Fish im Trüben
herausfinden.«
Auf dem Rückweg zu meinem Büro in Darlinghurst legte ich einen Zwischenstopp bei der Bibliothek ein und las alle Zeitungsberichte über Brabazons Tod, und als ich mich eingearbeitet hatte, führte ich ein Telefongespräch mit dem Hauptquartier der Liberal Party in Woolloomooloo. Dann rief ich Deborah Brabazon an und verabredete mich mit ihr in ihrem Haus in Turramurra.
Ich wußte nicht viel über Jack Brabazons Frau, die sich sehr im Hintergrund hielt. Sie entpuppte sich als groß und braunhaarig, mit cooler, heruntergespielter Attraktivität. Sie war die Art von Frau, von der Männer gerne denken, sie könnten sie mit der richtigen Berührung zum Leben erwecken. Als ich in diese Haselnußaugen starrte, entschied ich mich, daß sie falsch lagen.
Ich sagte ihr, daß mich ihre Schwiegermutter beauftragt habe, den Tod ihres Mannes zu untersuchen.
»Er ist an einem Herzinfarkt gestorben«, sagte sie. »Was will sie denn sonst noch wissen?«
»Sie hat das Gefühl, daß etwas Merkwürdiges... Unvollendetes daran ist.«
»Wenn ein junger Mann stirbt, dann muß das wohl etwas Unvollendetes an sich haben«, sagte sie. »Aber es muß nicht unbedingt merkwürdig sein.«
Zwischen den beiden Brabazon-Frauen bestand offensichtlich wenig Herzlichkeit. Ihre offene Rivalität mußte Brabazons Leben verkompliziert haben, aber wer weiß, vielleicht hatte er die Macht genossen.
»Sie finden es also nicht eigenartig, daß ihr Mann allein und spät in der Nacht in den westlichen Vororten starb?«
»Er war offensichtlich von irgendwoher auf dem Weg nach Hause«, sagte sie. »Und außerdem stirbt sowieso jeder allein.«
Ich erlaubte mir nicht, mich durch Philosophieren ablenken zu lassen. »Aber Sie haben keine Erklärung dafür, warum er in Strathfield war?«
»Nein.«
Das war schwieriger, als eine abwärtsfahrende Rolltreppe hochzulaufen.
»Keine Idee?«
Sie seufzte. »Es könnte politische Arbeit gewesen sein.«
»Ich weiß, daß er an diesem Abend keine Ansprache an Parteianhänger hielt, Mrs. Brabazon. Ich habe es überprüft: Es gab keinerlei Versammlungen da draußen.«
Sie streckte ihre Handflächen nach außen; die Geste sagte, daß sie es nicht wußte. Vielleicht war es ihr egal.
Ich war gegen eine Wand gelaufen, und ich fragte mich, warum. Es mußte etwas mit der Ehe der Brabazons zu tun haben, die angeblich eher aus politischen Gründen als aus Liebe geschlossen worden war. Deborahs Vater, George White, hatte jahrzehntelang die Parteimaschinerie der Liberalen von New South Wales kontrolliert, und Jack Brabazons Ehe hatte dem jüngeren Mann einen sicheren Sitz bei den Vorwahlen garantiert. Barbara Brabazon lieferte das Geld, Jack den Ehrgeiz, Deborah die Beziehungen — ein unschlagbares Team. Oder etwa nicht?
Ich sagte der Witwe, ich würde sie über die Entwicklung auf dem laufenden halten, aber ich sprach ihren Rücken an. Sie hatte die Arme verschränkt und sah aus dem Fenster. Ich führte mich selbst hinaus. Hier gab es keine Dienstmädchen.
Ein Anruf von Barbara Brabazon beim Polizeichef ermöglichte mir ein Gespräch mit dem Bullen, der den Tod untersucht hatte.
Detective Inspector Col Patterson war ein langer Lulatsch von ausgefeilter Tolpatschigkeit, die darauf angelegt war, die Zocker in einem falschen Gefühl der Sicherheit zu wiegen. Er hatte sich ein bißchen von der trockenen Bescheidenheit des Buschmanns erhalten, aber in der Mordkommission über die Jahre jede Menge Großstadtdurchblick gewonnen. Patterson konnte sich schneller als das Wirbeln eines Gummiknüppels von einem freundlichen Hinterwäldler in einen harten Mann verwandeln. Er war vielschichtig und verschlagen, und obwohl die Mühlräder in seinem Hirn sich manchmal etwas langsam drehten, mahlten sie doch äußerst fein.
Ich war mal gegen Patterson angerannt, als ich für ein Reality-TV-Programm arbeitete, und er hatte mir wegen eines Interviews mit einem seiner Zeugen die Haare an den Ohren versengt. Er erkannte mich und kniff die Augen zusammen, aber er konnte sich nicht an meinen Namen erinnern; es gab einen Witz in der Abteilung, daß die Untersuchung eines Falles zu lange gelaufen sei, wenn Patterson sich an den Namen des Verstorbenen erinnerte.
Er sagte mir, die Polizei habe keinen Hinweis auf ein Verbrechen gefunden; Brabazon war an einem Herzinfarkt gestorben.
»Im Auto?« »Soweit wir wissen, ja.«
Er steckte die Hände in die Taschen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Was denkt Mrs. Brabazon?
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