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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hätte ihn abgelehnt.
    »Habe ich denn eine andere Wahl?«, fragte ich spöttisch.

    Chade kratzte den Inhalt des Mörsers in ein Haarsieb, das er zum Abtropfen über eine Tasse hängte. »Nein«, sagte er schließlich, als hätte er gründlich über die Frage nachgedacht. »Nein, die hast du genauso wenig wie ich. In vielerlei Hinsicht hat niemand von uns beiden eine Wahl.« Er musterte mich von oben bis unten, dann stocherte er wieder in seinem Körnerbrei. »Du«, er schlug einen Ton an, der keine Widerrede duldete, »du wirst den Rest des Sommers nichts anderes trinken als Wasser und Tee. Dein Schweiß stinkt nach Wein. Und für einen jungen Mann sind deine Muskeln zu verweichlicht. Galens Meditationen haben deinem Körper alles andere als gutgetan. Verschaff dir Bewegung. Für den Anfang wirst du täglich viermal zu Veritas’ Turmgemach hinaufsteigen. Du übernimmst die Aufgabe, ihm seine Mahlzeiten zu bringen und die Tees, deren Zubereitung ich dir zeigen werde. Und hüte dich, ihm ein verdrossenes Gesicht zu zeigen. Sei immer heiter und umgänglich. Der Pagendienst für Veritas öffnet dir vielleicht die Augen, und du wirst begreifen, weshalb ich aus gutem Grund anderweitig beschäftigt gewesen bin. Auf jeden Fall wird das hier in Bocksburg nun deine Arbeit sein. An manchen anderen Tagen wirst du außerdem für mich bestimmte Aufträge ausführen.«
    Die wenigen Worte Chades genügten, dass ich mich schämte. Die Vorstellung von meinem Leben als einzige Tragödie zerplatzte. Nur in Selbstmitleid hatte ich mich gesuhlt! »Ich habe mich gehen lassen«, bekannte ich.
    »Das kann man wohl sagen«, pflichtete Chade mir bei. »Du hattest einen Monat, um dein Leben wieder in den Griff zu bekommen, aber nein, du führst dich auf wie ein verwöhnter Bengel. Kein Wunder, dass Burrich genug von dir hat.«
    Seit langem wunderte ich mich nicht mehr darüber, worüber
Chade alles Bescheid wusste. Diesmal war ich sicher, dass er den wirklichen Grund für den Bruch zwischen Burrich und mir nicht kannte, und ich hatte nicht den Wunsch ihn einzuweihen.
    »Hast du inzwischen herausgefunden, wer ihn umbringen wollte?«
    »Ich habe nicht … habe nicht wirklich versucht, es herauszufinden.«
    Chade verzog verärgert das Gesicht, dann schüttelte er den Kopf. »Junge, du bist nicht du selbst. Vor einem halben Jahr hättest du auf der Suche nach dem Täter jeden Stein umgedreht. Vor einem halben Jahr hättest du mit einem Monat freier Zeit etwas anzufangen gewusst. Was liegt dir auf der Seele?«
    Mit seinen Worten hatte er meinen wunden Punkt getroffen, und ich senkte den Blick. Einerseits drängte es mich, ihm alles zu erzählen, was mir widerfahren war, andererseits wollte ich mit niemandem darüber reden. »Ich werde dir schildern, wie sich der Überfall auf Burrich abgespielt hat, soviel ich davon weiß.« Und ich erzählte ihm davon.
    »Und der Zeuge, der das alles beobachtet hat«, erkundigte er sich, als ich fertig war. »Kann er den Angreifer beschreiben?«
    »Es war dunkel«, antwortete ich ausweichend. Chade brauchte nicht zu wissen, dass ich mich genau an den Geruch des Mannes erinnerte, aber nur eine vage Vorstellung davon hatte, wie er aussah.
    Chade schwieg einen Moment. »Nun, du verstehst dich ja darauf, herumzuhorchen. Ich möchte doch gerne wissen, wer sich zu so viel Kühnheit aufgeschwungen hat, des Königs Stallmeister vor seiner eigenen Kammertür ermorden zu wollen.«

    »Dann glaubst du nicht, dass jemand nur eine persönliche Rechnung begleichen wollte?«, fragte ich vorsichtig.
    »Vielleicht ja, vielleicht nein. Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen. Mir kommt es vor wie ein Zug beim Schachspiel. Jemand führt etwas im Schilde, aber die Eröffnung ist ihm fehlgeschlagen. Zu unserem Vorteil, hoffe ich doch.«
    »Kannst du mir erklären, wie du zu dieser Ansicht kommst?«
    »Das könnte ich, aber ich will es nicht. Du sollst dir unbeeinflusst von mir eine eigene Meinung bilden. Jetzt komm. Ich zeige dir die Rezepturen für die Tees.«
    Ich war ziemlich verletzt, dass er mich nicht über meine Zeit bei Galen befragt hatte oder etwas über meine Prüfung wissen wollte. Er tat so, als hätte er ohnehin mit meinem Versagen gerechnet. Als er mir jedoch zeigte, welche Zutaten er für die Tees ausgewählt hatte, vergaß ich meinen Missmut vor Erschrecken über die Stärke der Stimulanzien.
    Veritas erschien kaum noch in der Öffentlichkeit, Edel hingegen drängte sich mit wahrer Wonne in den Vordergrund. Im

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