Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
Beziehung neu definieren, hat er gesagt. Wir sollen uns auch wieder mit anderen treffen, sagt er. Weil, irgendwie hätte ich mich total verändert. Da wäre kaum noch was zu spüren vom Gleichklang unserer Seelen und so.«
Ich sagte gar nichts. Meine Vorschläge, Billes und Burgharts Beziehung zu ›retten‹, waren Bille immer zu blutrünstig. Sie befolgte sie nie, ganz gleich, wie todsicher und praktisch sie auch sein mochten.
»Und wenn ich ihn liebte, ließe ich mir endlich eine Dauerwelle machen, sagt er. Ich hätte offenbar nicht mehr das geringste Interesse, in seinen Augen attraktiv zu erscheinen«, fuhr sie fort. »Deshalb soll ich mich nicht wundern, wenn er sich nach anderen Frauen umschaut.«
»Das Einzige, was mich wundern würde, wäre, wenn andere Frauen sich nach Burghart umschauten«, sagte ich, was etwas ungerecht war, denn auf den allerersten Blick sah man Burghart seine kolossale Beschränktheit nicht an. Er sah gut aus.
»Was hat das wohl zu bedeuten?«, fragte Bille. Sie fragte nicht: Was soll ich denn jetzt machen?, denn die Antwort darauf kannte sie. Es stand außerdem lebenslänglich darauf.
Jetzt war die Hobbypsychologin in mir gefragt. »Ganz klar, Burghart erträgt es einfach nicht, dass du in irgendetwas besser bist als er. Deshalb versucht er, dich kleinzukriegen. Macht dich hässlich, dumm und eifersüchtig, um neben dir als der tolle Typ dazustehen, der für eine wie dich viel zu schade ist. Wahrscheinlich ist es ihm nicht mal bewusst.«
»Also liebt er mich noch?«, hauchte Bille erfreut in den Hörer.
»Hrrrrgh!«, sagte ich. »Wenn ich du wäre …«
»Nein!«
»Also gut«, seufzte ich. »Aber wenn es mal passiert, ruf mich an, ich helfe dir, seinen Leichnam zu zerstückeln und zu entsorgen.«
Bille tat, als hätte sie nichts gehört. »Morgen ist unser Jahrestag.«
»Hä?« Ich konnte mich noch genau daran erinnern, dass ihre verhängnisvolle Affäre im Spätsommer ihren Anfang genommen hatte, keineswegs im Januar.
»Unser Jahrestag. Du weißt schon, als wir das erste Mal …«
»Ach du lieber Herr Gesangverein!«
»Das ist immer unser ganz besonderer Tag. Wir reden darüber, wie alles anfing, wir schenken uns immer was Tolles, essen bei Kerzenlicht und machen dann alles genau wie beim ersten Mal.«
»Hör auf. Mir wird schlecht.«
»Diesmal habe ich was ganz Besonderes für ihn. Eine Wahnsinnsarmbanduhr. Mit eingebautem Kompass.«
»Wann rufst du eigentlich diesen Mick an?«, fragte ich ablenkend.
»Ach, ich weiß nicht, ob ich das überhaupt tun soll.«
»Komm schon, du hast es versprochen!«
»Meinst du, er kann sich überhaupt noch an mich erinnern?«
Die Chancen dafür standen fünfzig zu fünfzig. Höchstens!
»Aber hundertprozentig«, sagte ich, wobei ich meiner Stimme einen Klang voller warmer Zuversicht zu geben versuchte.
»Dann ruf’ ich ihn morgen an«, sagte Bille und legte auf.
Billes geheimes Tagebuch
17. Januar.
Jetzt reicht’s. Erst die Sache mit der Augencreme, dann die Dauerwelle, und jetzt das. Muss ich mir eigentlich alles gefallen lassen?
Wie kann ein einziger Mensch nur so gemein sein? Und das an diesem ganz besonderen Tag. Heute vor zwei Jahren haben wir zum ersten Mal miteinander geschlafen.
Es war wundervoll.
Ich war wundervoll, B. war wundervoll, die ganze Sache war wundervoll. Ich weiß noch, wie B. gesagt hat, wie wundervoll er sich fand.
Und deshalb habe ich ihm heute auch diese phantastische Uhr geschenkt, die hat über vierhundert Mark gekostet, und er weiß ganz genau, dass ich das nicht von der Steuer absetzen kann. Und was schenkt er mir?
Herbalife.
Er schenkt mir eine große Dose Herbalife und dazu eine kleine Dose mit Hefekleietabletten, die im Magen aufquellen sollen. Und einen Aufkleber, auf dem steht: I love Herbalife.
Wie kann er mir nur so was antun? Ich wiege genauso viel wie damals, als wir uns kennenlernten, höchstens ein paar Pfund mehr. Das habe ich B. auch gesagt. Und da hat er gesagt, ich solle mir bloß nichts vormachen. Er wolle mir doch nur helfen. Aber wenn ich nicht wollte, bitte, dann könne ich mir ja weiter die Wampe vollschlagen. Nur sollte ich mich dann nicht so hysterisch aufführen, wenn er sich nach anderen, nach schlankeren Frauen umschaue. Wie zum Beispiel Melanie.
Ich bin nicht dick! Ich bin nicht dick.
Ich bin nicht dick!
Habe gerade Judith angerufen, um sie zu fragen, ob sie mich dick findet. Aber sie hatte keine Zeit, weil sie mit diesem Volltrottel Leonard Versöhnung feiert.
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