Fish vor die Hunde
ihrer Ersparnisse gequält oder umgebracht. Ich fragte mich, ob Chicka wohl in dem Haus in der Surrey Street irgendwo Geld gebunkert hatte.
»Woher hat er es?« fragte ich.
»Chicka ist der Hot-dog-King. Er kontrolliert den Verkauf von Hot dogs im gesamten östlichen Stadtgebiet, und das schon seit dreißig Jahren. Zu seinem Revier gehören das Kricketfeld, das Fußballstadion und das Messegelände.«
»Und Michael MacNamara ist seine rechte Hand?«
»Ja, Michael ist das offizielle Aushängeschild für das Geschäft; er zahlt so viel Steuern, daß das Finanzamt sie in Ruhe läßt. Den Rest sahnt Chicka ab.«
»Und Sie waschen das Geld, damit Chicka nicht mit unversteuerten Dollars in Millionenhöhe erwischt wird?«
»Sagen wir, ich finde Wege, die anfallende Steuer möglichst gering zu halten.«
»Und MacNamara kümmert sich um die Schlägertrupps, wenn Selbständige versuchen, sich in Chickas Revier reinzudrängen?«
»Darüber weiß ich nichts«, sagte der Wirtschaftsprüfer.
»Und vermutlich kennen Sie auch nicht die Namen von eine paar gewählten Staatsdienern, die bei dieser ganzen Schiebung ein Auge zudrücken?«
Er schüttelte den Kopf. Ich glaubte ihm nicht, spürte jedoch, daß ich den Kredit, den die Demo mir verschafft hatte, vollständig aufgebraucht hatte.
»Werden Sie nicht allzu selbstgefällig, Raptor«, warnte ich ihn. »Wenn ich weitere Informationen brauche, schau ich noch mal bei Ihnen vorbei.«
Er hatte den Kopf in die Hände gestützt, als ich ging. Wahrscheinlich überlegte er schon, welche Geschichte er seiner Frau erzählen sollte. Er mußte sich beeilen: Inzwischen würden es die Spatzen von Edgecliff bis Watson’s Bay von den Dächern pfeifen.
Im Vorzimmer stand Raptors Sekretärin bekümmert am Fenster und beobachtete, wie die letzten schrägen Vögel am Ende der Straße verschwanden. »Es ist doch nicht wahr, oder?« fragte sie mich entsetzt.
»Fragen Sie Ihren Boss.«
Ich hatte mich gut amüsiert, aber einer Aufklärung der Morde war ich eigentlich kein Stück näher gekommen. Und wenn nun Chicka wirklich der Hot-dog-King war? Das war kein Motiv, um Paula aus dem Weg zu räumen, die ja alles tat, damit er sich in Ruhe und Frieden an seinen unrechtmäßig erworbenen Gewinnen freuen konnte — falls man das einsame Leben in diesem übelriechenden Loch als erfreulich bezeichnen konnte. Und es war auch unwahrscheinlich, daß er Lorraine hatte umlegen lassen, nur weil sie wollte, daß er aus seinem Haus auszog. Er hatte genug Geld, um sich eine Riesenvilla zu kaufen und sie mit Gerümpel vollzustopfen — oder auch gleich die ganze gottverdammte Straße.
Ich wurde das Gefühl nicht los, daß alle Straßen zum Plenarsaal des Eastern Sydney Council führten.
18
Staubflocken so groß wie Steppenläufer und ein Stapel Fensterumschläge im Holzwert eines ganzen Baumes begrüßten mich in meinem Büro. Ich öffnete einige der Rechnungen und erlitt einen kleinen Depressionsschub: Bald würde Sydney für jeden außer die Japaner zu teuer sein. Tausende von Leuten hatten bereits mit den Füßen abgestimmt und waren nach Norden abgewandert — vielleicht brauchte ja Byron Bay einen Privatdetektiv.
Auf dem Anrufbeantworter war nur eine Nachricht, ein Köder von Ramona, die mir mit heiserer Stimme »den Knüller des Jahrhunderts« versprach. Bevor ich dazu kam,, sie anzurufen, klingelte das Telefon. Es war meine Tante Thelma, die sich beschwerte, daß sie mich seit drei Monaten nicht mehr gesehen hätte.
Die Schwester meines Vaters ist meine einzige noch lebende Verwandte. Im Grunde genommen mag ich sie: Sie ist bodenständig und lustig und begeistert sich für Politik; aber wenn’s ums Kontakthalten geht, bin ich lasch, wahrscheinlich, weil sie mich zu gut kennt. Sie hat eine Art, meine wunden Punkte zu treffen, die mich aus dem Gleichgewicht bringt und mir ein Gefühl von Unzulänglichkeit vermittelt. Wenn sie wüßte, daß ich es so empfinde, wäre sie entsetzt — sie glaubt, es ist nur zu meinem Besten. Vielleicht ist es das auch.
Da ich für den Abend keine Exzesse geplant hatte, versprach ich, zum Abendessen vorbeizuschauen. Es gab immer das gleiche: Lammbraten mit Pfefferminzsauce und gebackenem Gemüse, danach Apfelkuchen mit Sahne; Thel wußte genau, womit sie mich um den Finger wickeln konnte.
Inzwischen wollte ich erst mal hören, was Ramona zu bieten hatte. Die Nummer, die sie hinterlassen hatte, gehörte zu einem Fitneßcenter. Ächzen und Stöhnen, das Krachen von
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