Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher
erscheinen, könnte man glauben, dass ich etwas zu verbergen habe. Man könnte anfangen, mich genauer zu beobachten. Deshalb weiß ich einfach von nichts. Mein Diener hat dich nach meinem Weggang mit Burrich hereinkommen sehen. Und ich werde mich gleich aufmachen, um mich bei August zu beschweren, dass du nicht zu der Unterredung erschienen wärst, bei der wir uns auf Prinzessin Kettrickens Wunsch aussöhnen sollten. Ich werde August tadeln müssen, ernsthaft tadeln, dass er dich nicht selbst zu mir gebracht hat.« Er schaute sich um. »Welches Becken nehmen wir denn? Ein schönes tiefes und heißes. Wie das da.« Ich krallte nach seiner Kehle, als er mich auf den Beckenrand hievte, aber er befreite sich mühelos.
»Leb wohl, Bastard«, sagte er ungerührt. »Entschuldige mir bitte meine Eile, aber du hast mich schon länger aufgehalten, als ich dachte, und ich muss mich jetzt mit dem Ankleiden beeilen. Sonst komme ich am Ende noch zu spät zu dem großen Ereignis.«
Und er stieß mich hinein.
Das Becken war für einen hochgewachsenen Chyurda berechnet, für mich also, selbst wenn ich aufrecht stand, war es viel zu
tief. Der Schock des heißen Wassers presste mir die Luft aus den Lungen, und ich sank wie ein Stein hinunter. Als ich den Beckenboden unter mir fühlte, hatte ich gerade noch so viel Geistesgegenwart, mich abzustoßen, und schoss wieder an die Oberfläche. »Burrich!«, verzweifelt rief ich nach jemandem, der mir nicht mehr helfen konnte. Erneut ging ich unter. Meine Armund Beinbewegungen ließen sich nicht in Einklang bringen, das heiße Wasser löste meine schon vorher schlaffen Muskeln. Wahrscheinlich wäre ich auch in nur kniehohem Wasser ertrunken.
Ich weiß nicht, wie oft ich mich an die Oberfläche kämpfte und wieder versank. An den glatten Beckenwänden fanden meine gefühllosen Finger keinen Halt, und jedes Mal, wenn ich versuchte, tief einzuatmen, durchzuckte ein stechender Schmerz meinen Brustkorb. Während meine ganze Willenskraft langsam aus mir herausströmte, erfüllte mich gleichzeitig zunehmende Gleichgültigkeit. Es war alles so warm, so tief. Ersäuft wie ein junger Hund, dachte ich, als die Dunkelheit über mir zusammenschlug. Junge? Eine Frage von irgendwoher, doch überall nur Schwärze.
So viel Wasser, so heiß und so tief. Wo war der Boden, wo die Seitenwände? Ich ruderte mit Armen und Beinen, aber nirgendwo fand ich einen Widerstand. Kein Unten, kein Oben. Weshalb kämpfen, um in dem Gefängnis dieses Körpers am Leben zu bleiben? Nichts mehr, das sich zu bewahren lohnt. Geh hinaus und sieh, ob es noch einen letzten Dienst gibt, den du deinem König erweisen kannst. Die Mauern meiner Welt stürzten ein, und ich schnellte davon wie ein endlich von der Sehne gelassener Pfeil. Galen hatte Recht gehabt. Für die Gabe war Entfernung bedeutungslos. Bocksburg war gleich hier. Mein König! schrie ich in höchster Not. Doch Listenreichs Gedanken
waren auf andere Dinge gerichtet. Er war taub für mich, sosehr ich auch gegen seine Barrikaden anrannte. Keine Hilfe von dort.
Meine Kraft verebbte. Irgendwie war ich wohl im Begriff zu ertrinken. Mein Körper starb, und ich spürte das Band zwischen uns schwinden. Eine letzte Chance. Veritas! Ich fand ihn, bestürmte ihn, doch es fand sich nirgendwo Einlass zu ihm, kein Zugang. Sein Bewusstsein war mit einem anderen verbunden und mir dadurch verschlossen. Veritas!, rief ich, schließlich noch einmal von Hoffnungslosigkeit übermannt. Und plötzlich war es so, als ergriffen starke Hände die meinen, während ich versuchte, eine schlüpfrige Felswand zu erklimmen. Sie ergriffen mich, hielten mich fest und zogen mich, gerade als ich endgültig zu stürzen drohte, hinauf in Sicherheit.
Chivalric! Nein, das kann nicht sein. Es ist der Junge! Fitz?
Eure Fantasie spielt Euch einen Streich, mein Prinz. Konzentriert Euch auf das bevorstehende Ereignis. Es war Galen, der sich kaltblütig und heimtückisch wie Gift zeigte, als er mich zurück ins Leere stieß. Ich konnte ihm nicht standhalten, er war zu stark.
Fitz? Veritas sinnte weiter nach mir, aber unsicher jetzt, weil ich schwächer wurde.
Aus irgendeiner Quelle strömte mir Kraft zu. Etwas vor mir gab nach, und ich war stark. Ich klammerte mich an Veritas wie ein Falke auf seiner Faust. Ich war nun bei ihm. Ich sah mit seinen Augen: den geschmückten Thronsaal, das Buch der Ereignisse vor ihm auf dem großen Tisch, aufgeschlagen, um den Eintrag von der Vermählung des Kronprinzen
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