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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Oberfläche, und all meine Niedergeschlagenheit, Scham und Schuldgefühle brachen wieder über mich herein und entlarvten den Trost der vertrauten Umgebung als Selbstbetrug. Der schlafende Fäustel erwachte und richtete sich auf. Instinktiv beschwichtigte ich ihn, bevor er anfing zu winseln. Leg dich hin. Schlaf. Alles ist gut. Zu meiner Erleichterung gehorchte er. Und zu meiner noch größeren Erleichterung schien Burrich nichts von unserem Gedankenaustausch bemerkt zu haben. Er hielt mir den Becher an die Lippen.
    »Trink das. Dein Körper braucht Flüssigkeit, und die Kräuter lindern den Schmerz, damit du schlafen kannst. Also hinunter damit.«
    Ich schluckte das fürchterlich stinkende Gebräu folgsam hinunter und legte mich wieder hin.
    »Und sonst war nichts?«, erkundigte er sich argwöhnisch. Ich wusste, worauf er anspielte. »Er hat dich als seinen Schüler geprüft und war nicht zufrieden mit deiner Leistung. Das soll der Grund sein, weshalb er dich so zugerichtet hat?«
    »Ich habe versagt. Ich hatte nicht die - Selbstdisziplin. Dafür bin ich bestraft worden.« Mein Gehirn verweigerte mir die Einzelheiten, und die Scham durchflutete mich erneut wie eine heiße Woge.
    »Man erzieht niemanden zur Selbstdisziplin, indem man ihn halbtot prügelt.« Burrich sprach langsam, wie um einem Schwachsinnigen auf die Sprünge zu helfen, und stellte den Becher zurück auf den Tisch.
    »Es ging ihm nicht darum, mir etwas beizubringen - ich glaube
nicht, dass er mich für lernfähig hält. Er wollte den anderen vor Augen führen, was ihnen droht, falls sie versagen.«
    »Angst ist ein schlechter Lehrer«, beharrte Burrich und fügte etwas wärmer hinzu: »Und muss wirklich ein schlechter Lehrer sein, der seine Schüler mit Schlägen und Drohungen traktiert. Stell dir vor, man wollte ein Pferd auf diese Art zureiten. Oder einen Hund abrichten. Selbst der dümmste Köter lernt besser durch eine offene Hand als durch den Stock.«
    »Du hast mich auch geschlagen!«
    »Ja. Ja, das habe ich. Aber nur als kleine Ermahnung oder um einer Anweisung Nachdruck zu verleihen. Nicht, um jemanden zu verletzen. Niemals. Behaupte niemals anderen gegenüber, ich hätte dich oder eins der Tiere in dieser Absicht geschlagen, denn es ist nicht wahr.« Er war empört, dass ich ihm so etwas überhaupt zutraute.
    »Nein. Du hast Recht.« Ich überlegte krampfhaft, auf welche Weise ich Burrich begreiflich machen sollte, dass in jener anderen Welt, Galens Welt, auch andere Gesetze herrschten. »Ich habe diese Strafe verdient, Burrich. Nicht der Lehrer war schlecht, der Schüler taugte nichts. Ich habe mich bemüht, ich habe mich wirklich bemüht, aber wie Galen glaube ich, dass es einen Grund gibt, weshalb man Bastarde von der Gabe ausschließt. Wir haben einen Makel, eine verhängnisvolle Schwäche.«
    »Dummes Zeug.«
    »Nein. Denk darüber nach, Burrich. Wenn du eine gewöhnliche Mähre mit einem Vollbluthengst paarst, erbt das Fohlen in den allermeisten Fällen die Fehler der Mutter und nicht die Rasse des Vaters.«
    Burrich ließ sich mit der Antwort lange Zeit. Dann sagte er:
    »Dein Vater war kein Mann, der sich zu der erstbesten Dirne legt. Ohne einen Funken Geist oder Charakter. Er hätte es nicht gekonnt.«
    »Es heißt, er wurde von einer Zauberin der Berge verhext.« Zum ersten Mal plapperte ich eins von den Gerüchten nach, die ich vom Gesinde und in den Tavernen gehört hatte.
    »Chivalric war für dergleichen nicht empfänglich. Und sein Sohn ist kein wehleidiger Jammerlappen, der daliegt und winselt, er hätte eine Tracht Prügel verdient.« Er beugte sich zu mir vor und tippte mit dem Zeigefinger auf eine Stelle dicht unterhalb meiner Schläfe. Ein furchtbarer Schmerz durchzuckte meinen Schädel, und einen Moment lang glaubte ich die Besinnung zu verlieren. »Es fehlte nicht viel, und diese Art von ›Unterweisung‹ hätte dich ein Auge gekostet.« Man merkte ihm an, dass er sich nur noch mühsam beherrschte, und ich verzichtete darauf, etwas zu sagen. Er wanderte durchs Zimmer und machte dann auf dem Absatz kehrt, um sich mir wieder zuzuwenden.
    »Dieser Welpe. Philias Hündin ist seine Mutter, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Du hast doch nicht … Fitz, bitte sag mir, dass du dich nicht der alten Macht bedient hast! Wenn es deswegen deine eigene Schuld war, was er dir angetan hat, dann bin ich gezwungen zu schweigen und kann niemandem in der Burg oder im ganzen Königreich mehr in die Augen sehen.«
    »Nein, Burrich, ich verspreche

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