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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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fiel es mir, in vollem Umfang zu begreifen, was Galen mir angetan hatte, indem er meine Gabe blockierte. Ich glaube, es wäre trotz Veritas’ Rat zur Konfrontation gekommen, wenn Galen Bocksburg nicht verlassen und sich einer Karawane nach Jhaampe angeschlossen hätte. Es hieß, er wollte mitreiten bis Farrow, wo er Verwandte besuchen wollte. Wenn er zurückkehrte, würde ich mich wiederum auf dem Weg nach Jhaampe befinden. Deshalb blieb Galen vorerst außerhalb meiner Reichweite.
    Wieder einmal hatte ich sehr viel Zeit für mich selbst. Und nach wie vor war es meine Aufgabe, Leon auszuführen, aber das nahm jeden Tag vielleicht gerade ein, zwei Stunden in Anspruch. Über den Mordanschlag auf Burrich hatte ich nichts weiter herausfinden können, und Burrich selbst ließ durch nichts erkennen, seinen Bann gegen mich aufzuheben. Ich unternahm einen Ausflug hinunter nach Burgstadt, doch als ich an der Kerzenzieherei vorbeischlenderte, war das Haus verriegelt und verrammelt. Meine Nachfrage beim Sattler nebenan ergab, dass der Laden bereits seit zehn oder mehr Tagen geschlossen war, und falls ich nicht die Absicht hatte, ein Zaumzeug oder Ähnliches zu erstehen, sollte ich machen, dass ich weiterkam, und aufhören, ihm die Zeit zu stehlen. Ich dachte an den jungen Mann, den ich vor einiger Zeit zusammen mit Molly gesehen hatte, und in meiner Verbitterung wünschte ich, ihnen beiden möge kein Glück beschieden sein.
    Aus keinem anderen Grund, als dass ich mich einsam fühlte, beschloss ich, den Narren aufzustöbern. Bisher hatte ich nie versucht,
eine Begegnung mit ihm herbeizuführen. Ihn zu finden erwies sich allerdings als unerwartet schwierig.
    Nachdem ich ein paar Stunden ziellos und in der Hoffnung, ihn irgendwo zu treffen, durch die Burg gewandert war, nahm ich all meinen Mut zusammen, um zu seiner Kammer hinaufzusteigen. Ich wusste seit Jahren, dass er im alten Burgfried wohnte, ich hatte ihn aber noch nie besucht, und der Grund dafür war nicht allein, dass sich seine Bleibe in einem abgelegenen Teil der Burg befand. Der Narr war nicht sehr umgänglich, außer wenn er selber auf jemanden zuging. Sein Gemach lag im Obergeschoss eines quadratischen Turms. Von Fedwren wusste ich, dass es ursprünglich ein Kartenraum gewesen war, von dem aus man einen ungehinderten Blick auf das Umland von Bocksburg hatte. Spätere Erweiterungsbauten verdeckten jedoch die Aussicht, und andere, höhere Türme übernahmen seine Funktion. Der Turm taugte jetzt offenbar nur noch dazu, einem Narren als Wohnung zu dienen.
    An diesem Tag, zum Beginn der Erntezeit, machte ich mich daran, die Treppe erstmals zu erklimmen. Es war schon zu dieser Tageszeit heiß und stickig. Die dicken Mauern hatten nur schmale Schießscharten, die kaum Luft hereinließen, aber doch etwas Sonnenlicht, in dem die Staubkörnchen tanzten, die von meinen Schritten aufgewirbelt wurden. Zuerst war mir das Halbdunkel im Turm kühler erschienen als die Schwüle draußen, doch je höher ich stieg, desto heißer und beklemmender wurde es, bis ich mich, oben angekommen, fühlte, als wäre keine Luft mehr zum Atmen vorhanden. Kraftlos hob ich die Hand und klopfte an die feste Tür aus dickem Holz. »Ich bin es - Fitz!«, rief ich, aber die stillstehende heiße Luft erstickte meine Stimme wie eine feuchte Decke das Feuer.

    Sollte ich das etwa als Entschuldigung anführen? Sollte ich sagen, aus der Vermutung heraus, er hätte mich vielleicht nicht gehört, wollte ich nachsehen, ob er da war? Oder sollte ich vielleicht sagen, ich wäre so außer Atem und durstig gewesen, dass ich unbedingt frische Luft und etwas zu trinken brauchte - und deshalb hineinging? Aber das Warum war, so glaube ich, gar nicht so wichtig. Ich hob den Riegel an und öffnete die Tür.
    »Hallo?«, rief ich, doch ein Gefühl sagte mir, dass er nicht zu Hause war. Ich spürte es nicht etwa durch meine besondere Begabung, die absolute Stille verriet es mir. Trotzdem blieb ich an der Tür stehen und glotzte buchstäblich auf die Offenbarung einer Seele.
    Alles war von Licht erfüllt. Licht, Blumen und Farben im Überfluss. In einer Ecke ein Webstuhl, daneben Körbe mit feinen, bunt leuchtenden Garnen. Die Decke auf dem Bett und die Vorhänge an den offenen Fenster muteten in ihren geometrisch gewobenen Formen fremdländisch an und schienen stilisierte Lilienfelder unter einem blauen Himmel darzustellen. In einer großen, mit Wasser gefüllten Keramikschale schwammen Blüten, durch die ein kleiner

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