß über vor aus Hongkong fliehenden Investoren. Der Baulärm übertönte das Gebrabbel der chinesischen Einkaufsbummler und Touristen, als Hochhäuser mit Restaurants auf drei Etagen sich aus der Asche kleiner Familienlokale erhoben. Es war schwer zu sagen, was die Alten, die sich wie Eidechsen auf den Bänken der Dixon Street sonnten, darüber dachten; vielleicht träumten sie von den Dörfern ihrer Vorfahren in China.
    Dr. Wu war groß, dünn und reptilienhaft, beherrschte die englische Sprache exzellent und hatte Augen, die so kalt waren wie die Kiesel in einem mandschurischen Strom. Er machte deutlich, daß ich ihn von wichtigen Angelegenheiten abhielt, und war auf eine Art zuvorkommend, die der Höflichkeit den Ruf verdarb.
    Auf meine Frage nach Precious’ Wohlergehen folgte ein merkliches Schweigen.
    »Wie kommen Sie darauf, Mr. Fish, daß ich mich auch nur entfernt für die Aufenthaltsorte ausgerissener Schulmädchen interessieren könnte? Oder daß ich sie überhaupt nur erkennen würde, wenn ich sie sähe. Schließlich wissen wir, daß alle Chinesen gleich aussehen.«
    Das sollte mir das Gefühl geben, ein rundäugiger Rassist zu sein, aber ich blieb standhaft. Ich mag es nicht, in eine bestimmte Schublade gesteckt zu werden. »Erzählen Sie mir bloß nicht, sie würden Grace Ho nicht wiedererkennen, wenn sie in der Hay Street über sie stolperten«, sagte ich.
    Er lachte leise. Das war noch unangenehmer als seine Höflichkeit.
    »Selbstverständlich bin ich mit Miss Ho bekannt«, sagte er. »Sie ist in Chinatown sehr bekannt für ihre Schönheit und ihre Geschäftstüchtigkeit.«
    »Miss Ho ist sehr besorgt um das Wohlergehen ihrer Schwester, Dr. Wu; ich hörte, daß Chinesen einen ausgeprägten Familiensinn haben. Gleichzeitig liegt ihr viel daran, daß ihre familiären Schwierigkeiten kein Aufsehen erregen. Wenn Precious jedoch nicht bald gefunden wird, kann ich ihre Geduld nicht weiterhin garantieren.«
    Entweder wirkte der Appell an den chinesischen Familienkodex, oder die versteckte Drohung, an die Öffentlichkeit zu gehen, säte den kleinen Bambussprößling eines Zweifels.
    »Richten Sie Miss Ho bitte von mir aus, daß ich diese Angelegenheit sorgfältig überdenken werde, Mr. Fish.«
    Das hörte sich an wie ein Brief der Abteilung für Verwaltungsangelegenheiten, aber schließlich lieben die Chinesen die Bürokratie fast so sehr, wie sie das Spiel lieben, und scheinen darin besser zu sein. Das Gespräch war beendet.
    Ich hatte für den Augenblick alles getan, was ich tun konnte, also rief ich Grace an, um ihr einen Zwischenbericht zu geben. Sie war beeindruckt, daß ich Dr. Wu zu sehen bekommen hatte; er war als ein sehr zurückgezogener Mann bekannt.
    »Was schlägst du vor, was wir jetzt tun sollen, Sydney?«
    »Zurücklehnen und warten. Auch wenn du vielleicht den Topf gern ein bißchen zum Kochen bringen würdest.«
    Das brachte mich auf eine Idee. Ich rief meinen Lieblings-China-Express an und bestellte Spare Ribs mit Pflaumensoße, Knusperhühnchen und Reis. Ich beschloß, auf Gemüse zu verzichten; ich wollte meinen Ruf nicht ruinieren. Dann aß ich das alles bei zwei Flaschen Baimain Bock vor dem Fernseher und sah zu, wie Clive Robertson mit seinem Zynismus die Nachrichten zersetzte.
    Am nächsten Tag rief Grace an, um mir mitzuteilen, daß Precious frei und anscheinend nicht allzusehr mitgenommen sei. »Und Mr. Ling hat sich entschlossen, bei seiner liebenden Gattin und seiner Familie zu bleiben.«
    »Und Precious war damit einverstanden, wieder zur Schule zu gehen?«
    »Nun... bitte?«
    »Komm schon, Grace; entweder sie war es, oder sie war es nicht.«
    Es gab eine Pause, während der Grace überlegte, wie sie die Information verpacken sollte. »Precious ist nicht hier, Sydney. Sie ist in Surfers Paradise.«
    »Du hast sie nach Surfers geschickt?«
    »Eigentlich nicht. Sie ist direkt von ihrem Luxusappartement nach Surfers Paradise gefahren.«
    Jetzt fiel der Groschen. »Sie ist schon wieder abgehauen.«
    »Ja.«
    »Aber warum Surfers?«
    »Anscheinend ist sie mit jemandem namens Renzo Gambino unterwegs, dem dort ein Appartement gehört.«
    »Also möchtest du, daß ich ihr nachfahre.«
    Das lange Schweigen, das darauf folgte, gab mir Zeit, ein bißchen zu rechnen und herauszufinden, warum

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