Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
in ihrem Leben.
Als Erstes entfernte ich daher in aller Eile vierzehn gerahmte Fotos von Burghart, auf denen man ihn überwiegend in sportlicher Aktion bewundern konnte. Das wollte ich dem Reporter von der Stadtillustrierte doch ersparen, genauso wie Unterstellungen, von wegen der Idiot auf den Fotos könne mein Freund sein. Ich entsorgte die peinlichen Bilder allesamt in Billes Garderobenschrank. Anschließend machte ich mich daran, Burgharts sogenannte Kunstwerke zu verstecken.
Burghart scheute nämlich nicht nur nicht davor zurück, zu malen, zu töpfern und sich als Bildhauer zu betätigen, nein, er besaß auch noch die Frechheit, anderen diese Kunstwerke als Geschenke zuzumuten. Als Letztes schob ich eine dreibeinige Katze aus massivem Ton in die Garderobe.
Das Tier – das dritte Bein sollte im Übrigen den Schwanz darstellen – hatte Burghart Bille zum letzten Geburtstag geschenkt. Es war so scheußlich, dass wir vor Entsetzen den Mund nicht mehr zubekommen hatten.
Burghart hatte unsere Fassungslosigkeit natürlich anders gedeutet.
»Ja, ich weiß«, hatte er gesagt. »Wenn ich das professionell betriebe, könnte ich Unmengen von Geld verdienen.« Er hatte sich nach einem passenden Platz für seine unermessliche Kostbarkeit umgesehen und dann Billes antiken Kerzenleuchter beiseitegeschoben.
»Das rostige Ding kannst du einmotten«, hatte er erklärt und die dreibeinige Katze auf seinen Platz gestellt.
Dort stand sie nun und gab allen Besuchern Rätsel auf. War sie absichtlich so scheußlich, oder war hier ein schlimmer Stümper am Werk gewesen?, fragten sie sich, und nur wenn sie hörten, dass das Vieh von Burghart war, wussten sie die Antwort. Ich hatte Bille schon mehrfach angeboten, die raumdominierende Scheußlichkeit mit einem gezielten Staubsaugerhieb gaaanz zufällig irreparabel zu zerstören.
Aber Bille … ja, mein Gott, da war eben einfach nichts zu machen. Sie hatte mir sogar den Kerzenleuchter, der Burghart nicht gefiel, mitgegeben. Bei mir machte er sich so gut, dass ich Angst hatte, Bille würde ihn eines Tages zurückfordern, wenn die Sache mit Burghart jemals überstanden sein sollte. Aber dann würde ich sagen: Geschenkt ist geschenkt und wiederholen ist gestohlen! Das hatte ich mir schon zurechtgelegt.
Schließlich waren alle Spuren von Burghart getilgt, schnell drapierte ich noch die Marionette aus meinem Rucksack malerisch auf dem Esstisch, dann rannte ich in Billes Bad, um das Beste aus meinem verschwitzten, geröteten Gesicht zu machen. Ich schaffte es sogar noch, meine nervöse Blase zu erleichtern, Billes Kaffeemaschine in Gang zu setzen und eine Kanne Kaffee zu kochen.
Als es klingelte, war ich mit Hilfe von Billes teurem Make-up restauriert, die Wohnung von allen Scheußlichkeiten bereinigt, und ein köstlicher Kaffeeduft durchzog die Räume. Seit ich bei mir zu Hause den Hörer aufgelegt hatte, waren genau vierunddreißig Minuten vergangen. Ich war von meiner eigenen Schnelligkeit beeindruckt.
Zuversichtlich drückte ich auf den Türöffner.
»Frau Raabe?« Ein rundlicher, rothaariger Mann mit einem riesenhaften Fotokoffer quälte sich die Treppe herauf.
»Ja«, sagte ich. »Und Sie sind sicher der Herr von der Stadtillustrierte?«
»Ich dachte schon, ich wäre falsch. Auf dem Klingelschild stand Geldmacher.«
»Äh, ja. Judith Raabe ist nur mein Künstlername. Sie verstehen das hoffentlich. Ein Künstler mit Namen Geldmacher wäre wohl kaum glaubwürdig.«
Ich lotste den Mann in meine – pardon, in Billes Küche und bot ihm einen der bequemen Korbsessel an.
»Kaffee?«
»Lieber Tee, wenn es nicht zu viel Mühe macht.«
Wozu hatte ich denn Kaffee gekocht? »Aber überhaupt nicht.« Die Frage war nur, wo Bille ihren Tee aufbewahrte, falls sie überhaupt welchen im Haus hatte. Ich öffnete etwas kopflos mehrere Schränke. Glücklicherweise fand ich eine Schachtel mit allerlei Teebeuteln, die Bille sich von Zeit zu Zeit auf die Augen legte. Aber das sah man den Beuteln ja nicht an. Es war außerdem bester Earl Grey, wie auf dem Etikett zu lesen war. Einen Teekessel fand ich beinahe sofort hinter der zweiten oder dritten Schranktür, die ich öffnete. Künstlerinnen dürfen ruhig ein wenig schusselig sein, beruhigte ich mich, als ich die irritierten Blicke des Zeitungsmannes in meinem Rücken zu spüren glaubte.
»Ich hätte dann gleich mal ein paar Fragen zu Ihrem Privatleben«, fing er an. »Leben Sie hier allein?«
»Ja«, sagte ich. »Wissen Sie, getrennte
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