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Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Titel: Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Rot gekleidet war, und sah voller Staunen, dass es ihr nicht gelang, den Webeleinstek um die Lehne zu wickeln. Dabei hatte sie doch ein eigenes Boot, auf dem sie üben konnte. Auch Fred, Rosis Mann, guckte entnervt zu ihr herüber.
    »Falsch, falsch, falsch«, sagte er. »Ganz falsch!«
    Rosi drehte sich zu mir um. »Auf Ibiza brauchen wir so was nicht«, sagte sie.
    Ich war beeindruckt.
    »Du kannst ohne Fender einparken?« Beim Segeln hieß das sicher nicht einparken, aber es mangelte mir noch an Fachvokabular.
    »Nein«, antwortete Rosi. »Aber ist doch ganz egal, mit welchem Knoten man die Dinger dranmacht. Außerdem hängen die bei uns schon Jahre an der gleichen Stelle.«
    »Weil du so faul bist«, knurrte Fred.
    Rosi wickelte lustlos ein paar Schlingen um die Stuhllehne.
    »Riechst du das?«, fragte sie mich flüsternd.
    »Was denn?«
    Rosi schaute bedeutungsvoll zu Jack hinüber, der uns gegenübersaß. »Merkst du nichts?«
    Ich warf einen Blick zu Jack hinüber. Er machte einen ganz normalen Eindruck.
    »Was meinst du?«
    Rosi hob abwehrend die Hände. »Oh, ich will nichts gesagt haben!«
    »Beeil dich doch, du dummes Suppenhuhn«, zischte Fred ihr zu. »Stefan ist gleich hier.«
    »Hetz mich nicht«, zischte Rosi zurück. Die beiden waren wie Bille und Burghart in zwanzig Jahren.
    Zu meiner Linken (oder zu meiner Rechten? – ich hatte immer noch das alte Rechts-links-Problem) saß Rebecca, und daneben saß Dirk, der bartlose Freund von Jack. Rebecca und Dirk knoteten ihren Webeleinstek jeweils an der dem anderen zugewandten Stuhllehne. Dabei unterhielten sie sich angeregt.
    »Hast du schon mal in diese Prüfungsfragebögen reingeschaut?«, hörte ich Dirk fragen.
    »Ja. Ich frag’ mich wirklich, wann ich die Zeit finden soll, das alles zu lernen«, gab Rebecca zurück.
    »Hast du beruflich so viel um die Ohren? Oder privat?« Dirks braune Augen waren voller Interesse.
    »Vor allem beruflich«, seufzte Rebecca und erzählte ihm von ihrem Laden und der Modenschau, die sie im Sommer veranstalten wollte. Über Mann und Kind verlor sie kein Wort. Ich würde das Thema bei Gelegenheit mal in aller Unschuld anschneiden müssen. Dieser Dirk sollte besser wissen, dass Rebecca in Wirklichkeit ein gutgetarntes Mutti war. Das war ich meinem Schwager schuldig.
    Stefan war lautlos hinter mir aufgetaucht und begutachtete meinen Webeleinstek.
    »Gut, Bille«, sagte er dann.
    »Judith«, verbesserte ich und wies mit dem Zeigefinger zu Bille hinüber. »Bille ist die da!«
    Also, mittlerweile musste er’s doch kapiert haben. Von der Haarfarbe abgesehen, hatten wir so gut wie keine Ähnlichkeit miteinander. Bille hatte zwar die schöneren Beine, aber im Großen und Ganzen sah ich besser aus als sie. Aber vielleicht musste man ihn mal mit der Nase drauf stoßen.
    Ich hoffte auf eine günstige Gelegenheit, ihm meine ganz individuelle, unverwechselbare Persönlichkeit nahezubringen, wenn wir nach dem Unterricht, wie besprochen, alle zusammen auf ein Kölsch im ›Froschkönig‹ vorbeischauten.
    Aber daraus wurde leider nichts.
    Im Froschkönig war es wie immer knüppelvoll. Wir mussten uns dreizehn Mann hoch um einen kleinen Tisch quetschen. Dabei kam ich zwischen Ursel und der dunkelblauen Wollmütze namens Ulf zu sitzen.
    Ulf schien nicht auf ein Gespräch mit mir aus zu sein. Er kippte sich ein Bier nach dem anderen unter seine Mütze, und wenn er überhaupt sprach, dann nur mit Jack, der an seiner anderen Seite saß.
    Dafür redete Ursel um so mehr. Sie vertraute mir an, dass sie bereits angefangen habe, für die Prüfung zu lernen, und soeben bei Frage Nummer 330 angelangt sei. Sie und Heinrich säßen jeden Abend ein, zwei Stündchen über den Büchern, damit sie sich später nicht mehr so unter Druck setzen müssten. Und zum Beweis, wie viel sie schon wusste, listete sie mir alle Signale auf, die man geben konnte, wenn man in Seenot war.
    »Erstens: Knallsignale in Zwischenräumen von ungefähr einer Minute«, sagte sie. »Zweitens: Mayday durch Sprechfunk.«
    Während ich ihr mit einem Ohr zuhörte, beobachtete ich neidisch die anderen, die sich offenbar köstlich amüsierten. Rebecca war in ein intensives Gespräch mit Dirk vertieft; Bille, Bernie und Rosi erzählten sich Witze und lachten sich halb tot; Fred und Heinrich fachsimpelten über Boote im Allgemeinen und ihre eigenen Boote im Besonderen; und Angela, die angehende Ökotrophologin, hatte den Platz neben Stefan ergattert und redete lächelnd auf ihn ein.

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