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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ironisch: »Nun, damit ist doch alles gutgegangen, nicht wahr? Wie dem auch immer sei, wir müssen einen Ausweg finden. Und wenn Veritas aufbricht, um seine Braut heimzuholen, wirst du ihn begleiten.«
    »Falls es Euer Wunsch ist, Majestät.«
    »Es ist mein Wunsch.« Er hüstelte und richtete den Blick wieder aus dem Fenster. »Die Prinzessin hat noch einen älteren Bruder. Doch Prinz Rurisk ist nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Oh, früher war er ausdauernd und stark, doch auf den Eisfeldern wurde er von einem Pfeil getroffen, der seinen Oberkörper durchbohrte, so hat man Edel erzählt. Die Wunden an Brust und Rücken sind geheilt, doch im Winter hustet er Blut, und im Sommer kann er weder einen ganzen Vormittag im Sattel sitzen noch für längere Zeit mit seinen Männern fechten. Wenn man das Bergvolk kennt, dann mag es einen schon wundern, dass man ihn dort als Thronfolger duldet.«
    Ich dachte einen Moment lang nach. »Das Bergvolk hat doch den gleichen Brauch wie wir. Ob Sohn oder Tochter, nur die Reihenfolge der Geburt ist für die Thronfolge maßgebend.«
    »Ja. Genauso ist es«, sagte Listenreich bedeutungsvoll, und ich wusste, wie er bereits darüber nachdachte, wie sieben Provinzen eine größere Macht darstellten als sechs.
    »Und Prinzessin Kettrickens Vater«, erkundigte ich mich, »wie ist es um seine Gesundheit bestellt?«
    »Ausgezeichnet für einen Mann seines Alters. Ich bin überzeugt, er wird noch weitere zehn Jahre weise und gerecht über sein Reich herrschen und dieses seinem Erben wohlgeordnet und sicher übergeben.«
    »Womöglich ist es uns bis dahin gelungen, der Roten Korsaren
Herr zu werden. Veritas hätte dann Gelegenheit, seine Gedanken anderen Dingen zuzuwenden.«
    »Wahrscheinlich.« Listenreich bannte mich mit seinem Blick. »Wenn Veritas aufbricht, um seine Braut zu holen, wirst du ihn begleiten. Du verstehst, was ich von dir erwarte? Ich vertraue auf deine Verschwiegenheit.«
    Ich verneigte mich vor ihm. »Wie Ihr wünscht, mein König.«

KAPITEL 19
    DIE REISE
    V on dem Königreich der Berge als einem Königreich zu sprechen, führt zu einer vollkommen irrigen Vorstellung von Land und Leuten. Auch für die Region den Namen Chyurda zu verwenden, ist nicht richtig, obwohl die Chyurda die dominierende Bevölkerungsgruppe sind. Einsame kleine Ortschaften, die wie Vogelnester an den steilen Hängen kleben, und kleine, fruchtbare Täler, die sich in die Berglandschaft einbetten, dazu Handelsposten an den holprigen Passstraßen dieser unwirtlichen Gebirgswelt, die von Clans umherziehender Hirten und Jäger durchwandert werden - all das bildet das Gefüge des Reiches von unterschiedlichen Gruppen mit unterschiedlichen Interessen. Deshalb war die Ergebenheit, die sie dem »König« ihres Landes entgegenbrachten, in höchstem Maße erstaunlich, weil es offenbar noch stärker war, als ihr Beharren auf Unabhängigkeit und Eigenständigkeit.
    Begründerin dieses Geschlechts war eine Prophetin und Richterin, eine Frau, die sich nicht allein durch ihre Weisheit auszeichnete, sondern auf philosophischer Grundlage die Maxime entwickelte, wonach der Herrscher eines Volkes dessen vornehmster Diener ist und in dieser Eigenschaft vollkommen selbstlos sein sollte. Wann aus den Richtern
Könige wurden, lässt sich nicht mehr genau festlegen, vielmehr war es ein allmählicher Übergang, je weiter sich die Kunde vom Gerechtigkeitssinn und der Weisheit der Heiligen zu Jhaampe ausbreitete. Als mehr und mehr Menschen dort Rat suchten und bereit waren, sich der Entscheidung der Richterin zu beugen, wurden die Gesetze dieses einen Ortes bald von dem ganzen Bergvolk übernommen und schließlich für allein gültig erklärt. So wandelten sich die Richter zu Königen, doch erstaunlicherweise hielten sie auch als solche an ihrem Motto fest, zu dienen und sich dafür selbst aufzuopfern. Die Geschichte von Jhaampe weiß von Königen und Königinnen zu berichten, die auf vielfältige Weise ihre Pflicht erfüllten: Sie schützten schafhütende Kinder vor reißenden Tieren oder boten sich bei Stammesfehden als Geisel an.
    Man beschreibt die Bergbewohner als hart und beinahe grausam. Und es stimmt, das Land, in dem sie leben, ist erbarmungslos. Ihre Gesetze spiegeln diesen Umstand wider. Es stimmt, dass missgestaltete Kinder einfach ausgesetzt oder - noch häufiger - ertränkt oder in einen Todesschlaf versetzt werden. Alte Leute suchen sich oft in aller Abgeschiedenheit ein selbst gewähltes Exil, um durch Hunger

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