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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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»Ich werde tun, was Ihr für richtig haltet. Wie es sich für einen Prinzen und Thronerben geziemt. Doch für einen Mann ist es nicht gerade die Erfüllung, eine Gemahlin nehmen zu müssen, die sein jüngerer Bruder für ihn ausgewählt hat. Ich bin sicher, schon nach dem Kennenlernen von Edel wird sie mich nur noch als Enttäuschung empfinden.« Veritas schaute auf seine Hände, die von hartem Kampf und Arbeit mit Narben gezeichnet waren und die sich deutlich von seiner blass gewordenen Haut abhoben. Die Bedeutung seines Namens wurde mir wieder völlig gegenwärtig, als er mit den Worten fortfuhr: »Immer bin ich Euer zweiter Sohn gewesen. Chivalric war der Schönere, Kräftigere und Klügere. Und jetzt stehe ich zurück hinter Edel mit seiner Raffinesse, seinem Charme und seiner Geschmeidigkeit. Ich weiß, du hältst ihn für einen besseren Thronfolger, und manchmal bin ich sogar geneigt, dir beizupflichten. Ich bin der Zweitgeborene und wurde dazu erzogen, der Zweite im Staat zu sein. Ich bin immer davon ausgegangen, hinter dem Thron zu stehen und nicht ihn zu besteigen. Dass Chivalric ausersehen war, deine Nachfolge anzutreten, hat mir nichts ausgemacht. Mein Bruder verlieh mir immer das Gefühl, etwas wert zu sein. Das Vertrauen, das er in mich setzte, empfand ich als Auszeichnung, es machte mich zu einem Teil von alldem, was er erreichte. Ihm die rechte Hand
zu sein war mehr, als in einem geringeren Königreich selbst zu herrschen. Ich glaubte an ihn, wie er an mich glaubte. Doch er hat uns verlassen. Und es wird Euch nicht überraschen, Vater, wenn ich Euch sage, dass zwischen Edel und mir kein solches Band des Respekts und gegenseitiger Achtung existiert. Vielleicht trennen uns zu viele Jahren, vielleicht waren Chivalric und ich uns so nahe, dass kein Raum für einen dritten blieb. Aber das bleibe dahingestellt. Dennoch glaube ich deshalb nicht, dass er nach einer Frau Ausschau gehalten hat, die mich lieben könnte. Oder die …«
    »Er hat dir eine Königin auserwählt!«, fiel Listenreich ihm schroff ins Wort. Ich merkte, sie sprachen nicht zum ersten Mal über dieses Thema, und der König war ungehalten, weil es ausgerechnet in meiner Gegenwart darüber erneut zum Streit zwischen ihm und seinem Sohn kam. »Edel suchte nicht nur einfach nach einer Frau, weder für dich, ihn selbst oder sonstige Albernheiten. Er wählte eine Frau aus, die geeignet ist, Königin dieses Reiches der Sechs Provinzen zu sein. Es ist eine Frau, mit der wir die Mittel, Truppen und die Handelsabkommen erlangen können, die wir in unserer Lage zum Überleben brauchen. Zarte Hände und ein süßer Duft bauen dir keine Kriegsflotte, mein Sohn. Du musst diese Eifersucht auf deinen Bruder überwinden. Wie willst du denn den Feind besiegen, wenn du nicht einmal Vertrauen zu denen hast, die hinter dir stehen.«
    »Genauso ist es«, sagte Veritas beherrscht. Er schob seinen Stuhl zurück.
    »Wohin gehst du?«, wollte Listenreich irritiert wissen.
    »Zu meinen Pflichten«, antwortete Veritas kurz. »Wohin sonst könnte ich gehen?«

    Sein Vater wirkte einen Moment lang bestürzt. »Aber du hast kaum etwas gegessen …« Worauf er einen Moment lang zögerte.
    »Die Gabe tötet jeden anderen Hunger. Ihr wisst das.«
    »Ja.« Listenreich nickte. »Und ich weiß auch, dass der Hunger nach der Gabe einen Menschen nicht zu ernähren vermag.«
    Beide schienen mich inzwischen vollkommen vergessen zu haben. Ich machte mich klein und knabberte an meinem Keks wie eine Maus im Winkel.
    »Aber was zählt schon ein einzelner Mann, wenn es um das Wohl des ganzen Königreichs geht.« Veritas gab sich keine Mühe mehr, die Bitterkeit in seiner Stimme zu verbergen, und mir war klar, dass er damit nicht allein die Gabe meinte. »Schließlich«, fügte er mit schwerfälligem Sarkasmus hinzu, »ist es ja nicht so, als hättet Ihr nicht noch einen weiteren Sohn, um meinen Platz einzunehmen und von Euch die Krone zu übernehmen. Einen Sohn, der ungezeichnet von der Gabe ist. Einen, dem es freisteht zu werben, wo es ihm auch immer beliebt.«
    »Edel kann nichts dafür, dass er keine Gabe besitzt. Er war ein kränkliches Kind und zu schwach, um von Galen unterwiesen zu werden. Und wer konnte schließlich vorhersehen, dass zwei kundige Prinzen nicht genug sein würden.« Listenreich erhob sich gereizt und durchquerte das Zimmer. Dann blieb er am Fenster stehen und schaute auf das Meer hinaus. »Ich tue, was in meiner Macht steht, Sohn«, fügte er mit halblauter

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