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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gewusst, was im Palast unten vor sich ging. War mein Verschwinden entdeckt worden? Traf Kettricken Vorbereitungen, sich mit einem Mann zu vermählen, den sie hassen würde? Waren Sevrens und Rowd schon tot? Wenn nicht, konnte ich sie mir vielleicht zu Verbündeten machen, indem ich sie warnte?
    »Es kommt jemand!« Burrich duckte sich zu Boden. Ich legte mich zurück, bereit, mich ohne Gegenwehr in mein Schicksal zu ergeben. Für ein Handgemenge besaß ich nicht die Kraft. »Kennst du sie?«, flüsterte Burrich.
    Ich hob ein wenig den Kopf. Jonqui, begleitet von einem kleinen Hund, der nun nie wieder für Rurisk auf einen Baum klimmen würde. »Des Königs Schwester.« Weshalb flüstern? Sie hatte eins meiner Nachthemden in der Hand, und einen Moment später tanzte der kleine Hund vergnügt um uns herum. Er bemühte sich, Nosy zum Spielen aufzufordern, aber der sah ihn nur völlig bekümmert an. Gleich darauf stand Jonqui vor uns.
    »Du musst zurückkommen«, sagte sie ohne Einleitung zu mir. »Und du musst dich beeilen.«
    »Aber ich habe es ganz und gar nicht eilig, in den Tod zu gehen«, antwortete ich und schaute an ihr vorbei nach weiteren Verfolgern aus. Burrich war aufgestanden und hatte sich schützend neben mich gestellt.

    »Von Tod kann keine Rede sein«, versicherte sie mir bestimmt. »Kettricken hat dir vergeben. Ich habe die ganze Nacht mit ihr geredet, doch erst vorhin bei Morgengrauen ist es mir gelungen, sie zu überzeugen. Sie beruft sich auf ihr Sippenrecht, innerhalb der Sippe nicht Blut mit Blut zu sühnen. Wenn sie als die Schwester des Getöteten dem Mörder vergibt, der ebenfalls mit ihr verwandt ist, dann darf nach unserem Gesetz auch niemand sonst Vergeltung fordern. Euer Edel hat versucht, sie davon abzubringen, doch sie wurde nur zornig. ›Hier und in diesem Palast bin ich die Thronfolgerin und urteile nach dem Gesetz des Bergvolkes‹, ließ sie ihn wissen, und König Eyod stimmte zu. Nicht, weil er nicht um Rurisk trauerte, sondern weil die Kraft und die Weisheit des Gesetzes von Jhaampe von allen respektiert werden müssen. Nun siehst du ein, dass du zurückkommen musst.«
    Ich dachte nach. »Und habt Ihr mir vergeben?«
    »Nein«, schnaubte sie. »Dem Mörder meines Neffen werde ich niemals vergeben. Aber ich kann dir ja auch nicht etwas vergeben, was du nicht getan hast. Ich glaube nicht, dass du Wein trinken würdest, den du selbst vergiftet hast. Keinen einzigen Schluck. Wir, die wir die Geheimnisse der Gifte am besten kennen, fordern das Schicksal nicht heraus. Du hättest nur vorgetäuscht zu trinken und nie ein Wort über das Gift verloren. Nein. Dies war die Tat eines Menschen, der sich selbst für sehr klug hält und alle anderen für sehr dumm.«
    Ich fühlte mehr, denn ich sah, wie Burrichs wachsame Haltung sich lockerte, aber ich war noch immer auf der Hut. »Weshalb verzeiht Kettricken mir nicht einfach und lässt mich meiner Wege gehen? Weshalb muss ich in den Palast zurückkommen?«
    »Wir haben keine Zeit für dieses Hin und Her!«, zischte Jonqui,
und es war das erste Mal, dass ich einen Chyurda wütend werden sah. »Soll ich dir lang und breit erklären, was ich aus jahrelangen Studien über die Kraft des Gleichgewichts weiß?
    Glaubst du, niemand kann spüren, wie die Waagschalen der Macht in diesem Augenblick aus dem Gleichgewicht geraten? Eine Prinzessin muss es hinnehmen, verschachert zu werden wie eine Kuh. Aber meine Nichte ist keine Figur auf einem Spielbrett. Wer immer meinen Neffen getötet hat, wollte auch dich tot sehen. Soll ich ihn das große Los gewinnen lassen? Ich denke nicht. Ich weiß nicht, wem ich den Sieg wünschen soll, und bis ich es weiß, werde ich nicht zulassen, dass einer der Spieler ausscheidet.«
    »Das ist Logik nach meinem Geschmack«, bemerkte Burrich anerkennend. Er bückte sich und zog mich mit einem Ruck vom Boden hoch. Die Welt um mich herum schwankte besorgniserregend. Burrich und Jonqui stützten mich von beiden Seiten, und als sie losgingen, da bewegten sich meine Füße wie die einer Marionette über den Boden. Nosy erhob sich ebenfalls und folgte uns.
    Burrich und Jonqui führten mich ohne Umwege durch die Menschenmenge und den Großen Saal in mein Gemach. Tatsächlich erregte unsere kleine Prozession kaum Aufsehen. Ich war für die Leute nur ein Fremdländer, der in der letzten Nacht zu reichlich dem Rauch und dem Wein zugesprochen hatte. Die Festgäste waren vollauf damit beschäftigt, gute Plätze zu finden, von denen aus

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