Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
Besatzung.
»Die Armen«, sagte Rebecca.
»Ja, aber kulinarisch betrachtet …«, begann Stefan. Dann fiel sein Blick auf meine Hände, die ich mit schmerzverzerrtem Gesicht betastete. Ohne weitere Worte kramte er einen Tiegel Salbe hervor und begann meine Blasen sanft einzureiben. Es brannte zwar ein bisschen, aber diese Zuwendung war so angenehm, dass ich bedauerte, die Blasen nicht an anderen Körperstellen vorweisen zu können. Möglicherweise war es Einbildung, aber es kam mir vor, als würde Stefan meine Hände gründlicher behandeln, als es nötig gewesen wäre. Erst als unser Bruderschiff auf die Nachbarbox zusteuerte, hörte er damit auf.
»Dirk steht am Ruder«, sagte Rebecca mit zusammengekniffenen Augen.
»Auf den Anleger bin ich mal gespannt«, meinte Jack. »Schließlich haben die den ganzen Tag nichts anderes geübt.«
Neugierig sahen wir das Boot näher kommen. Ursel stand mit der Vorleine am Bug, bereit zum Überspringen. Bernie und Hannes hatten je eine Achterleine übernommen. Heinrich stand mit der Videokamera auf dem Vordeck und war ansonsten am Geschehen nicht beteiligt.
»Gut, Dirk«, hörten wir Hannes rufen. »Sehr gut, bis jetzt.«
»Dirk, du bist im Bild, sag mal was!«
»Die Vorleine klarmachen«, rief Dirk mit zittriger Stimme.
Ursel schüttelte den Kopf. »Das heißt: Klar bei Vorspring oder Vorleine, kannst du dir das denn nicht merken?«
»Jetzt hackt nicht so auf mir herum«, rief Dirk.
»Ruhig, Dirk, bleib ganz ruhig«, brüllte Hannes und schob sich ein Fisherman’s Friend in den Mund. »Bis jetzt läuft doch alles wunderbar.«
»Mami, du bist im Bild, sag mal was!«
»Dirk soll es noch mal richtig sagen«, verlangte Ursel schreiend.
»Dirk, du bist wieder im Bild, sag es noch mal richtig!«
»Ihr macht mich alle nervös«, rief Dirk. »Könnt ihr nicht mal den Mund halten?«
»Los, Dirk, jetzt ist es so weit, runter vom Gas, langsam in die Box einschwenken«, hörten wir Hannes. »Ja, genau so. Siehst du, es klappt doch. Und jetzt aufstoppen. Rückwärtsgang rein, ja! Ursel, warum springst du nicht?«
»Mir hat niemand gesagt, dass ich springen soll!«
»Dann sag’ ich es dir jetzt!« Das Boot driftete langsam wieder vom Steg weg.
»Es heißt, Vorleine an Land«, rief Ursel beleidigt. »Und jetzt ist es wohl zu spät.«
»Blöde Kuh!«, knurrte Bernie gut hörbar vom Heck.
»Gut, dann machen wir das noch einmal«, verlangte Hannes. »Dirk, du hast das sehr gut gemacht. Langsam raus aus der Box und noch einmal anfahren.«
»Und diesmal bitte die richtigen Kommandos zur richtigen Zeit«, schrie Ursel.
»Dirk, du bist im Bild, sag was!«
Statt einer Antwort legte Dirk den Vorwärtsgang ein. Das Boot machte einen gewaltigen Satz nach vorne und rammte den Steg. Heinrich konnte sich gerade noch an den Wanten festhalten, sonst wäre er hingefallen.
Bernie warf geistesgegenwärtig die Heckleine über den Poller und rief: »Passt genau!«
Der Wind hielt das Boot vor den Steg gedrückt, die Fender hatten eine Kollision mit den Nachbarbooten verhindert. Trotzdem schlug sich Dirk die Hände vor die Augen.
»Ich will nach Hause«, jammerte er.
Weil Ursel immer noch bockig auf den entsprechenden Befehl wartete, nahmen wir ihr die Vorleine aus der Hand und machten das Boot fest. So wie es aussah, waren bei dem Zusammenstoß bis auf eine kleine Kerbe im Bootsrumpf keine größeren Schäden entstanden. Dirk hielt weiter die Hände vors Gesicht geschlagen, während Ursel, Heinrich und Hannes auf ihn einredeten. Bernie stahl sich unauffällig von Bord und setzte sich telefonierenderweise auf einen Poller.
»Es ist die Hölle, Mausi«, hörte ich ihn sagen. »Hier kann man wirklich zum Mörder werden.«
»Auf dem Boot würde ich auch durchdrehen«, flüsterte Rebecca mir zu. »Aber trotzdem, Dirk ist nicht gerade ein Naturtalent. Oder?«
»Wenigstens ist er nicht mehr seekrank«, flüsterte ich zurück, aber das schien Rebecca auch nicht zu trösten. Offensichtlich verlor Dirk in ihren Augen mehr und mehr von seinem Sex-Appeal.
Auch in den nächsten Tagen besserte sich die Lage nicht wesentlich. Auf der Werwolf herrschte Tag und Nacht allerbeste Stimmung, auf der True Love war man zutiefst deprimiert. Vor allem Dirk. Die Bordregeln, die Heinrich und Ursel aufgestellt hatten, erschwerten ein Treffen mit den Crewmitgliedern des Bruderschiffes außerhalb der festgelegten Zeiten immens, an ein romantisches Tête-à-tête war gar nicht zu denken.
Um sechs Uhr wurde zu
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