Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
ein paar Eiswürfel total leer. Bille hingegen würde nicht nur mit knusprigen Steaks verwöhnt werden, sondern wahrscheinlich auch für den nächsten Sommer nach Kanada eingeladen werden!
Für den Rest des Unterrichts muffelte ich ob dieser Ungerechtigkeit vor mich hin. Plötzlich kam mir eine gute Idee.
»Ich habe auch Hunger«, sagte ich probeweise zu Bille.
Sie reagierte nicht. In aller Seelenruhe packte sie das Geodreieck, den Übungstampen und ihre Schreibsachen zusammen.
»Ich hab’ den ganzen Tag noch nichts Richtiges gegessen«, biederte ich mich lauter an.
Bille schwieg hartnäckig.
»Weißt du was, ich komme einfach noch mit zum lieben Burghart.« Jetzt eben auf die plumpe Art. »Dann kann ich den tollen Kanadier gleich mal begutachten.«
Bille zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, ob die für vier Personen genug eingekauft haben.«
»Das macht nichts«, sagte ich. Ich war schon weitaus besser gelaunt. »Wir beide teilen uns ein Steak, was meinst du?«
Bille sah mich bitterböse an. »Kannst du dich nicht um deine eigenen Angelegenheiten kümmern?«
»Ich habe, wie du weißt, im Augenblick kaum eigene Angelegenheiten. Deshalb ist es deine moralische Pflicht als Freundin, deine Angelegenheiten zu meinen Angelegenheiten zu machen«, entgegnete ich. »Außerdem will ich dir diesen Kanadier nicht abspenstig machen. Und Burghart sowieso nicht. Ich will bloß ein Steak. Ist das zu viel verlangt?«
Wie ein Bluthund heftete ich mich an Billes Fersen. Es war ihr unter diesen Umständen durchaus zuzutrauen, dass sie in einem unbeobachteten Augenblick in ihr Auto stieg und ohne mich davonfuhr.
»Ich fahre noch mit zu Bille«, rief ich Rebecca zu. »Ich komm’ dann mit der Bahn nach Hause.«
Rebecca zog bloß die Augenbrauen hoch.
»Wir gehen noch einen trinken«, meinte Dirk. »Kommt ihr nicht mit?«
»Nein, geht nicht, wir sind zum Essen eingeladen«, sagte ich, und bei diesen Worten lief mir bereits das Wasser im Mund zusammen. »Und Rebecca wird zu Hause erwartet.«
Aber Rebecca ignorierte mich und strahlte stattdessen Dirk an.
»Gerne«, sagte sie, und jetzt war ich an der Reihe, die Augenbrauen hochzuziehen. Da war Rebecca aber schon Arm in Arm mit Dirk Richtung Parkplatz geschlendert. Einen Augenblick lang war ich versucht, den Moralwächter zu spielen und mich ihnen anzuschließen. Aber die Steaks und der Kanadier waren verlockender. Und außerdem war Rebecca alt genug, um zu wissen, was sie tat.
»Also echt«, sagte Bille, nachdem ich mich auf den Beifahrersitz hatte plumpsen lassen. »Manchmal bist du eine richtige Nervensäge, da hat der Burghart wirklich recht!«
»Burghart hat gesagt, ich sei eine Nervensäge?« Aber was regte ich mich auf? Das war wahrscheinlich noch das Netteste, was er über mich gesagt hatte. »Was gibt es denn zu den Steaks?«
»Welchen Steaks?«
»Die der Kanadier für dich zubereiten wollte.«
»Ach so! Äh, vielleicht hab’ ich das auch verwechselt, und die Einladung galt für morgen«, sagte Bille. »Wir können uns ein paar Nudeln kochen, wenn du noch Hunger hast.«
»Was?« Das war ja wohl die ganz linke Tour. Aber nicht mit mir. »Nee, nee, wir zwei gehen gleich schön zu Burghart und seinem Freund. Die warten doch auf dich.«
Bille seufzte zum Steinerweichen.
Aber ich war härter als Stein. Als wir vor ihrem Wohnhaus geparkt hatten, scheute ich nicht davor zurück, meine Faust in ihren Rücken zu stoßen, um sie bis in den dritten Stock zu Burgharts Wohnung hinaufzuschubsen. Auch das Klingeln musste ich übernehmen. Ich klingelte dreimal.
Endlich riss Burghart die Tür auf.
»Bille! Judith!«, rief er. »Ihr kommt sicher gerade vom Segelkurs. Kommt rein, ich werde euch sofort mal prüfen. Was habt ihr heute gelernt?«
»Wir haben gelernt, wie man auf der Seekarte eine Strecke abgreift. Mit dem Zirkel«, erklärte ich ihm bereitwillig.
»Peanuts!« Burghart riss Bille die Tasche aus der Hand und entrollte die Seekarte.
Ich sah mich indessen nach dem kernig-knackigen, supernetten Kanadier um. Aber sosehr ich auch suchte, ich sah nur einen kleinen Dicken mit Ziegenbärtchen rumstehen, ein bescheidenes, aber sympathisches Lächeln auf den Lippen.
Ich bedachte Bille mit einem langen, bedeutungsvollen Blick. Sie wurde nur ein ganz kleines bisschen rot. Viel zu wenig, schließlich hatte sie mir weismachen wollen, dass sie einen heißen Flirt mit diesem Wahnsinnsexemplar hingelegt und den guten Burghart damit zu maßloser Eifersucht getrieben
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